Vor knapp zwei Wochen war es Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, der deutlich zu verstehen gab, dass Zypern eine Blaupause für Staaten und Banken „in Not“ sei, worüber kurzzeitig Verwirrung herrschte (hier).
Ein paar Tage später gab Klaas Knot, niederländischer Notenbankchef und Mitglied im EZB-Rat, seinem Kollegen Dijsselbloem Recht (hier).
Der Zugriff wie in Zypern werde Bestandteil der europäischen Bankenabwicklungspolitik.
Derartige Überlegungen gäbe es in Europa schon länger. Dem widersprach vordergründig gestern EZB-Chef Mario Draghi. Auf Rückfragen versicherte er, man habe Euro-Gruppenchef Dijsselbloem falsch verstanden. Zyperns sei ein Einzelfall.
Doch Draghi sagte zugleich, etwas verklausuliert, dass man Dijsselbloem richtig verstanden habe: Es gäbe längst Pläne, dass die Banken in Europa restrukturiert werden müssten. Und dabei sei immer klar gewesen, dass nicht die Steuerzahler herangezogen werden sollen. Heißt implizit: Dann müssen eben die Anleger und Bond-Holder herangezogen werden.
Am Freitag war es Elke König, die Chefin der Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht BaFin, die die EU-Strategie präzisierte. Man benötige in Zukunft ein einheitliches Abwicklungssystem für Banken, auf nationaler wie auch auf EU-Ebene. Dabei hat sie offenbar auch die Einlagen der Sparer im Fokus, auch wenn über deren Anteil noch diskutiert werden müsse, wie sie dem Spiegel sagte.
Konkret nennt man diese Pläne in Zukunft „Bail-In“ oder auch: Wie kommen wir an das Geld der Bankaktionäre, der Besitzer von Bankanleihen und der Sparer?
Bail-In
Um die maroden Banken in Europa und vor allem in der Peripherie zu stützen – oder auch abzuwickeln – werden bereits verschiedene Szenarien ausgetüftelt. Die EU-Kommission trägt sich mit Plänen, Anleihebesitzer von Banken und Sparer müssten ab 2018 mit Verlusten rechnen. Mario Draghi möchte den Plan schon ab dem Jahr 2015 umgesetzt wissen. Der Plan folgt der Idee der deutschen Wiedervereinigung und ist maßgeblich von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble entwickelt worden (hier).
Damit ist klar, wohin die Reise geht. Es gilt, weitere Stützen ins Korsett der maroden Banken in den 17 Euroländern und den 10 weiteren Mitgliedsstaaten der EU einzuziehen. Schließlich sind auch 50 Milliarden Euro für einen Schatten-ESM für EU-Mitgliedstaaten vorgesehen, deren Währung nicht der Euro ist.
Bankenunion und Einlagensicherungsfonds
Soweit es um die Umsetzung der Bankenaufsicht geht, haben die 17 Mitglieder der Eurozone bereits einen ersten Schritt hierzu getan und sich am 19.März 2013 auf den Gemeinschaftlichen Bankenaufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM) geeinigt.
Die Bankenaufsicht ist der erste Schritt zu einer gemeinsamen Bankenunion. Die Bankenunion wiederum sieht auch die gemeinsame Einlagensicherung in der Euro-Zone vor. Was im Umkehrschluss die Heranziehung von Guthaben aller Bankeinlagen in der Euro-Zone zur Bankenstützung und Sanierung zur Folge hätte.
Schließlich gab es genügend begründete politische Diskussionen, Steuergelder allein dürften marode Banken nicht retten. Denn wie wollte man mit den „Hilfen“ der Steuergelder verhindern, dass Banken weiterhin zocken, wenn sie wissen, dass die Steuerzahler anderer Länder für ihr hemmungsloses Treiben aufkommen?
Doch im Grunde ist es ein Nullsummenspiel. Statt der Steuerzahler werden die Retter die Besitzer von Bankaktien, Anleihebesitzer und die Besitzer von Girokonten und Spareinlagen sein. Und die Anschlussfrage lautet, wer eigentlich die Bankschulden der Peripherieländer schultern will (hier). Die Banken selbst sprechen bereits unverhohlen davon, dass die Guthaben Teil der Rettungs-Masse sein werden (dazu der Chef der UniCredit = HVB = Bank Austria - hier).
Hinter all dem steht weit mehr als eine Blaupause. Es gibt einen Masterplan: Wenn die Bankkunden im südlichen Teil der Euro-Zone wissen, dass die reichen Nordländer gemeinsam für alle haften, erübrigt sich der Sprint zur Bank.
Bank-Runs sind bei der Euro-Rettung nicht vorgesehen. Die Zypern-Aktion hat bewiesen, dass die EU auch über das Instrumentarium verfügt, kollektive Panik-Attacken zu unterbinden.
Der Bailout-Union folgen also künftig die Bankenunion und die Einlagensicherungsunion.
Mit der Bankenunion und dem gemeinsamen Einlagesicherungsfonds, vorerst für Länder in der Euro-Zone, möchte sich die deutsche Politik jedoch noch Zeit lassen. Derartige Diskussionen verderben den Wahlkampf. Es genügt, dem Wähler das moralisch saubere Projekt der Bankenaufsicht zu präsentieren. Bankenunion, gemeinsamer Einlagensicherungsfonds und Euro-Politik bleiben außen vor. Schon gar nicht eine der pikantesten Perspektiven für die Zukunft der Euro-Zone - die Fiskalunion.
Die Fiskalunion
Selbst wenn die Politik dies wortreich ausschloss, sich aktuell darüber ausschweigt und diese sogar verneint: Nach der Bundestagswahl, spätestens jedoch wenn die sozialen Konflikte und die Proteste gegen die Sparpolitik in den Pleiteländern nochmals an Schärfe zunehmen, dürfte die Fiskalunion umgesetzt werden - nämlich der Transfer von deutschen Steuergeldern in die Peripheriestaaten. Sozusagen als Haushaltszuschuss, identisch mit einer Transferunion.
Die Marschrichtung gab Mario Draghi vor: Innerhalb ihres Mandats will die EZB alles unternehme, was nötig ist, um den Euro zu bewahren.
Draghi sagte am Donnerstag auf die Frage von Zerohedge-Lesern, dass es keinen Plan B gäbe. Man mache sich in den USA keine Vorstellung, wie viel politisches Kapital in den Euro gesteckt worden sei. Der Euro sei keine Drehtür, wo man nach Belieben ein- und austreten könne.
Die Euro-Retter sind also äußerst entschlossen, die gemeinsame Währung zu retten. Koste es, was es wolle. Schließlich geht es um viel politisches Kapital.
Zerohedge fragte rhetorisch nach: Wie bekommt man politisches Kapital eigentlich aus dem Bankomaten?
Da war Draghi jedoch schon wieder mit der Euro-Rettung beschäftigt.
Für alle Bank-Kunden gilt: Prüfen Sie regelmäßig ihren Bankomaten.
Vor allem am Wochenende.