Politik

USA: Nach Urteil wegen Mord an Jugendlichem drohen Ausschreitungen

Nachdem der Todesschütze eines schwarzen Teenagers freigesprochen wurde, ist es in den USA landeweit zu Protesten gekommen. Das Urteil sei rassistisch.
15.07.2013 01:26
Lesezeit: 2 min

George Zimmerman, Mitglied einer Bürgerwehr, hatte den unbewaffneten schwarzen Teenager Trayvon Martin erschossen. Ein Geschworenengericht befand ihn am Samstag für nicht schuldig. Die Proteste gegen den Freispruch Zimmermans führten am Wochenende landesweit zu Protesten. Demonstranten entzündeten Feuer, verbrannten US-Flaggen und schlugen Fenster und Polizeiautos ein, berichtet RT. Demonstrationen wurden aus San Francisco, Washington, New York und Chicago gemeldet. Die Polizei von Los Angeles wurde sogar in Alarmbereitschaft versetzt. Die Geschworenen hatten die Darstellung der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, dass Zimmerman den Teenager verfolgt habe, weil er ihn wegen seiner Kleidung und seiner Hautfarbe für einen Kriminellen gehalten habe, berichtet die New York Times. Zimmerman sagte, er habe am 26. Februar in Notwehr auf Martin geschossen. Der Teenager habe ihn zu Boden geschlagen und seinen Kopf wiederholt auf den Bürgersteig geschlagen. Die Jury aus sechs Frauen befand Zimmerman nach drei Verhandlungswochen für nicht schuldig. Er habe das Recht gehabt, sich zu verteidigen. Denn unter den gegebenen Umständen habe er fürchten müssen, schwer verletzt oder gar getötet zu werden. Die Geschworenen entschieden im Zweifel für den Angeklagten, denn es gab kaum verwertbare Beweise und keine Augenzeugen. Der Fall begann als ein Routine-Mordfall in der Kleinstadt Sanford, doch entwickelte sich schnell zu einem landesweit umstritten Ereignis. Zimmerman wurde Rassismus vorgeworfen. Einen Monat nach dem Vorfall drückte sogar US-Präsident Barack Obama der Familie von Trayvon Martin seine Sympathie aus. Er sagte damals: „Wenn ich einen Sohne hätte, er würde aussehen wie Trayvon.“ Mit der Familie von Zimmerman zeigte Obama hingegen kein Mitgefühl. Zimmerman muss sich seit dem Vorfall verstecken, da ihm rassistisch motivierte Racheakte drohten. Auf dem Weg zum Gericht trug er eine kugelsichere Weste. Er hat 16 Monate voller Angst verbracht. Und ein Ende des Versteckens ist auch mit dem Urteil nicht abzusehen. Vor dem Gerichtsgebäude versammelten sich circa hundert Demonstranten. Sie erhoben ihre Fäuste und riefen: „Keine Gerechtigkeit, kein Frieden!“ Eine Demonstrantin hielt, eine Packung Skittles, die Süßigkeit, die Martin am Abend seines Todes dabei hatte. Eine Stunde nach dem Urteil sagte sie noch immer schockiert: „Er hätte ins Gefängnis gehen müssen. Er hätte schuldig gesprochen werden sollen, schuldig, schuldig, schuldig.“ Benjamin Todd Jealous, Präsident der Schwarzen-Organisation N.A.A.C.P., sagte: „Wir sind empört und tief getroffen wegen des gestrigen Urteils.“ Zimmermans Anwalt Mark O’Mara sagte, sein Klient habe nichts Anderes getan, als eine Waffe zur Selbstverteidigung einzusetzen. Er sei auch kein Rassist gewesen. Wenn Zimmerman schwarz gewesen wäre, hätte man ihn wohl nie angeklagt, so der Anwalt. Ursprünglich hatte die Polizei im Rahmen ihrer Ermittlungen auch entschieden, Zimmerman nicht zu verhaften. Doch sechs Wochen später nahmen sie ihn doch fest, nachdem Bürgerrechtler sich für den Fall interessiert und gegen den Halb-Peruaner demonstriert hatten.

Update: Am Sonntag sagte das US-Justizministerium, es wolle das Urteil des Geschworenengerichts überprüfen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
USA
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama KI-Musik auf dem Vormarsch: Gefahr oder Chance für die Musikbranche?
21.06.2025

KI-Musik verändert die Musikbranche – kreativ, disruptiv, kontrovers. Künstler verlieren Kontrolle und Einnahmen. Doch wie weit darf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Disney gegen die KI: Wem gehört das Internet noch?
21.06.2025

Disney zieht gegen Midjourney vor Gericht – und kämpft nicht nur für Mickey Mouse, sondern für unser digitales Eigentum. Wenn selbst...

DWN
Politik
Politik Putins Informationskrieg: Warum der Westen bereits verliert
21.06.2025

Während Russland mit Desinformation und Zynismus die Ordnung zerschlägt, wirkt der Westen wie ein schläfriger Zuschauer. Genau deshalb...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Litauischer Hersteller Altas Auto: Wie Europa exklusive Elektrobusse bekommt
20.06.2025

Während Europas Politik auf Elektro-Transformation pocht, bleibt die Umsetzung zäh. Ein litauischer Hersteller von E-Minibussen will die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Waffen brauchen Rohstoffe: Der stille Machtkampf um die Kriegsmetalle Antimon und Wolfram
20.06.2025

Antimon und Wolfram gelten als Schlüsselfaktoren für die moderne Rüstung. Doch die weltweiten Vorkommen liegen größtenteils außerhalb...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Osteuropas KI-Plan: Die EU-Digitalwende kommt nicht aus Brüssel
20.06.2025

Mit fünf strategischen Hebeln will Mittel- und Osteuropa die EU-Digitalspitze übernehmen – ein ambitionierter Plan mit Folgen für die...

DWN
Politik
Politik Ex-Minister Jens Spahn unter Druck: Parlament erhält teils geschwärzten Bericht zu Masken-Deals
20.06.2025

Ein vertraulicher Masken-Bericht sorgt für neuen politischen Zündstoff. Die angekündigte Offenlegung im Bundestag bleibt unvollständig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erhöhung Mindestlohn: Kommt 2026 eine Anhebung auf 15 Euro?
20.06.2025

Ende Juni befindet eine Kommission über eine weitere Erhöhung der Lohnuntergrenze. Eine Zahl spielte beim Wahlkampf der SPD eine große...