Politik

Putin führt WDR-Mann Schönenborn vor: „Wie heißen Sie?“

Die ARD kam in den Genuss eines Interviews mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Für den Fragesteller Jörg Schönenborn – hierzulande bekannt als Erfinder der Demokratie-Abgabe – wurde das Gespräch allerdings zum Albtraum. Es war ein Sieg der russischen Angriffslust über die bräsige Eitelkeit des deutschen Funktionärs-Fernsehens.
06.04.2013 01:51
Lesezeit: 3 min

Das Interview der ARD mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin war als öffentlich-rechtliche Inszenierung angelegt – nach dem Schema: Das große Gespräch zum Deutschland-Besuch. Es entwickelte sich jedoch zu einer peinlichen Lehrstunde für den WDR-Chefredakteur.

Der Grund: Putin wusste wovon er sprach.

Schönenborn dagegen wusste nicht, wie ihm geschah.

Die Fragen des WDR-Manns waren ihm offenbar von seiner Redaktion vorbereitet worden. Was als eine entspannte „Tour d’horizon“ geplant war, endete in einem Fiasko für den Demokratie-Retter Schönenborn.

Denn Schönenborn agierte, wie er es von den Wahlabenden gewohnt ist: Dort liest der gute Mann die Wählerstrom-Analysen vor, und erweckt, indem er Hölzchen-Stöckchen-Fragen seiner untergebenen Redakteure beantwortet, den Eindruck von Fachkompetenz.

Putin ist jedoch wirklich kompetent. Er lässt sich nicht mit Frage-Hülsen in die Ecke treiben. Er fragt selbst nach. Fühlt dem Fragesteller auf den Zahn. Bei Schönenborn brauchte er nicht lange zu bohren: Keine der blitzschnell gestellten Gegenfragen konnte Schönenborn beantworten.

Es begann mit der Razzia gegen die Partei-Stiftungen Deutschlands in Moskau. Schönenborn versuchte, sich als Anwalt der Freiheit zu profilieren. Das ging daneben.

Putin sagte, dass Russland nichts anderes verlange, als dass alle, die sich in Russland mit ausländischer Finanzierung politisch betätigen, ihre Karten auf den Tisch zu legen hätten. In den USA gäbe es ein Gesetz, das genau dies vorschreibt. Das Gesetz stamme aus dem Jahr 1938. Ob Schönenborn das wisse?

Der WDR-Mann wusste es nicht.

Wie viele politische Organisationen unterhalte Moskau im Westen. Putin: „Wie viele? Was glauben Sie?“

Schönenborn wusste es nicht.

Genau zwei, sagte Putin: Eine in Paris, und eine in den USA. Und diese müssten Fragebogen beantworten, die genau so seien wie jene, die Russland jetzt eingeführt hätte. Ob er die kenne?

Der WDR-Mann kannte sie nicht.

Putin überreichte ihm einen Fragebogen der Amerikaner.

Schönenborn: „Wir werden uns das ansehen...“

An einer Stelle fragte Putin den Interviewer unvermittelt: „Wie heißen Sie?“

Schönenborn, nach einer kurzen Schrecksekunde: „Jörg Schönenborn.“

Putin: „Gut Jörg, ich werden Ihnen das jetzt erklären…“

An dieser Stelle war mit einer Frage der ganze schöne Schein zerstört: Der russische Präsident kennt den WDR-Chefredakteur nicht mit Namen. Wie gemein! Was werden da unsere GEZ-Zahler denken? Wir schicken den Erfinder der Demokratie-Abgabe in die Höhle des russischen Bären, und der fragt vor laufender Kamera: „Wer sind Sie eigentlich? Wie heißen Sie?“

Nächstes Thema: Zypern. Schönenborn hat keinen blassen Schimmer, worum es in Zypern geht. Fragt krudes Zeug, nämlich, ob die Russen nicht verstehen, dass die europäische Wirtschaft ein Problem hätte, wenn die Russen ihr Geld in Zypern anlegen.

Putin: „Verstehen Sie nicht, wie absurd Ihre Frage ist?

Schönenborn verstand es nicht.

Daraufhin erklärte der russische Präsident in ganz schlichten Worten, worum es den Russen in der Zypern-Frage gehe: Es könne nicht sein, dass jeder, der nach den Gesetzen irgendwo legal Geld anlegt, plötzlich zur Kasse gebeten wird, weil die Banken in eine Krise geraten, für die die russischen Anleger nicht verantwortlich seien. Es gelten Recht und Gesetz. Spielregeln müssten eingehalten werden. Man könne nicht einfach behaupten, die Russen betrieben Geldwäsche. Das müsse belegt werden. Denn: „Eine dieser klaren Regeln heißt Unschuldsvermutung.”

