Politik

Zypern-Deal: Das Ende der Euro-Zone ist gekommen

Mit der zwangsweisen Plünderung der Bank-Konten der Zyprioten hat die EU alle Prinzipien zerstört. Treu und Glauben, Rechtsstaatlichkeit, Verursacher-Prinzip und Solidarität mit den Schwachen – nichts von dem gilt mehr. Die Auswirkungen des Handstreichs von Brüssel werden gravierend sein. Sie markieren den Anfang vom Ende der Euro-Zone.
17.03.2013 02:14
Lesezeit: 4 min

Die Lage in der europäischen Schuldenkrise ist offenbar verheerend. Anders ist das Selbstmord-Kommando nicht zu erklären, mit dem die Finanzminister, der IWF und die EZB am Samstag im Morgengrauen beschlossen haben, den Rentnern, Hausfrauen, Lehrern und Handwerkern in Zypern eine Zwangs-Abgabe zu verordnen. Denn diese Maßnahme ist der bisher gravierendste Eingriff in das Leben der Europäer. Er wurde befohlen, weil die Euro-Retter komplett den Überblick verloren haben. Die Botschaft des 16. März 2013 für die Euro-Zone lautet: Das Spiel ist aus.

Denn die Folgen werden gravierend sein: Niemand in Europa kann sich sicher sein, dass sich die Politiker und Finanz-Jongleure nicht buchstäblich über Nacht über sein Erspartes hermachen werden. Die Euro-Rettungs-Steuer ist in Zypern mit äußerster Brutalität eingeführt worden. Schäuble, Asmussen und Lagarde haben wie Heckenschützen auf das lange Wochenende in Zypern gewartet. Süffisant lächelnd macht Schäuble auch gar kein Geheimnis daraus (hier).

Damit ist klar: Die Euro-Bürokraten sind knallhart. Sie wissen, dass sie am längeren Hebel sitzen. Denn die Abgabe ist eine Steuer, die automatisch von den Bank-Konten abgezogen wird. Dies bedeutet: Sie ist vorrangig gegenüber allen anderen Zahlungen, die ein Bürger leisten möchte.  Bevor die nächste Miete, das Schulgeld für die Kinder oder der Strom abgebucht werden können, wird die Steuer abgezogen. Bei jedem - ohne jede Möglichkeit, sich zu wehren. Es gibt keine sozialen Ausnahmen, keinen Ermessensspielraum für den Bankbeamten.

Das ist Staats-Sozialismus in seiner schärfsten Form. Möglich ist eine solche Aktion nur, weil die EU damit erstmals die Maske abgelegt hat. Prinzipien, die für den normalen Umgang in einer demokratischen Gesellschaft gelten, sind für obsolet erklärt worden.

Grundsätzlich muss jede Steuer vorher bekanntgemacht werden. Dazu gibt es Gesetze, Verlautbarungs-Blätter und Parlamente. Das Parlament von Zypern wird genötigt, einen solchen Eingriff ohne jede Vorbereitung abzunicken. Das war in Griechenland bei den verschiedenen Bailouts schon so. Und es war bei ESM, Fiskalpakt, Spanien-Rettung und all den anderen Euro-Aktionen so, wo der Deutsche Bundestag von Merkel, Schäuble und der hörigen SPD-Fraktion per Notverordnung gezwungen wurde, zuzustimmen. Die Drohung lautete: Alternativlosigkeit.

Die EU verrät damit die eigene Zusage einer Einlagen-Sicherung. Die Bank-Konten sind nun mehr offiziell ebenso unsicher wie die Spareinlagen. Das Prinzip Treu und Glauben – angesichts der zahlreichen Rechtsbrüche seit Bestehen der EU ohnehin schon nur mehr ein Feigenblatt – ist nun offiziell außer Kraft gesetzt. An seine Stelle tritt: Willkür.

Das Verursacher-Prinzip gilt nicht mehr: Die Banken in Zypern haben gezockt, wie alle anderen Banken auch. Was schon mit dem „Too big to fail“ als neuer Unrechts-Grundsatz installiert wird, gilt nun für jede Kreissparkasse: Wenn sie sich verzockt, zahlt der Bankkunde. Es ist fast ein Hohn, dass man den enteigneten Zyprioten statt des Geldes, das man ihnen wegnimmt, nun Anteile an ihren Banken überreicht. Wie kommen die kleinen Leute in Zypern dazu, dass sie für die Schweinerein der großen Zocker zahlen müssen?

