Politik

Zypern zu EU-Deal: „Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt“

Lesezeit: 1 min
17.03.2013 02:11
Brüssel hat mit den Zyprioten nicht verhandelt, sagt Präsident Anastasiades. Sein Land konnte nur entweder den Einschnitt für Kontoinhaber hinnehmen, oder die EZB hätte den Geldhahn abgedreht und die Euro-Zone wäre kollabiert.
Zypern zu EU-Deal: „Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt“

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Der Präsident Zyperns Nicos Anastasiades sagt, dass seine Regierung in den Verhandlungen um den Bailout seines Landes vor vollendete Tatsachen gestellt worden sei. Er sei gezwungen worden, die Enteignung der zypriotischen Bankkonten zu akzeptieren. Bis die Banken des Landes am Dienstag wieder öffnen, werden die Guthaben um bis zu 9,9 Prozent gestutzt (mehr hier).

In einer schriftlichen Stellungnahme schrieb Anastasiades am Samstagnachmittag, dass seine Regierung unter Druck gesetzt worden sei. „Bei dem außerordentlichen Treffen der Eurogruppe standen wir vor einer Entscheidung, die bereits getroffen worden war“, zitiert ihn die Zeitung Kathimerini: „Wir wurden mit einem Fait accompli konfrontiert.“

Man sei vor die Wahl gestellt worden, so Anastasiades: Entweder werde es das Katastrophenszenario eines ungeordneten Bankrotts geben oder das Szenario eines schmerzvollen, aber kontrollierten Krisenmanagements, „das ein definitives Ende der Unsicherheit und einen Neustart für die Wirtschaft bringt“, so der Präsident. Man habe eine weitere Rezession verhindert.

Die tiefe wirtschaftliche Krise und die Notlage des Landes seien nicht erst mit seiner Regierungsübernahme gekommen. Doch die Notlage verbiete es ihm, und allen anderen, einen Sündenbock zu suchen, so Anastasiades.

Der Präsident zählt die möglichen Folgen einer Entscheidung für einen ungeordneten Bankrott auf. Beide zypriotischen Krisenbanken würden bankrottgehen, was sofort 8.000 Familien in die Arbeitslosigkeit führen würde. Zypern müsste daraufhin die Bankkunden entschädigen, wofür das Land etwa 30 Milliarden Euro benötigen würde, die Zypern jedoch nicht habe. Die Kontoinhaber würden daher in diesem Szenario viel höhere Verluste von hinnehmen müssen, so der Präsident.

In diesem Szenario würde das gesamte Bankensystem des Lands zusammenbrechen, mit allen Konsequenzen, so Anastasiades. Tausende kleinerer und mittlerer Unternehmen würden in den Bankrott getrieben. Daraufhin würde der Dienstleistungssektor zusammenbrechen. Ein Austritt aus dem Euro wäre möglich. Dies würde die Währung des Landes um mindestens 40 Prozent entwerten, so Anastasiades. Daher sei das kontrollierte Krisenmanagement die richtige Entscheidung gewesen.

Am Sonntag will Anastasiades sich mit einer Fernsehansprache an das zypriotische Volk wenden.

Doch noch zittert die zypriotische Regierung, ob ihre Entscheidung vom zypriotischen Parlament abgesegnet wird. Denn ohne Stimmen aus dem gegnerischen Lager hat Anastasiades dort keine Mehrheit. Das Parlament muss bis Montagabend entschieden haben, denn am Dienstag machen die Banken wieder auf.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit neuem Rekordhoch - geht es jetzt Richtung 100.000 US-Dollar?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag legt die wichtigste Kryptowährung direkt nach. Seit dem Sieg von Donald Trump bei...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...

DWN
Politik
Politik Neue EU-Kommission: Nach heftigen Streit auf „umstrittenes“ Personal geeinigt
21.11.2024

Nach erbittertem Streit haben sich die Fraktionen im EU-Parlament auf die künftige Besetzung der Europäischen Kommission geeinigt. Warum...