Deutschland

Obama bei Merkel: Politische Führer ohne Volk

Lesezeit: 2 min
19.06.2013 13:58
Obamas Berlin-Besuch verläuft kalt und inhaltsleer. Der einstige Hoffnungsträger hat sich von jeder Art von Volk komplett abgeschirmt. Er hat die Stadt für zwei Tage als sein Büro okkupiert. Das einzige, was die Bürger hautnah erleben, ist die Arroganz der Macht - die letzte Schutzhülle einer von den Finanz-Eliten gänzlich abhängigen, internationalen Politik.
Obama bei Merkel: Politische Führer ohne Volk

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Fast genau fünf Jahre nach seinem ersten Besuch in Berlin ist Obama wieder in Berlin. Doch es ist ein ganz anderer Obama, den die staunende Öffentlichkeit erlebt. Obama ist in seiner zweiten Legislaturperiode als Präsident der Vereinigten Staaten. Für etwas mehr als 24 Stunden gilt die höchste Sicherheitsstufe in der deutschen Hauptstadt, das Protokoll Obamas ist minutiös durchgeplant. Die Stadt ist abgeriegelt, wer sein Fahrrad an der falschen Stelle abstellt - was man natürlich vorher nicht weiß - kann das Gerät hinterher suchen. Die S-Bahnen werden willkürlich unterbrochen. Niemand kann sich frei bewegen.

Und doch bekommen die mürrischen Berliner den Präsidenten nicht zu sehen.

Denn die Rede vor dem Brandenburger Tor wird er nicht, wie vor acht Jahren, vor leicht hysterischen 200.000 Schaulustigen an der Siegessäule halten, sondern vor 4.000 geladenen Gästen. Während seiner Rede wird er übrigens hinter einer kugelsicheren Scheibe stehen.

Handverlesen und sicherheitsgecheckt.

Obama ist nicht gekommen, um vor den Deutschen eine richtungweisende Rede zu halten. Er ist gekommen, um sich mit Bundeskanzlerin Merkel zu treffen.

Er soll Merkel die Freihandelszone schmackhaft machen. Die Freihandelszone zwischen den USA und der EU ist ein wichtiges Projekt der Finanz-Eliten. Es soll den Handel ankurbeln, ist die offizielle Version. Tatsächlich dient die Freihandelszone US-Interessen. Angela Merkel wird sich diesen Interessen nicht in den Weg stellen. Sie hat Wichtigeres zu tun, muss im September eine Bundestagswahl schlagen.

Auch darauf nimmt das Protokoll Rücksicht: Ein paar Minuten seiner kostbaren Zeit erhält auch der SPD-Kanzlerkandidat Steinberg Steinbrück.

Das Volk wird den Präsidenten nicht zu Gesicht bekommen.

Denn Obama ist kein Präsident des Volkes, sondern eine Erfindung der Eliten, wie das der oberste Richter der USA, Clarence Thomas neulich erklärt hat (mehr hier).

Immerhin ein paar Kinder aus der 6. Jahrgangsstufe der Berliner JFK-Schule wurden ausgelost, um im Bellevue-Park deutsche und amerikanische Plastikfähnchen zu schwenken und Obama und Gauck einmal die Hand zu schütteln - ein Bild für Medien, ganz und gar ohne Bedeutung. Reine Routine.

Selten konnten man bei einem Politiker so deutlich sehen, was passiert, wenn der Lack ab ist. Der Prism-Skandal, die Weiterführung von Guantanamo und auch die Unsicherheit bezüglich der Entwicklungen in Syrien tragen dazu bei. Schon vor Obamas Anreise am Dienstagabend demonstrierten zahlreiche Menschen in Berlin und machten ihren Unmut über Obamas Politik Luft.

Waren es vor fünf Jahren noch die Fans, die für Obama auf die Straße gingen, sind es heute die Gegner: Seit Mittwochmorgen sind wieder Demonstranten auf dem Potsdamer Platz unterwegs. Unweit des Regierungsviertels sollen am Mittwochmittag außerdem mehrere Mitglieder der Femen-Aktivisten verhaftet worden sein.

Diese Proteste interessieren Obama nicht. Er ist kein Präsident des Volkes – weder des amerikanischen, und schon gar nicht ein Freund der Deutschen. Die Deutschen sind ihm völlig gleichgültig. Der US-Botschafter in Berlin ist ein ehemaliger Goldman Sachs-Banker. Der redet über Geld und Investments. Nicht über die Leute (mehr über das Goldman Sachs-Netzwerk in der Politik - hier).

Goldman Sachs ist wichtig für Obama und Merkel: Die Investment-Bank sagt den Politikern, wie man mit Milliarden umgeht.

Mit Milliarden Schulden.

Die Obama und Merkel für ihrer Völker bei den Banken haben auflaufen lassen. Und die, wie alle Investoren, ihr Geld irgendwann wieder haben wollen.

Barack Obama ist der Präsident der Finanzeliten, die ihm gerade viel Druck bereiten, weil seine Performance nicht stimmt (mehr zu den gespenstischenHintergründen – hier).

Obamas Besuch in Berlin ist eine Arbeits-Mission.

Daher wird die ganze deutsche Hauptstadt zu seinem Büro degradiert, in Beschlag genommen, in einer beispiellosen bürokratischen Arroganz. Obama hat das Oval Office ans Brandenburger Tor verlegt. Geheimniskrämerei, Sicherheit, ein wenig Show. That's it for Berlin.

Merkel und Obama können mit ihren Völkern nichts anfangen. Sie verstehen "die Menschen da draußen" nicht, wollen sich die Leute vom Leib halten.

So sieht dann auch ihre Politik aus.

Es ist eine Politik für die Eliten, nicht für das Volk.

In Nordirland wurden für den G8-Gipfel die Schaufenster von leeren Läden angeblich mit Foto-Attrappen geschmückt, die, wie ein potemkinsches Dorf, den Eindruck von Leben und Vitalität erwecken sollte.

Das wenigstens hat man von den Berlinern nicht verlangt.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kampf gegen Monopole: Europas Schlüsselrolle im Kampf gegen Big Tech und für den Klimaschutz
21.12.2024

Teresa Ribera steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Die sozialistische Vizepremierministerin Spaniens wurde im September von der...

DWN
Finanzen
Finanzen Nach Trumps missglücktem Finanztrick: Stillstand der US-Regierung doch noch abgewendet
21.12.2024

Der US-Kongress hat einen drohenden Stillstand der Regierungsgeschäfte im letzten Moment abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus...