Politik

Abschied vom Bargeld: EU erklärt Giro-Konto als lebensnotwendig

Lesezeit: 2 min
05.03.2013 14:58
EU und Finanzwirtschaft haben ein Auge auf 30 Millionen EU-Bürger geworfen, die kein Bank-Konto haben. Um sie zu vollwertigen Konsumenten zu machen, hat die EU nun ein „soziales Grundrecht“ auf ein Bank-Konto ausgerufen. Tatsächlich geht es um die Abschaffung des Bargelds zur Kontrolle aller privaten Transaktionen.
Abschied vom Bargeld: EU erklärt Giro-Konto als lebensnotwendig

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Finanzindustrie und Politik wollen das Bargeld abschaffen, um die Geldbewegungen der Bürger möglichst vollständig kontrollieren zu können. Alle Beteiligten wollen den gesamten Geldverkehr elektronisch regeln. Bisher wurden als Hauptgefahren des Bargelds die Geldwäsche und der internationale Terrorismus genannt.

Diese Erklärung hat sich jedoch etwas abgenutzt - vor allem seit es im Westen kaum noch spektakuläre Terror-Anschläge gibt. Und weil die wahren Gründe - Kontrolle der Bürger und ihrer Steuerzahlungen bzw. neue Umsätze für die Banken - in der Öffentlichkeit wenig populär sind, häufen sich die ideologischen Verbrämungen der autoritären Maßnahme. „Der Kampf gegen das Bargeld ist ein Kampf für die Zivilisation“, sagte neulich der Chef der Vereinigung der italienischen Banken (ABI), Giovanni Sabatini. Beppe Grillo hat ihn dafür hart kritisiert (hier).

Die EU hat den Ansatz jedoch dankbar aufgegriffen: In der EU gibt es derzeit 30 Millionen Bürger, die über kein Bankkonto verfügen. 30 Millionen Unberechenbare, Steuersünder und potentielle Kunden für die Banken. Diese Gruppe will man sich nicht entgehen lassen.

Die EU macht sich zu diesem Zweck zum Anwalt der Schwachen und zeigt sich tief betroffen über die mangelnden Möglichkeiten dieser Bürger: Sie hätten erschwerten Zugang zu Mietwohnungen, zu Handyverträgen, Internet-Shopping, Kreditkarten - kurz, es fehlt ihnen an so ziemlich allem, was sie zu modernen Menschen Konsumenten macht.

Um dies zu ändern, hat Wettbewerbs-Kommissar Michel Barnier nun das Menschenrecht Recht auf ein Bankkonto ausgerufen. Das zumindest sieht ein Gesetzesentwurf vor, der mehreren Medien zugespielt wurde. Diese - vorwiegend linken Blätter - sind auch gleich in die Falle getappt und haben das Menschenrecht Bank-Konto zu einem humantiären Anliegen erklärt.

Die EU Kommission spricht in diesem Fall vom Durchsetzen eines „sozialen Grundrechts“. Mit dem Gesetz wolle man auch die Banken dazu verpflichten, ihre Angaben zu Gebühren und Konditionen vergleichbarer und transparenter zu machen. Schön wär's, wenn es wirklich darum ginge.

Die EU will den Mitgliedsstaaten mit dem Gesetzespaket vorschreiben, den Bürgern das Grundrecht auf ein Bankkonto einzuräumen. So soll jeder Bürger Zugang zu einem Konto haben, auf das er einzahlen und von dem er abbuchen lassen kann, so lange ein Haben auf dem Konto ist. Kredite sollen jedoch nicht aufgenommen werden können. In Ausnahmefällen soll es Banken möglich sein „erschwingliche Gebühren“ zu veranschlagen. Ziel sei es jedoch, möglichst gebührenfreie Bankkonten anzubieten. Derzeit gibt es in elf Mitgliedsländern ein Recht auf ein Girokonto – in Deutschland aber beispielsweise nicht.

Der Vorteil für die EU, wenn alle EU-Bürger über ein Konto verfügen, liegt auf der Hand. Kontobewegungen sind viel leichter zu kontrollieren als Bargeld. Und die Banken haben, wenn sie ein Schlupfloch finden, die Möglichkeit mittels neuer Kunden Geld zu verdienen. Die GEZ in Deutschland hat diese Entwicklung bereits begonnen. Der neue einfache Rundfunkbeitrag kann nicht mehr bar oder mit Scheck eingezahlt werden (mehr hier).

Tatsächlich sollte sich die EU lieber Gedanken machen, ob es in Europa nicht ein Menschenrecht auf Aufklärung über Bankgeschäfte geben sollte. Es gibt wohl kaum einen Europäer, der in den vergangenen Jahren nicht festgestellt hat, dass er von seiner Bank getäuscht oder zumindest nicht ausreichend informiert wurde. Zahlreiche Klagen von frustrierten Kleinanlegern scheitern am unüberwindlichen Schutzwall des Kleingedruckten. Im für sie schlimmsten Fall kaufen sich die Banken mit lächerlichen Beträgen frei. Bei den großen Delikten - wie der Manipulation des Libor - erfolgt der Freispruch aus Brüssel, bevor die Skandale auch nur in die Nähe eines Gerichtssaals gekommen sind (hier).


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Panorama
Panorama Finnland startet Ermittlungen zum Kabelschaden in der Ostsee
21.11.2024

Nachdem die schwedischen Behörden bereits tätig wurden, hat nun auch die finnische Kriminalpolizei Ermittlungen zu einem Kabelschaden in...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Nach vier Jahren: Castor-Transport erreicht Deutschland
20.11.2024

Nach vier Jahren hat erstmals wieder ein Castor-Transport mit hochradioaktiven Abfällen aus dem Ausland Deutschland durchquert. Der Zug,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit neuem Rekordhoch - geht es jetzt Richtung 100.000 US-Dollar?
20.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch bei über 94.800 US-Dollar - die wichtigste Kryptowährung sorgt seit dem Sieg von Donald Trump bei...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Bank-Aktie klettert: Einstieg bei KI-Start-up Aleph Alpha
20.11.2024

Das Heidelberger Start-up Aleph Alpha gilt als wichtiger Akteur in der deutschen KI-Branche. Jetzt investiert die Deutsche Bank in das...

DWN
Finanzen
Finanzen Depotübertrag: Wie Sie Ihr Wertpapierdepot wechseln und dabei Geld sparen
20.11.2024

Ein Depotübertrag kann für Sie als Anleger zahlreiche Vorteile bieten, von geringeren Gebühren bis hin zu attraktiven Prämien für...

DWN
Technologie
Technologie Grüner Wasserstoff aus Saudi-Arabien: Das Megacity-Projekt Neom
20.11.2024

Saudi-Arabien strebt die globale Führungsrolle bei grünem Wasserstoff an. Für Deutschland ist das spannend - doch wie grün ist der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ford-Stellenabbau: 2.900 Jobs in Deutschland betroffen
20.11.2024

Ford investierte fast zwei Milliarden Euro in den Kölner Standort, um die Produktion von Elektroautos anzukurbeln. Obwohl diese nun vom...