Deutschland

Schleichwerbung: ZDF und ARD überschreiten schamlos alle Grenzen

Mitten in die Diskussion um die neue Rundfunkgebühr kommen neue Vorwürfe gegen die öffentlich-rechtlichen Sender: Das ZDF soll in „Wetten dass…“ gezielt Schleichwerbung platziert haben. Bei einer Sportübertragung zu Neujahr rückte die ARD die Automarke Audi in das Zentrum der journalistischen Berichterstattung. Gegen alle Gesetze läuft diese Schleichwerbung auch im Internet.
14.01.2013 01:27
Lesezeit: 2 min

Während die Bürger (hier) und die Medien Sturm gegen die neue Rundfunkgebühr laufen und nicht vestehen, warum die öffentlich-rechtlichen Sender 8 Milliarden Euro jährlich zur Aufrechterhaltung der bundesdeutschen Demokratie erhalten sollen (Begründung hier), meldet der Spiegel, dass das ZDF der Fima von Thomas Gottschalks Bruder zur prominenten Platzierung von Schleichwerbung verholfen haben soll. Neben einem Auto von DaimlerChrysler wurde auch die Firma Solarworld bei „Wetten, dass…“ präsentiert.

Der Spiegel schreibt zu den ihm zugespielten Verträgen: „Die Vereinbarungen enthielten...detaillierte Regieanweisungen, wie ein Auto zu präsentieren ist - etwa wie lange und aus welchen Perspektiven es gezeigt wird und wo Showmaster Gottschalk zu stehen hat, um den Blick auf das Auto nicht zu verdecken. Die im Dezember 2003 für eine Laufzeit von drei Jahren geschlossenen Verträge mit DaimlerChrysler regeln die Kooperation bis in kleine Details - etwa dass ,die konkrete Anmoderation‘ für ein in ,Wetten, dass ..?‘ präsentiertes Sondermodell der Mercedes A-Klasse ,zwischen den Parteien einvernehmlich festgelegt wird‘. Seit 2007 ist Audi Kooperationspartner von "Wetten, dass..?". Grundlage der Zusammenarbeit ist ein Vertrag mit Dolce Media, den der Konzern nicht offenlegen will.“

Audi ist auch bei der ARD aktiv: Wer sich zu Jahrebeginn den Parallelslalom von München ansah, war zunächst von der penetranten Propaganda beeindruckt, die die Moderatoren im Dienste der Demokratie für die Veranstaltung vom Stapel ließen. „20.000 seien gekommen (was offenbar nicht gestimmt hat), die „Zuschauermassen“ hätten „farbenfroh“ dem Ganzen das entsprechende Gepränge gegeben.

Unablässig wurde sicherheitshalber betont, wie wertvoll das Spektakel sportlich sei. Co-Moderator Markus Wasmeier verspürte eine Dauer-„Gänsehaut“, der Moderator sagte, es werden „einige Glücksgefühle freigesetzt“. Selbst die nach ihrem Ausscheiden vor die Kamera gezerrten Skiläufer Viktoria Rebensburg und Fritz Dopfer mussten bekennen, dass dies eine großartige Veranstaltung sei.

Abgesehen davon, dass diese Veranstaltung nicht nur sportlich wertlos, sondern vor allem ungerecht ist, weil nur die 12 besten Läufer um Weltcup-Punkte fahren durften, dürfte sich vor allem einer über die Übertragung vor „17.000 begeisterten Zuschauern“ (so steht es immer noch in der ARD-Mediathek) gefreut haben. Eben jene Autofirma Audi, die mittlerweile bei „Wetten, dass…“ einen Verkaufssalon eröffnet hat.

Denn unablässig wurde dem Zuschauer das Audi-Logo vor die Nase gehalten. Eigene Schwenks wurden so angelegt, dass man ohne Not das Logo auf dem Ziel-Banner sah, vorgeblich, um die sportlich wertvollen Lichtspiele zu dokumentieren. Natürlich kann man der um die Demokratie bemühten Veranstaltungs-Agentur, der gemeinnützigen S&K Marketingberatung GmbH, keinen Vorwurf machen: Ist doch Audi auch der Sponsor des gesamten Ski-Weltcups.

Die ARD wollte dagegen keine halben Sachen machen: Mehrfach wurden die Athleten in einem Audi gezeigt, der sie vom Ziel zum Start brachte. Dass es sich um einen Audi handelt, wurde bei 1:12:18 besonders plump demonstriert: Der Reporter lacht und spricht vom „Weltcup-Taxi“ , vom „Shuttledienst“ . In einem Schwenk sieht man den Fahrer am Steuer, selbst auf dem Display für die Navigation leuchtet das Audi-Logo. In hochprofessioneller Product-Placement-Manier wurden Details des Wagens eingeblendet, während sich zum Anschein der Berichterstattung die Skifahrer über die Notwendigkeiten der Demokratie absolute Nichtigkeiten unterhielten. Alle kommerziellen Elemente sind auch über die ARD-Mediathek im Internet zu sehen - obwohl es dem Sender per Gesetz verboten ist, Werbung im Internet zu schalten.

Dass solche PR-Szenen irrtümlich in eine Sendung geraten, ist unterdessen ausgeschlossen. Der Solarworld-Chef sagte dem Spiegel in entwaffnender Offenheit: „Man zahlt für die Sendesekunden.“ Entscheidend sei für ihn gewesen, dass die Carports mit Solardach, die die Zuschauer gewinnen konnten „in der Sendung einem Millionenpublikum gezeigt“ wurden. Es sei ein „Super-Sendeplatz“ gewesen, „wir hatten einen tollen Werbeeffekt.“

ARD und ZDF und die Schleichwerbung – wie würde Wasmeier sagen: „Wahnsinn, Gänsehautstimmung!“ Nicht nur bei Audi dürfte der Marketing-Erfolg „Glücksgefühle“ ausgelöst haben: Die ARD begründet die Erhebung einer Zwangsgebühr auch für Computerbesitzer damit, dass sie aufgrund ihres gesetzlichen Auftrages verpflichtet sei, überall dorthin zu gehen, wo der Zuschauer sei. Aus demokratiepolitischer Hinsicht darf hier auch für die Schleichwerbung keine Ausnahme gemacht werden.

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