Der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo) meldete sich in einem Artikel der FT zu Wort. Es sei falsch, Deutschland als Gewinner des Euros zu porträtieren, schreibt Hans-Werner Sinn. Die Behauptung, der Euro habe Deutschland geholfen, da Kapitalzuflüsse auf Kosten der südeuropäischen Länder in Deutschland zu Überschüssen geführt hätten, sei ein Trugschluss.
„Diese Ansicht ist falsch. Die Ungleichgewichte in den Bilanzen entstehen durch Kapitalflüsse. Wenn das Kapital von einem Land A in ein Land B fließt, verlangsamt sich (das Wirtschaftswachstum in) A und B erlebt einen Boom. Die Importe des boomenden Landes steigen, doch die steigenden Löhne dämpfen wiederum den Export."
In dem Land, aus dem das Kapital abgeflossen ist, laufe die Entwicklung in eine gegenteilige Richtung, schreibt Sinn. Hier sinken Importe und Löhne. Dies wiederum kann nach einiger Zeit das Wachstum und die Kapitalzuflüsse wieder ankurbeln.
Es sei daher „absurd zu behaupten, ein Land würde von Kapital-Überschuss profitieren oder ein Defizit erleiden“, so Sinn. Zudem war Deutschland zur Einführung des Euros der größte Kapitalexporteur in Europa und driftete in ein tiefes Loch. Nur ein Drittel des Ersparten wurde in Deutschland investiert. Daraus resultierten die niedrigsten Wachstumsraten in ganz Europa.
Stattdessen orientierten sich zahlreiche Investoren gen Südeuropa. Da die Risiken durch Wechselkurs-Schwankungen durch die Einführung des Euros sanken, verlangten die Investoren niedrigere Zinssätze für ihre Kredite, so Sinn. Die Folge waren Blasen wie die Immobilienblase in Spanien, die letztlich platzten.
Noch im Jahr 1995 habe Deutschland in Europa das zweigrößte BIP pro Kopf gehabt. Nun stehe Deutschland an siebter Stelle. Das sei keine Leistung eines „Euro-Gewinners“, so Hans-Werner Sinn.
Erst seitdem die Kreditblase in Südeuropa geplatzt sei, ginge es für Deutschland bergauf. Investitionen in den deutschen Immobiliensektor galten als sichere Geldanlage, verschärften aber das Ungleichgewicht in Europa.
Eine Vergemeinschaftung der Schulden sei aber der falsche Weg, um die Krise zu überstehen, schreibt Sinn. Das würde die Unterschiede in der Wettbewerbsfähigkeit nur verschärfen.
„Man muss sich irgendwie durchschlagen. Das ist die einzige Lösung.“ Länder, die die Krise nicht überstehen, sollen die Möglichkeit bekommen, aus dem Euro auszuscheiden und später zu einem anderen Preis wieder einzutreten. In der Zwischenzeit könnten die Länder ihre Währung abwerten und Strukturreformen umsetzen. Das würde den Euro näher an das ehemalige Bretton-Woods-System heranführen, so Sinn.
Griechenland würde von einer solchen, „geordneten“ Lösung profitieren. Natürlich würde dies das Risiko für Investoren in die Höhe treiben. Aber das Risiko durch eine Vergemeinschaftung der europäischen Schulden sei „viel größer“. Aus welcher Perspektive man es auch immer betrachte, die Einführung von Eurobonds sei „unhaltbar“.