Am Freitag und Samstag kam es in den Karstadt-Filialen bundesweit zu Streik. Verdi kritisiert, dass die Geschäftsführung sich weigert, die im Mai aufgekündigte Tarifbindung zu erneuern und einen Tarifvertrag zur Sicherung der Standorte zu vereinbaren.
Der US-Finanzinvestor Nicolas Berggruen hatte vor kurzem die Filetstücke des Konzerns - unter anderem das KaDeWe in Berlin - an einen österreichischen Geschäftsmann René Benko verkauft und versprochen, dass der Verkaufserlös in das Unternehmen investiert werde.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keine Erkenntnisse, ob das tatsächlich geschehen ist.
Berggruen hatte Karstadt gekauft und beantwortet Fragen, ob er jemals einen Cent eigenen Geldes in das Unternehmen gesteckt hat, ungern (mehr dazu hier).
Berggruen ist ein Freund des ehemaligen Bundeskanzlers und heutigen Gazprom-Beraters Gerhard Schröder. Dessen Frau Doris Schröder-Köpf war nach der Übernahme durch Berggruen in den Aufsichtsrat des Unternehmens eingezogen. Ihre Vergütung spendete sie, soweit das nachzuvollziehen ist, zumindest teilweise an einen Chor in Hannover. Ob die gesamte Vergütung gespendet wurde, konnte von den Deutschen Wirtschafts Nachrichten nicht ermittelt werden: Der Chor bestätigte lediglich den Eingang einer Spende, wollte aber keine Gesamtsumme nennen. Die Bild-Zeitung, bei der der ehemalige Pressesprecher Schröders, Bela Anda, in der Chefredaktion tätig ist, hatte die wohltätige Geste Schröder-Köpfs angekündigt - ohne jedoch jemals zu überprüfen, ob das Versprechen auch vollständig eingelöst wurde.
„Die Eigentümer Nicolas Berggruen und René Benko müssen endlich deutlich machen, wohin die Reise gehen soll“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Arno Peukes. Die Verunsicherung der Beschäftigten müsse ein Ende haben.
„Wer nach der Tarifflucht von Karstadt im Mai jetzt auch noch das Unternehmen und die bisher erfolgreiche Mitbestimmung zerschlägt, spielt unverantwortlich mit den Ängsten der Beschäftigten.“
Für die Karstadt-Kunden hatte Karstadt erhebliche Beeinträchtigungen bis hin zur Schließung von Häusern angekündigt. Doch am Freitag hatte der Streik zunächst kaum Auswirkungen auf das Geschäft.
„Bis auf wenige Ausnahmen gibt es in den Karstadt-Filialen nur geringe Beeinträchtigungen. Keine Filiale ist geschlossen“, sagte Karstadt-Arbeitsdirektor Kai-Uwe Weitz.
Die Unternehmensführung befinde sich in Verhandlungen mit Betriebsrat und Verdi. Man wolle eine „pragmatische Lösung“ erreichen. Den Streik kritisiert Weitz:
„Streikaufrufe können uns dieser Lösung nicht näherbringen, sondern nur ergebnisoffene und konstruktive Verhandlungen. Karstadt bekennt sich ausdrücklich zum Manteltarifvertrag und zu einem einheitlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. Das haben wir schon im Mai erklärt und garantiert.“
Im September hatte Berggruen die Sporthäuser und die drei Premium-Warenhäuser in München, Hamburg und Berlin an die österreichische Signa-Gruppe des Investors Rene Benko verkauft (mehr hier). Die nächste Verhandlungsrunde soll Mitte November stattfinden.