Finanzen

Schulden explodieren: Polen konfisziert private Renten-Fonds

Polen hat alle Staatsanleihen im Besitz der privaten Rentenfonds beschlagnahmt. Dadurch sinkt die Schuldenquote Polens, sodass die Regierung nun wieder mehr Schulden aufnehmen kann. Doch das private Rentensystem droht zusammenzubrechen.
08.09.2013 00:10
Lesezeit: 1 min

Polen hat angekündigt, Vermögen der privaten Pensions-Fonds zu verstaatlichen. Dadurch werden die Staatsschulden verringert. Doch die Stabilität der Fonds wird dadurch massiv geschwächt. Die Polen müssen künftig um ihre Renten bangen.

Wie Reuters meldet, sagte Premier Donald Tusk, die privaten Pensions-Fonds müssten ihre Staatsanleihen an den Staat überführen. Ihre Aktienbestände dürften sie hingegen behalten, zitiert ihn Reuters. Staatsanleihen machen circa die Hälfte des Vermögens der Pensions-Fonds aus, die andere Hälfte sind Aktien. „Wir glauben, dass abgesehen von den positiven Effekten für die Staatsschulden auch die Renten sicherer sein werden“, so Tusk.

Die Polen sind gesetzlich verpflichtet, sowohl in das staatliche Rentensystem einzuzahlen als auch in private Pensions-Fonds einzuzahlen. Tusk sagte, junge Leute, die neu in das Rentensystem einsteigen, müssten künftig nicht mehr in die privaten Fonds einzahlen. Dadurch werden die Fonds zusätzlich geschwächt.

Die privaten Renten-Fonds halten derzeit Vermögen im Umfang von einem Fünftel der polnischen Wirtschaft. Zu den Playern im Rentenmarkt zählen internationale Konzerne wie ING, Aviva, Axa, Generali und Allianz. Sie gehören zu den größten Investoren an der polnischen Börse.

Die Reform der Pensions-Fonds war in diesem Ausmaß nicht erwartet worden. Die Organisation der polnischen Pensions-Fonds sagte, die Änderungen könnten verfassungswidrig sein. Denn die Regierung enteigne privates Vermögen, ohne eine Entschädigung anzubieten. „Dies könnte zum Zusammenbruch des privaten Rentensystems führen“, sagte Rafal Benecki von der ING Bank Slaski dem Reuters Bericht zufolge.

Doch Vertreter der polnischen Regierung versuchen die Investoren zu beruhigen. So habe man die radikalere Variante vermieden, nach der nicht nur die Staatsanleihen, sondern auch die Aktienbestände der privaten Pensions-Fonds enteignet würden.

Die polnische Verfassung begrenzt den Schuldenstand des Staates auf 60 Prozent des BIP. Doch bereits ab einer Verschuldung von 55 Prozent wäre Tusk gezwungen, Maßnahmen zur Begrenzung der Verschuldung zu ergreifen. Im vergangenen Jahr lag die polnische Staatsschuldenquote nach Angaben der Regierung bei 52,7 Prozent.

Indem Polen nun die eigenen Staatsanleihen verstaatlicht, senkt es seinen Schuldenstand. Finanzminister Jacek Rostowski sagte, die Änderungen würden die Staatsschuldenquote um circa 8 Prozentpunkte verringern. Durch die Verringerung der Schuldenquote werde seinem Land die Möglichkeit eröffnet, wieder mehr Schulden aufzunehmen, so Rostowski.

In Umfragen ist die Bürgerplattform (PO) von Premier Tusk erstmals hinter die größte Oppositionspartei zurückgefallen, die konservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Um die Wähler zurückzugewinnen, muss Tusk nun viel Geld ausgeben. Ohne die Aufnahme umfangreicher Schulden ist das nicht möglich.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Generation Z lehnt Führungspositionen ab – Unternehmen müssen umdenken
25.04.2025

Die Generation Z zeigt sich zunehmend unbeeindruckt von traditionellen Karrierewegen und Führungspositionen im mittleren Management. Eine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
25.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoindustrie unter Druck: Zollkrieg sorgt für höhere Preise und verschärften Wettbewerb
25.04.2025

Der Zollkrieg zwischen den USA und Europa könnte die Auto-Preise in den USA steigen lassen und den Wettbewerb in Europa verschärfen....

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen der Deutschen auf Rekordhoch – aber die Ungleichheit wächst mit
25.04.2025

Private Haushalte in Deutschland verfügen so viel Geld wie nie zuvor – doch profitieren längst nicht alle gleichermaßen vom...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wirtschaftsmodell zerbricht, Polen rückt vor
25.04.2025

Deutschlands Wirtschaftsmaschinerie galt jahrzehntelang als unaufhaltsam. Doch wie Dr. Krzysztof Mazur im Gespräch mit Polityka...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China im Handelskrieg: Regierung bereitet sich auf das Schlimmste vor
25.04.2025

Chinas Führung bereitet sich inmitten des eskalierenden Handelskonflikts mit den USA auf mögliche Härtefälle vor. In einer Sitzung des...