Deutschland

Keiner will wie Uli Hoeneß enden: Deutsche erstatten massenweise Selbstanzeige

Die Steuerhinterziehung von Uli Hoeneß hat bei vielen Deutschen eine Panik ausgelöst: Sie haben massenweise die Finanzämter mit Selbstanzeigen zugeschüttet, um einer Strafverfolgung zu entkommen. Uli Hoeneß hat seine Verzweiflungs-Tat nicht genutzt: Er wird angeklagt.
31.07.2013 02:12
Lesezeit: 2 min

Die Zahl der Selbstanzeigen wegen Steuervergehen hat in der ersten Jahreshälfte deutlich zugenommen. Doch die Finanzämter sind darauf nicht eingerichtet. Die Bearbeitung der Selbstanzeigen kostet viel Zeit, sodass die übrigen Steuererklärungen kaum noch geprüft werden können.

In der ersten Jahreshälfte 2013 gab es so viele Selbstanzeigen wie im gesamten Vorjahr, sagte Andrea Sauer-Schnieber den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Für 2013 erwartet die stellvertretende Bundesvorsitzende der Fachgewerkschaft der Finanzverwaltung insgesamt 15.000 Selbstanzeigen. Und deren ist Bearbeitung sei zeitaufwändig.

„Da bleiben andere Dinge liegen“, sagt Schnieber, etwa die Bearbeitung von Steuererklärung: Ehrliche Steuerzahler müssten daher länger auf ihre Bescheide und auf ihre Steuerrückzahlungen warten. Das sorge mitunter für Unmut bei den Bürgern und auch bei den Beamten. Zudem könnten die Finanzämter Steuererklärungen nur stichprobenartig und bei Auffälligkeiten prüfen, so Schnieber. Sonst würden sie mit der Arbeit überhaupt nicht fertig werden.

„Selbstanzeigen lösen eine umfangreiche Ermittlungsarbeit aus“, sagt die Gewerkschafterin. Es müsse geprüft werden, ob die Selbstanzeigen vollständig seien. Dazu müsse man „zehn Jahre rückwärts ermitteln“ und alles an Einkünften überprüfen. Und wenn man unversteuerte Zinseinnahmen habe, dann könne dies bedeuten, dass auch weitere Steuern hinterzogen worden sind.

Die erhöhte Zahl der Selbstanzeigen in der ersten Jahreshälfte erklärt Schnieber vor allem mit dem Verfahren gegen den Chef des FC Bayern Uli Hoeneß, der wohl mit einem milden Urteil davonkommt (mehr hier). Doch auch der Ankauf von Steuer-CDs (hier) und die Diskussion um den automatischen Datenaustausch hätten eine Rolle gespielt.

Wenn klar werde, dass der automatische Datenaustausch tatsächlich kommt, oder wenn weitere berühmte Persönlichkeiten sich selbst anzeigen, dann „könnte dies eine Panik auslösen“, so Schnieber. Dann könnten die Finanzämter ihre Arbeit überhaupt nicht mehr bewältigen.

Schnieber hält einfachere Steuergesetze in Deutschland für unrealistisch. Sie fordert daher zur Bewältigung der Arbeit in den Finanzämtern die Schaffung von 11.000 zusätzlichen Stellen. Derzeit seien 110.000 Steuerbeamte tätig. „Wer an der Finanzverwaltung spart, der spart an den Steuereinnahmen“, so die Gewerkschafterin. Zudem fordert sie, dass der automatische Datenaustausch endlich kommt. Er würde die Arbeit der Finanzämter erleichtern.

Uli Hoeneß' Akte wird jedenfalls nun bevorzugt behandelt - allerdings nicht vom Finanzamt, sondern vom Oberlandesgericht München. Dieses will bis Ende September entscheiden, ob es dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anklageerhebung zustimmt. Kenner der Materie erwarten, dass es zu einem Prozess kommen wird.

Die Erklärung des OLG München:

Die Staatsanwaltschaft München II hat die Ermittlungen in dem Verfahren gegen Ulrich H. am 29.07.2013 abgeschlossen und am 30.07.2013 Anklage zur 5. Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) des Landgerichts München II erhoben. Die Anklage, in der dem 61jährigen Präsidenten des FC Bayern München Steuerhinterziehung zur Last gelegt wird, wurde zwischenzeitlich zugestellt.

Die 5. Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) des Landgerichts München II hat nun über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden. Angesichts des Umfangs der Ermittlungsakten sowie der Tatsache, dass der Verteidigung zunächst eine Äußerungsfrist von einem Monat zugebilligt wurde, ist mit einer Entscheidung des Gerichts über die Eröffnung voraussichtlich nicht vor Ende September 2013 zu rechnen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Bierbrauer in der Krise
23.04.2025

Eigentlich feiern die Brauer am 23. April den Tag des deutschen Bieres. Doch auch in diesem Jahr sind die Perspektiven der Branche eher...

DWN
Politik
Politik Spar- und Investitionsunion: Brüssel will die unsichtbare Zollmauer einreißen – und den Finanzsektor revolutionieren
23.04.2025

Brüssels stille Revolution: Wie Kommissarin Albuquerque den europäischen Finanzmarkt neu ordnen will – und dabei an den Grundfesten der...

DWN
Politik
Politik Putins Frontstopp: Moskaus neues Angebot könnte Trump in die Falle locken
23.04.2025

Putins überraschende Gesprächsbereitschaft trifft auf strategisches Kalkül in Washington – der Westen steht vor einer geopolitischen...

DWN
Politik
Politik Bye bye, Washington: Elon Musk will erstmal Tesla retten
23.04.2025

Elon Musk zieht sich zunehmend aus Washington zurück – und verspricht dafür Millionen autonomer Teslas. Doch die Zweifel an seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China in der Zwickmühle: Handelskrieg trifft Arbeitsmarkt – Millionen Jobs in Gefahr
23.04.2025

Die chinesische Wirtschaft wächst – zumindest auf dem Papier. Doch der Schein trügt. Hinter den offiziellen Zahlen verbirgt sich ein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Zölle treffen Chinas digitale Angriffsstrategie ins Mark: Temu und Shein vor Rückzug aus dem US-Markt
23.04.2025

US-Zölle beenden Chinas E-Commerce-Expansion – Temu und Shein geraten ins Wanken, Europas Märkte droht eine neue Importwelle.

DWN
Panorama
Panorama Frankreich: Luxusimmobilien machen das Land zum neuen Hotspot der Superreichen
23.04.2025

Frankreich, einst als Kulturnation verehrt, wird nun zunehmend zum globalen Epizentrum des Luxuskapitals. Wie aus dem aktuellen Bericht von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftliche Eskalation durch Trump-Zölle: Kommt jetzt die Wende für Europa?
22.04.2025

Zwei der einflussreichsten Ökonomen der Welt – Lawrence Summers und Olivier Blanchard – schlagen Alarm: Donald Trumps aggressiver...