Politik

NATO kriegsmüde: „Wollen nicht in jedem Winkel der Erde kämpfen"

Die vielen Krisenherde und die finanzielle Belastung führen dazu, dass die NATO nicht überall gemeinsam eingreifen könne, so Karl-Heinz Kamp, Direktor am NATO-Verteidigungskolleg in Rom. Europa sollte zunehmend allein vor der eigenen Haustür kehren. Das Interesse der USA in dieser Region sei geschrumpft.
03.02.2013 23:17
Lesezeit: 2 min

Aktuell:

EU-Präsident Schulz: „EU ist tödlich bedroht”

Das sicherheitspolitische Interesse der USA an Europa lässt nach, die Vereinigten Staaten wollen sich zunehmend auf den Pazifikraum konzentrieren. Für die EU bedeutet dies, dass gerade bei Brandherden auf dem europäischen Kontinent und in angrenzenden Regionen die Mitgliedsstaaten sich nicht mehr auf eine große Unterstützung der USA verlassen können. Aus diesem Grund müsse sich die EU überlegen, ob man in Europa in Zukunft nicht auf „Arbeitsteilung“ setzt, sagte Karl-Heinz Kamp, Direktor am NATO-Verteidigungskolleg in Rom, im DLF. In diesem Zusammenhang betonte Kamp die aktuelle Situation in Mali, wo vor allem Frankreich aktiv ist und andere europäische Staaten im Rahmen ihrer Fähigkeiten und ihres Interesses involviert sind. Im Gegensatz zum Vorsitzenden der Sicherheitskonferenz in München, Wolfgang Ischinger, sieht Kamp keine Notwendigkeit, dass Deutschland stärker einschreiten müsse (mehr hier).

Da die Europäer nun mal nicht die Möglichkeiten hätten, „auch militärisch so weit zu reichen, dass es bis zu Asien, Pazifik reicht, können sie sich stärker auf ihre Nähe, auf den Bereich um Europa herum konzentrieren“. Die militärischen Einsätze der NATO in den vergangenen Jahrzehnten waren weitreichend und kräftezehrend. Nach den Krisen in Afghanistan und Libyen und dem anhaltenden Konflikt in Syrien gebe es „eine gewisse Interventionsmüdigkeit auf allen Seiten“, unterstrich Kamp (Rasmussen kritisierte dies massiv – hier). „Die USA haben 20 Jahre lang Krieg auf höchster Ebene geführt“ und „die Europäer waren mit all ihren Möglichkeiten in Afghanistan“. Nun stelle sich daher die Frage, „ob man wirklich als EU oder als NATO überall hin muss“, so Kamp. Ob „man wirklich in jeden Krisenherd herein muss und herein möchte“, fuhr er fort.

Um jedoch nach dem Rückzug der USA aus Europa tatsächlich die sicherheitspolitischen Fragen allein lösen zu können, gebe es noch viel zu tun. Kamp zufolge habe die gemeinsame europäische Verteidigungspolitik in den letzten Jahren nicht wirklich funktioniert. Zu lange habe man sich nur darauf konzentriert, ob nun die EU oder die NATO die wichtigere sicherheits- und verteidigungspolitische Organisation sei, kritisierte der Direktor am NATO-Verteidigungskolleg. Seiner Meinung nach seien beide wichtig, aber bisher ist es noch immer so, dass man erst durch die NATO „militärisch handlungsfähig“ ist. „Das heißt, die Europäer alleine können es immer noch nicht“, ergänzt Kamp. „Europa als EU konzentriert sich noch immer mehr auf das Wirtschaftliche“. Und wenn man sich dann darauf einige, dass „Sicherheitspolitik transatlantisch ist, dann können damit alle leben“, sagte Kamp.

Weitere Themen

Französischer Ökonom: Deutschland ist der kranke Mann Europas

Über die Hälfte der Amerikaner sieht in der Obama-Regierung eine Bedrohung ihrer Rechte

Neuer Trend: Deutsche Rentner werden kriminell

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...