Finanzen

Danke Draghi: Schäuble saniert Staats-Finanzen auf Kosten der Sparer

Lesezeit: 2 min
19.08.2013 01:50
Eine Entlastung von 40 Milliarden Euro hat die Niedrigzins-Politik von Mario Draghi dem deutschen Bundeshaushalt beschert. Wie immer in der Wirtschaft: Wo eine Entlastung ist, ist immer auch eine Belastung. Diese trägt der Bürger, dessen Ersparnisse immer weiter an Wert verlieren, ohne dass sich die Sparer dagegen schützen können.
Danke Draghi: Schäuble saniert Staats-Finanzen auf Kosten der Sparer

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die niedrigen Zinsen, die die unabhängige EZB seit längerem der Euro-Zone angedeihen lässt, füllt die Staatskasse in Deutschland. Der niedrige Leitzins der EZB führt dazu, dass auch der Bund weniger Zinsen auf Staatsanleihen zahlen muss. Dadurch wird Finanzminister Schäuble in den Jahren von 2010 bis 2014 über 40 Milliarden Euro einsparen. Das geht aus einer Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Joachim Poß hervor, über die der Spiegel berichtet.

Deutsche Anleihen sind sehr gefragt, weil sie innerhalb des krisengeplagten Europas als sichere Geldanlage gelten. Durch die Zinsersparnisse und Steuereinnahmen in Rekordhöhe nahm Schäuble von 2010 bis 2012 etwa 73 Milliarden weniger neue Schulden auf, als ursprünglich eingeplant. Auch das wirkt sich positiv auf die Zinslast der öffentlichen Hand aus.

Während der Staat aus dem Vollen schöpfen kann, müssen die Bürger um ihr Erspartes bangen. Durch die historisch niedrigen Zinsen sind die Einlagen der Sparer nicht mehr vor der Inflation geschützt. Die Zinsen in der Eurozone bleiben auf absehbare Zeit extrem niedrig. Davon profitieren vor allem die Staaten, die billig Schulden machen können. Die Sparer hingegen verlieren Milliardensummen.

Nach einer Studie der Postbank verlieren die Sparvermögen bei Banken in Deutschland allein in diesem Jahr real etwa 14 Milliarden Euro an Wert (hier). Im Jahr 2014 liege der Vermögensverlust bereits bei 21 Milliarden Euro. „Durch den Anstieg der Inflation bei anhaltend niedrigen Zinsen wird sich die reale Vermögensentwertung beschleunigen“, zitiert die Bild-Zeitung den Postbank-Chefstrategen Marco Bargel.

Doch nicht nur die Spareinlagen leiden unter der EZB-Niedrigzinspolitik. Auch die durchschnittlichen Renditen von Riester-Rente und privater Rentenversicherung liegen in Deutschland derzeit unterhalb der offiziellen Inflationsrate (hier). Und bei Lebensversicherungen mussten die Versicherer allein 2012 zinsbedingte Mindereinnahmen von vier Milliarden Euro verkraften. Die Versicherungswirtschaft schlittert in die Krise. Die Zahl der Neuverträge für Zusatzpensionen stagniert (mehr hier).

Vor einer fortschreitenden, schleichenden Enteignung bei den Sparguthaben der Bürgerinnen und Bürger in ganz Europa hat der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon bereits mehrfach gewarnt. „Die Schere zwischen stärker steigenden Preisen und Niedrigstzinsen geht weiter zu Lasten der Sparerinnen und Sparer auf“, sagt Fahrenschon.

Vor dem Hintergrund, dass in einer alternden Gesellschaft wie Deutschland rund 10% des verfügbaren Einkommens für die Altersversorgung zurückgelegt werden müssten, werde diese Entwicklung für die betroffenen Sparer immer schwieriger. „Wenn sich nicht bald etwas ändert, wird die Lücke in der Altersversorgung der Bevölkerung immer größer“, so der DSGV-Präsident.

Fahrenschon verwies darauf, dass sich Signale einer wirtschaftlichen Erholung des Euro-Raumes mehrten. „Diese Entwicklung muss die EZB in ihrer Zinspolitik künftig berücksichtigen. Sparen muss sich möglichst bald wieder stärker lohnen.“

In den Niederlanden hat diese Entwicklung bereits zu einer Senkung der Renten geführt. In Deutschland zeichnet sich ein ähnliches Schreckensszenario für die Bürger ab. Ein Blick auf den Finanzhaushalt für 2014 lässt erkennen, dass die geplanten Ausgaben Schäubles nur mit Steuererhöhungen zu finanzieren sind. Schon kurz nach der Bundestagswahl im September kann es zu den ersten Reformvorschlägen kommen (hier).


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Boom-Segment aktive ETFs: BlackRock startet fünf neue Fonds
07.09.2024

Blackrocks ETF-Tochter iShares erweitert ihr Angebot in Europa um fünf neue aktive ETFs. Ziel der Fonds ist es, Anlegern kostengünstige...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Flexible Arbeitszeiten: Sind Vollzeitjobs ein Auslaufmodell?
07.09.2024

Eine repräsentative Befragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass nur noch eine Minderheit eine Stelle mit festen Arbeitszeiten...

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Erklärung: So funktionieren Zertifikate, CFDs und Optionsscheine
07.09.2024

Derivate wie Futures, Optionen, Zertifikate, Optionsscheine, Swaps und CFDs sind heftig umstritten. Einige sehen darin notwendige...

DWN
Technologie
Technologie Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte gefährden
07.09.2024

Deutschland unterstützt ein Großprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Lüderitz. An diesem Ort befand sich einst das erste...

DWN
Immobilien
Immobilien Tag des offenen Denkmals: 7 ungewöhnliche Monumente in Deutschland
07.09.2024

Ob Schloss Neuschwanstein oder Siegessäule: Viele Denkmäler in Deutschland sind international bekannt. Hier werfen wir einen Blick auf...

DWN
Technologie
Technologie Stromerzeugung aus Windkraft: Die Dynamik nimmt ab
07.09.2024

Im vergangenen Jahr war Windkraft erstmals die Hauptquelle der hiesigen Stromerzeugung, weit vor Kohle. Doch in diesem Jahr ist eine...

DWN
Politik
Politik Trump-Erfolg im Schweigegeld-Prozess: Urteil erst nach US-Wahl
07.09.2024

Im New Yorker Prozess wegen Schweigegeldzahlungen von Ex-Präsident Donald Trump wird das Strafmaß erst nach der Präsidentschaftswahl...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Ungesunde Ernährung bereits bei Kleinkindern weit verbreitet
07.09.2024

Laut einer aktuellen Studie ernähren sich bereits Kleinkinder zu süß und ungesund. Wie das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe, ein...