Finanzen

Harakiri: Japan beschliesst Schuldenabbau durch Inflation

Lesezeit: 2 min
08.01.2013 11:59
Die Welt schaut gebannt nach Tokio: Die Japaner sind entschlossen, ihr Schulden-Problem durch eine massive Inflation zu lösen. Europa und die USA beobachten das Experiment - aus Eigeninteresse.
Harakiri: Japan beschliesst Schuldenabbau durch Inflation

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Aktuell:

Eurozone: Arbeitslosigkeit erreicht neues Rekordhoch

Die exzessive Geldpolitik Japans hat eine neue Dimension erreicht: Der japanische Finanzminister Taro Aso gab heute bekannt, dass Japan in den Europäischen Stabilitätsfonds (ESM) investieren will. Die Höhe der Investition ist noch unbekannt, die Mittel sollen einem Bericht von Bloomberg zufolge aus den ausländischen Geldwechselreserven genommen werden.

Die Investition in Europa soll dazu beitragen, den Wert des Euro zu steigern und somit noch mehr Druck auf die eigene Währung auszuüben: „Die finanzielle Stabilität Europas hilft der Stabilität der Wechselkurse, einschließlich dem des Yen“, sagte Aso. „Wegen dieser Perspektive hat sich Japan dazu entschieden, ESM-Bonds zu kaufen“.

Die erste Auktion für ESM-Bonds mit einer Laufzeit von drei Monaten hat ein Volumen von rund zwei Milliarden Euro. Sorgen um die Kreditwürdigkeit des ESM scheint sich Aso indes nicht zu machen: ESM-Bonds werden als eine genau so sichere Anlageform betrachtet wie andere europäische Staatsanleihen, verkündete Aso. Die Ankündigung Asos wird von Kritikern aufgrund des zunächst geringen Investitionsvolumens eher als taktischer Zug angesehen, der von der exzessiven Nutzung der japanischen Zentralbank ablenken soll.

Kritik kommt auch den USA: Japan solle lieber grundlegende Wirtschaftsreformen einleiten, anstatt sich nur auf günstige Wechselkurse zu konzentrieren, heißt es in einer Stellungnahme. Die japanische Wirtschaft ist im zweiten und dritten Quartal 2012 geschrumpft. Japans Exportsektor leidet zusätzlich unter einem hohen Wert des Yen (mehr hier).

Bereits am Montag wurde bekannt, dass die Zentralbank allein für Januar etwa zehn Billionen Yen (etwa 113 Milliarden Dollar) für die japanische Wirtschaft bereitstellen will. Japan ist bereits hoch verschuldet und kann dieses Problem voraussichtlich nur noch über eine Abwertung der Währung erreichen (hier). Die japanischen Staatsanleihen werden überwiegend von Japanern gehalten, daher besteht theoretisch kein Problem einer Pleitewelle in andere Länder.

Die Entwicklungen in Japan werden jedoch als Vorläufer für den Rest der Finanzwelt gewertet. Auch die USA schieben einen hohen Schuldenberg vor sich her und pumpen weitere Milliarden in die eigene Wirtschaft. In Europa genügt bislang die bloße Ankündigung der EZB, notfalls Geld zu drucken und notleidenden Staaten zu helfen, um die Märkte zu beruhigen. Die Auswirkungen der japanischen Inflation werden daher vom Rest der Welt genau beobachtet.

In Europa und den USA zeichnet sich bereits ab, dass es nicht lange so weitergehen kann: Der Anleihen-Experte Jeff Gundlach erwartet für dieses Jahr daher, dass die Preise für viele Anlageformen einbrechen werden, sobald die Zentralbanken aufhören, die Märkte zu stützen (hier).

Erste Resultate der japanischen Geldpolitik äußern sich bereits in einem Kursfall des Yen auf den tiefsten Stand seit zwei Jahren (hier). Das treibt Investoren ins Land, die sich mit Anteilen japanischer Exporteure eindecken (hier). Dadurch wächst die Gefahr einer neuen Finanzblase. Der Kurs des Yen wird vermutlich weiter fallen und die Investoren dazu veranlassen, ihr Geld rechtzeitig vor einem Crash der Währung wieder abzuziehen. Das könnte eine neue Pleitewelle in Japan auslösen und die Probleme des Landes noch verschärfen.

Weitere Themen:

Deutsche Exporte brechen ein: Minus 3,4 Prozent

Süß-saures Ende: Chinesen verlassen Italien wegen Krise

Jetzt offiziell: Es gibt keine globale Erderwärmung


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik Neue EU-Kommission: Nach heftigen Streit auf „umstrittenes“ Personal geeinigt
21.11.2024

Nach erbittertem Streit haben sich die Fraktionen im EU-Parlament auf die künftige Besetzung der Europäischen Kommission geeinigt. Warum...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit neuem Rekordhoch - geht es jetzt Richtung 100.000 US-Dollar?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag legt die wichtigste Kryptowährung direkt nach. Seit dem Sieg von Donald Trump bei...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirecard-Zivilprozess: Ein Musterkläger für 8500 Aktionäre - Kommt eine Entschädigung für Aktionäre?
21.11.2024

Holen sich Wirecard-Aktionäre jetzt eine Milliarden-Entschädigung von EY? Viereinhalb Jahre nach der Wirecard-Pleite geht es vor dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ifo-Umfrage: Industrie bewertet Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit miserabel
21.11.2024

Seit 1994 hat die Industrie ihre Lage nicht mehr so schlecht eingeschätzt, sagt das ifo Institut. Im EU-Vergleich stehen deutsche...

DWN
Panorama
Panorama Finnland startet Ermittlungen zum Kabelschaden in der Ostsee
21.11.2024

Nachdem die schwedischen Behörden bereits tätig wurden, hat nun auch die finnische Kriminalpolizei Ermittlungen zu einem Kabelschaden in...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Nach vier Jahren: Castor-Transport erreicht Deutschland
20.11.2024

Nach vier Jahren hat erstmals wieder ein Castor-Transport mit hochradioaktiven Abfällen aus dem Ausland Deutschland durchquert. Der Zug,...