Seit Mittwoch ist klar: Die Ventilklausel für die EU-17 Staaten muss angewendet werden. Das bedeutet, dass die Schweiz ab dem 1. Juni des laufenden Jahres bis zum 31.5.2014 weniger Arbeitskräften eine Aufenthaltsbewilligung erteilt. Ursprünglich war die Ventilklausel nur für die acht osteuropäischen Mitgliedstaaten: Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Nun sind auch Einwanderer aus Deutschland, den zentral-europäischen Staaten, Großbritannien und Skandinavien von der Regelung betroffen.
„Tatsache ist, dass sowohl die Wohnungsmieten als auch der Verkehr in den letzten Jahren zugenommen haben. Ob dies allerdings auf die Zuwanderung zurückzuführen ist, ist umstritten. Der Bundesrat hat deshalb verschiedene Prüfaufträge erteilt. Resultate werden erst in mehreren Monaten erwartet“, sagte Michael Glauser vom Bundesamt für Migration den Schweizer Mittelstands Nachrichten.
Die Regierung hat für die Einwanderung aus den EU-17 Staaten einen Schwellenwert von 56.268 Aufenthaltsbewilligungen festgelegt. Da dieser Wert seit Mittwoch überschritten ist, wird die Anzahl der „B-Bewilligungen auf rund 53‘700 Bewilligungen beschränkt“, heißt es in einer Pressemitteilung der Schweizerischen Eidgenossenschaft.
Diese Anzahl entspreche den durchschnittlich erteilten B-Bewilligungen der drei vorangegangenen Jahre plus fünf Prozent. Die Bewilligungen werden anteilsmäßig pro Quartal freigeschaltet. Mit einer B-Bewilligung darf man sich fünf Jahre lang in der Schweiz aufhalten. Nur noch die L-Bewilligungen, also Aufenthalte bis maximal ein Jahr, werden unbegrenzt vergeben.
Für die osteuropäischen Staaten gilt die Ventilklausel schon seit dem ersten Mai. Das hat zur Folge, dass in den nächsten zwölf Monaten etwa 5.000 Menschen weniger in die Schweiz einreisen dürfen, als im vergangenen Jahr. Im April war die Schweizer Regierung unter Druck geraten, die im Mai ablaufende Frist für die EU-8 zu verlängern.
In einem Atemzug wurde die Ventilklausel auch auf den Rest Europas ausgeweitet. Der Hintergrund: Die Regierung will gegen unkontrollierte Masseneinwanderung vorgehen. Die größten Einwanderungsgruppen stammen aus Deutschland, Italien, Portugal und Frankreich. Aus den EU-17 Staaten ist die Zahl der Einwanderer in die Schweiz im vergangenen Jahr um 7,9 Prozent gestiegen.
„Gegenwärtig sind mehrere Volks-Initiativen pendent, die die Zuwanderung beschränken wollen“, sagte Glauser. „Zudem wird mit Kroatien über eine Ausdehnung des FZA (Freizügigkeitsabkommen) verhandelt. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.“
Die Schweiz ist ein Einwanderungsland. Kontrollierte Einwanderung von Fachkräften kann der Wirtschaft nutzen. Masseneinwanderung hingegen kann auch negative Effekte, wie z.B. den Anstieg der Mietpreise, mit sich bringen. Die Wirkung des Ventils lässt jedoch zu wünschen übrig: Durch die Klausel wird die Zahl der Einwanderer aus den EU-17 Staaten nur um 3.000 reduziert.
Außerdem gilt ab Juni des kommenden Jahres die volle Freizügigkeit für Migranten innerhalb der EU. Die Ventilklausel fällt dann weg. Künftig kann die Regierung die Einwanderung also nicht mehr in dem Umfang kontrollieren und gibt somit Souveränität an die EU ab. Die Schweiz kenne das duale System, so Glauser. Man hält sich also an das FZA. „Außerhalb der EU wird die Zuwanderung aus den Drittstaaten mittels Kontingenten geregelt“.