Politik

Schweiz drosselt Zuwanderung für Gastarbeiter aus Deutschland

Die Regierung hat beschlossen, in Zukunft weniger Aufenthaltsgenehmigungen zu erteilen. Grund dafür ist die prekäre Lage am Arbeitsmarkt. Schon seit Anfang Mai beschränkt die Schweiz die Zuwanderung aus Osteuropa. Die Schweiz fürchtet zu viele Einwanderer aus dem EU-Raum.
17.05.2013 01:41
Lesezeit: 2 min

Seit Mittwoch ist klar: Die Ventilklausel für die EU-17 Staaten muss angewendet werden. Das bedeutet, dass die Schweiz ab dem 1. Juni des laufenden Jahres bis zum 31.5.2014 weniger Arbeitskräften eine Aufenthaltsbewilligung erteilt. Ursprünglich war die Ventilklausel nur für die acht osteuropäischen Mitgliedstaaten: Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Nun sind auch Einwanderer aus Deutschland, den zentral-europäischen Staaten, Großbritannien und Skandinavien von der Regelung betroffen.

„Tatsache ist, dass sowohl die Wohnungsmieten als auch der Verkehr in den letzten Jahren zugenommen haben. Ob dies allerdings auf die Zuwanderung zurückzuführen ist, ist umstritten. Der Bundesrat hat deshalb verschiedene Prüfaufträge erteilt. Resultate werden erst in mehreren Monaten erwartet“, sagte Michael Glauser vom Bundesamt für Migration den Schweizer Mittelstands Nachrichten.

Die Regierung hat für die Einwanderung aus den EU-17 Staaten einen Schwellenwert von 56.268 Aufenthaltsbewilligungen festgelegt. Da dieser Wert seit Mittwoch überschritten ist, wird die Anzahl der „B-Bewilligungen auf rund 53‘700 Bewilligungen beschränkt“, heißt es in einer Pressemitteilung der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

Diese Anzahl entspreche den durchschnittlich erteilten B-Bewilligungen der drei vorangegangenen Jahre plus fünf Prozent. Die Bewilligungen werden anteilsmäßig pro Quartal freigeschaltet. Mit einer B-Bewilligung darf man sich fünf Jahre lang in der Schweiz aufhalten. Nur noch die L-Bewilligungen, also Aufenthalte bis maximal ein Jahr, werden unbegrenzt vergeben.

Für die osteuropäischen Staaten gilt die Ventilklausel schon seit dem ersten Mai. Das hat zur Folge, dass in den nächsten zwölf Monaten etwa 5.000 Menschen weniger in die Schweiz einreisen dürfen, als im vergangenen Jahr. Im April war die Schweizer Regierung unter Druck geraten, die im Mai ablaufende Frist für die EU-8 zu verlängern.

In einem Atemzug wurde die Ventilklausel auch auf den Rest Europas ausgeweitet. Der Hintergrund: Die Regierung will gegen unkontrollierte Masseneinwanderung vorgehen. Die größten Einwanderungsgruppen stammen aus Deutschland, Italien, Portugal und Frankreich. Aus den EU-17 Staaten ist die Zahl der Einwanderer in die Schweiz im vergangenen Jahr um 7,9 Prozent gestiegen.

„Gegenwärtig sind mehrere Volks-Initiativen pendent, die die Zuwanderung beschränken wollen“, sagte Glauser. „Zudem wird mit Kroatien über eine Ausdehnung des FZA (Freizügigkeitsabkommen) verhandelt. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.“

Die Schweiz ist ein Einwanderungsland. Kontrollierte Einwanderung von Fachkräften kann der Wirtschaft nutzen. Masseneinwanderung hingegen kann auch negative Effekte, wie z.B. den Anstieg der Mietpreise, mit sich bringen. Die Wirkung des Ventils lässt jedoch zu wünschen übrig: Durch die Klausel wird die Zahl der Einwanderer aus den EU-17 Staaten nur um 3.000 reduziert. 

Außerdem gilt ab Juni des kommenden Jahres die volle Freizügigkeit für Migranten innerhalb der EU. Die Ventilklausel fällt dann weg. Künftig kann die Regierung die Einwanderung also nicht mehr in dem Umfang kontrollieren und gibt somit Souveränität an die EU ab. Die Schweiz kenne das duale System, so Glauser. Man hält sich also an das FZA. „Außerhalb der EU wird die Zuwanderung aus den Drittstaaten mittels Kontingenten geregelt“.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie KI-Gigafactory: Telekom, Ionos und Schwarz-Gruppe kämpfen um EU-Zuschlag
19.06.2025

Mehrere Milliarden Euro und ein strategisches Zukunftsprojekt: Die EU will Gigafactories für künstliche Intelligenz aufbauen – auch in...

DWN
Finanzen
Finanzen Israel-Iran-Krieg: Tanker in der Schusslinie – droht der nächste Ölpreis-Schock?
19.06.2025

Der Krieg zwischen dem Iran und Israel spitzt sich zu – und die globale Energieversorgung steht auf dem Spiel. Droht bald ein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stromausfall in Spanien: Schlamperei statt Cyberangriff – Systemversagen mit Ansage
19.06.2025

Ein landesweiter Stromausfall legt Spanien lahm – doch nicht Hacker oder Wetter waren schuld, sondern Schlamperei, Planungsversagen und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Duale Berufsausbildung: Das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
19.06.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell, da sie die theoretische Ausbildung mit praktischer Erfahrung im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Russland steht vor der Rezession
19.06.2025

Russlands Wirtschaftsminister schlägt auf dem renommierten SPIEF-Forum ungewöhnlich scharfe Töne an – und warnt offen vor einer...

DWN
Technologie
Technologie Irans Kryptobörse zerstört: Hacker vernichten 90 Millionen Dollar im Cyberkrieg
19.06.2025

Irans größte Kryptobörse wird zum Ziel eines digitalen Präzisionsschlags: Hacker entwenden nicht nur 90 Millionen Dollar in...

DWN
Politik
Politik Nahostkonflikt aktuell: Drei Szenarien für den Kriegseintritt der USA
19.06.2025

Während in Israel die Sirenen heulen und iranische Raketen fliegen, plant Donald Trump den nächsten Schritt. Drei Szenarien liegen auf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stromkosten im Vergleich: Hier laden Europas E-Autofahrer am günstigsten
19.06.2025

Die Preisunterschiede beim Laden von Elektroautos in Europa sind enorm. Deutschland ist am teuersten. Eine neue Analyse zeigt, wo...