Finanzen

EU bereitet Richtlinie für Blitz-Zugriff auf Bank-Konten vor

Um die Banken-Krise in Europa nicht im Crash münden zu lassen, werden Zwangs-Beteiligungen von Sparern und Einlegern künftig viel schneller exekutiert als in Zypern: Eine Banken-Rettung wird an einem einzigen Wochenende durchgezogen. Der Bank-Kunde sieht erst am Montagmorgen, dass sein Konto belastet wurde.
09.04.2013 16:29
Lesezeit: 3 min

Die EU arbeitet bereits an einem Masterplan, um die Kontoinhaber stärker mit in die Bankensanierung einzubeziehen. Für den österreichischen Insolvenzrecht-Experten Hans-Georg Kantner vom Kreditschutzverband 1870 ein Weg in die richtige Richtung.

Die EU arbeitet mit Hochdruck an dem Plan zur schnelleren Bankenrestrukturierung.

Bei Banken-Rettungen Europa soll es schneller gehen als in Zypern, so Kantner:

Von Freitagabend bis Montag soll in Zukunft das Ganze abgeschlossen sein und im Idealfall merken das die Kontoinhaber gar nicht. Sie würden dann nur am Montagmorgen sehen, dass ihr Konto belastet wurde. So kann man verhindern, dass ein Bank-Run passiert und das Banken vorübergehend geschlossen werden. Im Laufe dieses Jahres ist mit einer entsprechenden Richtlinie zu rechnen, aber noch ist viel von Nebel umhüllt“.

Vor allem die Höhe der Einlagensicherung steckt noch tief in der Nebelwand: Bisher hatten alle Europäer gedacht, ihre Einlagen seien automatisch bis 100.000 Euro gesichert.

Die Wahrheit ist: Es ist überhaupt nichts gesichert.

Die Banken drohen bereits, nicht mehr weiter in eine nebulöse Einlagensicherung einzahlen zu wollen (hier).

Tatsächlich ist der Sparer seit vielen Jahren am Risiko einer Bank beteiligt - freilich meist, weil er geglaubt hat, dass die Bank das Geld zur Verwahrung von ihm übernimmt.

Das ist jedoch eine Illusion.

Seit vielen Jahren gibt es nämlich eine EU-Richtlinie zur Einlagensicherung  - und diese sieht eigentlich einen Selbstbehalt von 10 Prozent für Sparer vor, sagte Kantner den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. So würde sich jeder Sparer an der Sanierung seiner Bank mit 10 Prozent seiner Einlagen beteiligen müssen. In der EU-Richtlinie lag die Mindestbegrenzung bei ursprünglich 20.000 Euro. Alle Einlagen über diesem Schwellenwert sollten dann im Krisenfall mit einer Abgabe von 10 Prozent belastet worden. Allerdings, so Kantner, hat die EU bei dieser Richtlinie den Mitgliedsstaaten Möglichkeiten zur Abänderung eingeräumt. So dass beispielsweise Österreich und Deutschland, aber auch andere Länder, derzeit den Schwellenwert auf 100.000 festgesetzt hatten.

Kunden müssen Banken retten

„Ein Selbstbehalt ist vernünftig“, erklärt Kantner, „weil er den Bürgern zeigt, dass sie genau schauen müssen, welcher Bank sie ihr Geld leihen“. Denn „wenn ich mein Geld zu einer Bank bringe, gebe ich ihr quasi ein Darlehen“.

Der Hintergrund: Eigentlich sind Geldgeschäfte eine Sache des freien Marktes. Durch die enge Verzahnung von Politik und Finanzwirtschaft im Zug der Schuldenkrise haben die Bürger den falschen Eindruck gewonnen, dass die Sicherung der Stabilität von Banken eine staatliche Aufgabe sei. Das ist sie aber nicht - und genau von dieser Bürde will sich die EU jetzt, da die große Bombe zu platzen droht, ganz rasch befreien.

Daher sind die verschiedenen Aussagen der Politiker, dass die Bank-Guthaben mitnichten sicher sind, eine klare Botschaft an die Bürger: Wo ihr euer Geld anlegt ist euer Problem - nicht das der Politiker.

Wer höhere Zinsen will, muss wissen, dass das mit einem höheren Risiko verbunden ist, sagt Kantner. Das ist natürlich nur bedingt richtig: Denn natürlich agieren die Banken längst wie ein Quasi-Oligopol - ihre Zinsen machen keinen Unterschied, man bekommt überall gleich wenig, wenn man etwas anlegt - und zahlt überall gleich viel für Kredite.

Auch dieses Kartell-Verhalten hat beim Anleger zur irrigen Annahme geführt, dass die Banken eigentlich eine staatliche Institution sind, vergleichbar den städtischen Strom-, Wasser- oder Gasversorgern.

Hinzu kommt, dass der einzelne im Moment durch die Bailouts geschützt ist: Der Staat pumpt Steuergelder in die Banken, damit sie nicht zusammenbrechen. Jemand, der wegen höherer Zinsen sein Geld in eine risikoreiche Bank anlegt, „hat aber kein Recht darauf“, dass die Allgemeinheit ihn schützt. „Wieso soll ein verschuldetes Gemeinwesen ihm das Risiko abnehmen?“

Kantner erachtet es als notwendig, dass grundsätzlich ein Selbstbehalt im Falle einer Bankensanierung erfolgen müsse. „Wenn ich nicht auf Kosten aller Steuerzahler sanieren will, muss man bei der Sanierung alle gleich mit einbeziehen.“ Deshalb sei der Schwellenwert von 100.000 Euro, der zurzeit theoretisch garantiert werde, nicht sinnvoll (bröckeln tut er ja bereits – hier).

Die Einlagensicherung ist ein Hinderungsgrund für die Sanierung einer Bank. Nur mit dem Selbstbehalt komme genug Geld herein, dass eine Bank auch tatsächlich gerettet werden kann. Auch könnte die Bank tricksen: „Was würde der Staat denn machen, wenn eine Bank nur Einlagen von unter 100.000 Euro und keinerlei Aktien vorweisen kann?“

Merkel beruhigt Sparer

Eine komplette Abschaffung einer Einlagensicherung zum jetzigen Zeitpunkt sieht Kantner dennoch nicht. „Die Banken haben derzeit ein Interesse an einer Beruhigung der Bürger“, da diese um ihre Einlagen fürchten und seit Zypern aufgeschreckt sind. „Und die Regierungen hören gut zu, was die Banken ihnen sagen“, fügt Kantner hinzu. „Es gibt derzeit den Bedarf, den kleinen Sparern zu sagen, sie müssen nichts befürchten“. Daher versucht Angela Merkel, mit halbherzigen Garantien den Leuten das Gefühl zu geben, dass nichts geschehen werde (hier).

Deswegen werde auch so selten über Schwierigkeiten einzelner Banken gesprochen. „Gerade bei Banken wird in der Öffentlichkeit gern die Unwahrheit gesagt“. Denn die „Banken sind an dem Tag bankrott, an dem das Vertrauen in sie weg ist“, so Kantner. Vertrauen sei das wichtigste Kapital der Geldhäuser, wichtiger als ihr Eigenkapital. „Die Bankenbranche ist die Branche mit den geringsten Eigenkapitalquoten überhaupt ist“, sagt Kantner. Deswegen wollen die Regierungen und Finanzhäuser auf jeden Fall einen Bank-Run verhindern. „Es gibt gar nicht so viel Bargeld, als dass alle ihr Geld abheben könnten.

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