Es ist ein beispielloser Skandal, dass die Euro-Granden ihre Zeit mit Folklore-Veranstaltungen wie dem Friedens-Nobelpreis verschwendet haben, anstatt, wie mehrfach angekündigt und von Fachleuten als äußerst dringlich angemahnt, Tag und Nacht über einem europäischen Insolvenzrecht für Banken zu brüten!

Die Kleinen werden rasiert – so erhält der Begriff des „Haircut“ nun eine volksnahe Bedeutung. Die EU zerstört aber mit der Behandlung der Bürger von Zypern einen Grundpfeiler ihrer Gründungs-Charta: Die Idee der EU war nämlich einmal, dass in Europa die Starken in Solidarität für die Schwachen einstehen. Es sollte eine Union entstehen, in der alle gleich behandelt werden. Dies hat seinen Ausdruck offenbar nur in der sinnlosen babylonischen Mehrsprachigkeit gefunden, die einen abstößt, wenn man auf eine offizielle EU-Website geht. Hier wird Vielfalt und Achtung vor dem Kleinen vorgetäuscht. Die Wahrheit ist: Die Europäer erfahren von der nun vollzogenen, vollkommenen Ent-Solidarisierung wenigstens in ihrer Landessprache. Zypern wurde erpresst, wie sich das die EU – noch - mit keinem größeren Land getraut hat.

Aber der zypriotische Volks-Schuldenschnitt ist erst ein Anfang. Demokratisch in keiner Weise legitimiert und ohne jegliche Transparenz ist die Gruppe von EU, IWF und EZB entschlossen, den Untergang abzuwenden. Es wird ihr nicht gelingen. Der nächtliche Zugriff auf die Bank-Konten in Zypern kann jederzeit in jedem anderen Land wiederholt werden. Der Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem – auch diesen hat kein Mensch gewählt – hat am Samstag ausdrücklich gesagt, dass eine solche Maßnahme auch in anderen Ländern möglich ist – wenngleich sie im Moment nicht geplant ist.

Analysten erwarten daher Panik und Kapital-Flucht in anderen Ländern (hier). Der Chef der dänischen Saxo-Bank Lars Seier Christensen, schreibt auf seinem Blog: „Dies ist der Bruch der fundamentalen Eigentums-Rechte, der einem kleinen Land von ausländischen Mächten diktiert wird. Jedem Inhaber eines Bank-Kontos in Europa muss dies einen kalten Schauer über den Rücken jagen. Ich kann noch immer nicht begreifen, dass das wirklich geschehen ist.“

Die britische Europa-Parlamentarierin Sharon Bowles sagte: „Was wir hier erleben, ist, dass die Regeln des gemeinsamen Marktes in Europa gekippt werden, wenn es die Euro-Zone, die EZB und der IWF befehlen.“

Damit aber ist das Ende der Euro-Zone gekommen. Nun wird offenbar, was jeder gute Europäer ohne das Marihuana der Euro-Anbeter schon seit längerem befürchtet hat: Die Technokraten haben die Kontrolle über sich selbst verloren. Die EU kann das Gebilde Euro nur noch zusammenhalten, indem sie Rechtsstaat, Demokratie und Bürgerrechte abschafft.

Der Zerfall der Euro-Zone hat begonnen. Er kommt für kritische Geister nicht überraschend, weil die Konstruktions-Fehler für jeden Menschen mit Hausverstand unübersehbar sind.

Die Entscheidung von Schäuble, Asmussen und Lagarde ist nach dem Prinzip: „Rette sich, wer kann!“ erfolgt. Dabei haben diese „Führer“, die allesamt von den Steuergeldern der Bürger leben, nicht die Völker Europas im Sinn gehabt. Sie haben an sich selbst gedacht. Es ist denkbar, dass Europa seine größte Solidarität im wichtigsten Kraftakt seiner jüngeren Geschichte zeigt: in der Abschaffung der außer Kontrolle geratenen Politik- und Finanz-Elite, die aus dem „Friedensprojekt“ eine mörderische Veranstaltung gemacht haben.

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