Die EU-Finanzminister einigten sich am späten Mittwochabend in Brüssel nach Angaben von EU-Diplomaten auf die Grundzüge eines gemeinsamen Mechanismus zur künftigen Abwicklung maroder Geldhäuser (SRM), der neben einer einheitlichen Aufsicht die zweite Säule der Banken-Union bilden soll.
Es ist ein Zehn-Jahres-Plan, der an Komplexität kaum zu übertreffen ist.
Ein Meisterwerk der Technokraten.
Mit dem Aufbau eines Abwicklungsmechanismus und eines Fonds bis zum Jahr 2026 sollen Banken in Schieflage geschlossen werden können. Die Instrumente sollen stehen, sobald die Europäische Zentralbank die Aufsicht über die größten Geldhäuser der Euro-Zone Ende des kommenden Jahres übernommen hat.
Die letzte Entscheidung, ob ein Geldhaus geschlossen wird, der Rat der EU-Finanzminister treffen und nicht die EU-Kommission. Die grundsätzliche Entscheidung soll aber schon in einem Gremium (Board) fallen. "Wir haben einen Mechanismus mit dem Board, der in der Lage ist, im Notfall schnell und effizient Entscheidungen zu treffen", sagte Schäuble. Gewöhnlich müsse die Vereinbarung über das Wochenende zustande kommen. Die Gremien-Entscheidung ist indes komplex, wie die FT berichtet: In Form einer doppelten Mehrheit müssen zwei Drittel der Mitglieder und in bestimmten Fällen mehr als 50 Prozent des eingezahlten Kapitals zustimmen.
Der Fonds soll in zehn Jahren 55 Milliarden Euro enthalten - ein Witz angesichts der Risiken bei den Banken.
Die Entscheidung über die Abwicklung einer Bank soll ein neues Gremium aus Vertretern der Mitgliedsstaaten fällen.
Für die Banken-Rettung bis 2026 wird der ESM herhalten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte zwar noch am Mittwoch gesagt, dass der ESM kein Banken-Rettungsfonds ist (hier). Mit der ausdrücklichen Ablehnung einer zwischenzeitlichen Inanspruchnahme des ESM kann Schäuble die Banken-Union in Deutschland als Erfolg verkaufen.
Tatsächlich ist dieser Erfolg jedoch eine gehörige Nebelkerze: Denn die EU betont in ihrer Pressemitteilung zur Banken-Union, dass der ESM zur Bankenrettung verwendet werden kann.
Tatsache ist nämlich: Wenn die nationalen Regierungen - bei anderen Banken - das entsprechende Kapital für eine Pleite-Bank nicht aufbringen können, müssen die jeweiligen Staaten selbst einspringen.
Kann eine Regierung ihrerseits wiederum das Geld nicht aufbringen, wird der Euro-Rettungsschirm ESM zum Einsatz kommen. Dies war bereits zur Bankenrettung in Spanien im Sommer 2012 der Fall, als dem spanischen Bankenrettungsfonds FROB 41,4 Milliarden Euro aus dem „Rettungsschirm“ ESM zur Verfügung gestellt wurden. Die Haftung übernahm der spanische Staat.
In einem Interview mit Reuters betonte der irische Finanzminister Michael Noonan, der aktuelle diskutierte Plan zu den Bankenabwicklungen sei nur dann hinreichend funktionsfähig, wenn er von einem angemessenen Sicherheitsnetz wie dem ESM unterstützt würde.
Eine direkte Rekapitalisierung von Banken aus dem ESM musste zur Einigung nicht mehr gesondert verabschiedet werden: Dies wurde von den Finanzministern im Sommer 2012 beschlossen (hier). Die EU erinnerte an diese Entscheidung noch einmal ausdrücklich im Oktober in einer Pressemitteilung und bezieht sich darauf in einer aktuellen Mitteilung.
Ob eine Bank abgewickelt werden soll oder nicht, entscheidet ein neues Gremium (mehr hier).
Da nun die nationalen Staaten das entscheidende Wort bei einer Bankenabwicklung haben werden, ist davon auszugehen, dass im Fall des Falles eine marode Bank über den ESM „rekapitalisiert“ werden kann.
Erst nach dem Jahr 2025, wenn der Bankenrettungsfonds SRF mit vorgesehenen 55 Milliarden Euro aufgefüllt ist, kann sich dieser SFR-Fonds selbst Geld am Markt leihen, um marode Banken zu stützen.
Bis dahin haften die europäischen Steuerzahler über den ESM gemeinsam.
Zehn Jahre sind eine lange Zeit.
Vermutlich zu lange für einige marode Banken in Europa.