Putin machte klar, dass die Zwangs-Enteignung in Zypern ein Vorteil für Russland sei: „In gewissem Sinn freue ich mich darüber. Es hat gezeigt, wie unzuverlässig die Einlagensysteme bei westlichen Banken sind.“

Trotzdem wolle Putin keinen Streit mit Europa: „Wir vertrauen der Wirtschaftspolitik der europäischen Großmächte und der wirtschaftlichen Politik der Führung der Bundesrepublik Deutschland.“

Ähnlich überlegen argumentierte Putin beim Thema Syrien.

Von Schönenborn kam keine Gegenfrage. Kein Nachbohren. Kein Konter. Nichts.

Warum Schönenborn so kläglich scheiterte: Ein Interview wie dieses ist keine journalistische Arbeit. Es ist eine Trophäen-Jagd: „Wir haben Putin!“, wird es durch die ARD-Hallen geschallt haben. Damit war der Zweck schon erreicht. Das Interview selbst – Nebensache.

Warum lässt die ARD zu einem solchen Interview nicht Fachleute antreten – von denen sie zweifellos genügend hat? Mit Sicherheit hätte ein Team aus einem Syrien-Experten und einem Wirtschafts-Fachmann mehr aus Putin herausgeholt.

Aber die Eitelkeit siegte: Mit dem russischen Präsidenten spricht der Chefredakteur.

Auch wenn dieser keine Ahnung von der Materie hat.

Die ganze schöne Reise nach Moskau – eine einzige Blamage. Hoffentlich war der Reise-Etat für Schönenborn nicht zu knapp bemessen.

Nach solch einem Gespräch braucht man einen Wodka.

Oder zwei, vielleicht sogar drei.

Das muss drin sein. Dafür zahlen wir gerne die GEZ.

Das Interview wurde (gekürzte Fassung) sofort nach der Ausstrahlung auf Youtube gestellt.

Von den Russen.

Hier das gesamte Interview.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Messerangriff in Hamburg: Mehrere Schwerverletzte am Hamburger Hauptbahnhof
23.05.2025

Bei einem Messerangriff im Hamburger Hauptbahnhof werden mehrere Menschen schwer verletzt. Eine Frau wird festgenommen. Befand sie sich in...

DWN
Politik
Politik Frühere AfD-Chefin: Frauke Petry kündigt Gründung neuer Partei an - Alternative für die FDP?
23.05.2025

Die frühere Vorsitzende der AfD will vom kommenden Jahr an mit einer neuen Partei bei Wahlen antreten. Ziel der Partei soll sein, dass...

DWN
Politik
Politik Kommt die Wegzugsbesteuerung für deutsche Fondsanleger? Neues Hindernis gegen die Abwanderung ins Ausland beschlossen
23.05.2025

Eine geplante Wegzugsbesteuerung bei Investmentfonds soll zunehmende Abwanderung von Geld und Fachkräften aus Deutschland stoppen! Wie die...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Plankenhorn GmbH Maschinenbau: Ein Mittelständler zeigt, wie Digitalisierung den Erfolg antreibt
23.05.2025

Kleine und mittelständische Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, ihre Wettbewerbsfähigkeit im digitalen Zeitalter zu...

DWN
Politik
Politik Rente: Zusätzliche Mittel vom Bund könnten Beiträge senken
23.05.2025

Rente in Gefahr? Milliarden fehlen im System, obwohl der Staat zahlt. Doch was, wenn er mehr gäbe? Stehen Beiträge und Rentenniveau vor...

DWN
Finanzen
Finanzen Börse aktuell: DAX bricht nach Zolldrohung von Trump ein – wie sollten Anleger jetzt reagieren?
23.05.2025

Durch Trumps neue Zolldrohungen gerät die Börse aktuell aus dem Takt. Der DAX bricht ein, der Goldpreis legt zu. Und was bedeutet das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump plant 50-Prozent-Zölle auf EU-Waren ab Juni - Verhandlungen laufen
23.05.2025

Die USA erhöhen den Druck auf Europa. Präsident Trump droht mit drastischen Zöllen auf EU-Waren. Wird daraus ein Handelskrieg – oder...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerpauschalen - diese 10 Pauschalen sollten Sie kennen
23.05.2025

Sie müssen nicht alle Kosten in Ihrer Steuererklärung konkret angeben, denn es gibt für viele Fälle Steuerpauschbeträge. Wir stellen...