Politik

Nach Prism: Schweizer flüchten von US-Servern

Lesezeit: 2 min
13.07.2013 01:46
Schweizer Datenzentren versprechen Schutz vor dem Zugriff durch das NSA. Doch auch in der Schweiz ist der Datenschutz durch politische Pläne gefährdet. Der Wettbewerbsvorteil gegenüber USA und EU wäre dahin.
Nach Prism: Schweizer flüchten von US-Servern

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Seit der frühere NSA-Agent Edward Snowden enthüllt hat, dass der US-Geheimdienst Zugriff auf die Server der großen Internetunternehmen hat, speichern immer mehr Unternehmen ihre Daten in der Schweiz. Sie hoffen, dass die Geheimhaltung hier eher gesichert ist.

„Allein in den letzten drei Wochen ist unser Mail-Bereich um 30 Prozent gewachsen“, zitiert 20min Franz Grüter, den CEO des Datenzentrums Green.ch. Die Anfragen für Speichervolumen hätten sich im letzten Quartal verdoppelt.

Auch im Zürcher Rechenzentrum Artmotion spürt man die Nachfrage. Geschäftsführer Mateo Meier sagt: „Seit Eward Snowden die dubiosen Spionage-Praktiken publik gemacht hat, ist das Misstrauen gegenüber amerikanischen Servern groß.“ Und weil die USA dank eines Abkommens mit der EU auf dortige Server Zugriff haben, seien europäische Rechenzentren weniger gefragt.

Durch die Enthüllungen der Praktiken des US-Geheimdienstes NSA sind US-kontrollierte Cloud-Dienste wie Dropbox oder Office365 in Verruf geraten. Unternehmen aus der ganzen Welt verlagern ihre Daten daher in die Schweiz. Am meisten wächst die Nachfrage beim Rechenzentrum Artmotion jedoch in der Schweiz selbst. „Unternehmer wollen ihre Daten jetzt wieder im eigenen Land haben, wo die Gesetze klar und bekannt sind“, sagt Meier.

Doch die Sicherheit hat ihren Preis. Denn Schweizer Rechenzentren sind rund 25 Prozent teurer als in den USA oder in der EU. Der Preis ist in diesem Sektor allerdings zweitrangig. „Geld kann man ersetzen, Daten nicht“, so Meier. Das wüssten die Kunden.

Die politische Stabilität in der Schweiz, das technische Niveau und die Infrastruktur bieten ideale Rahmenbedingungen für die Datenlagerung. Doch Bruno Baeriswyl, Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich, warnt, es gebe keine hundertprozentige Sicherheit: „Auch ein Datacenter in der Schweiz bietet keine Sicherheit gegen die NSA.“ Im Gegensatz zu anderen Ländern braucht man in der Schweiz allerdings einen richterlichen Beschluss, um auf Server zugreifen zu können.

Doch auch der Schweizer Datenschutz ist in Gefahr. Denn das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement verfasste unter der Leitung der damaligen Vorsteherin Eveline Widmer-Schlumpf eine Gesetzesänderung, nach der mutmaßliche Straftäter über das Internet überwacht werden und Daten länger aufbewahrt werden können. Damit könnten Daten künftig auch hierzulande auf einen bloßen Verdacht hin eingesehen werden.

Den Schweizer Rechenzentren könnte dies den Wettbewerbsvorteil gegenüber USA und EU nehmen. Daher lehnen sie das Vorhaben ab. „Wird die Gesetzesänderung angenommen, werde ich auf jeden Fall das Referendum ergreifen“, sagt Franz Grüter von Green.ch. Das Parlament wird voraussichtlich im Herbst über die Gesetzesänderung bestimmen.

Die Menge gespeicherter Daten erhöht sich jährlich um 45 Prozent. Daher gebe es im Geschäft mit den Daten-Tresoren ein großes Zukunftspotential, so Economiesuisse. Der Wirtschaftsdachverband rechnet damit, dass der Bereich jährlich um 10 Prozent wachsen wird. So baut die Swisscom derzeit für circa 100 Millionen Franken ein neues Rechenzentrum in Bern-Wankdorf. Und auch Green.ch hat bereits Investitionen in Höhe von 120 Millionen Franken geplant.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik SPD-Kanzlerkandidat steht fest: Pistorius zieht zurück und ebnet Weg für Scholz
21.11.2024

Nach intensiven Diskussionen innerhalb der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Olaf Scholz den Weg für die erneute...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch kurz vor 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag hat die wichtigste Kryptowährung direkt nachgelegt. Seit dem Sieg von Donald...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...