Die deutsche Solar-Industrie steckt tief in der Krise. Tausende Arbeitsplätze gehen verloren, vor allem in Ostdeutschland. Große Firmen wie Q-Cells und Sovello aus Bitterfeld oder das Berliner Unternehmen Inventux gingen in Insolvenz. Andere mussten Stellen abbauen und Standorte aufgeben, wie etwa Solar First in Frankfurt an der Oder.
Zuletzt gab der Elektro-Konzern Bosch seinen kompletten Ausstieg aus dem Solargeschäft bekannt. Falls sich kein Investor für das Werk in Arnstadt (Thüringen) findet, verlieren dort weitere 1.600 Mitarbeiter ihren Job, berichtet die MZ. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums sind rund die Hälfte der einst 4.500 Branchen-Arbeitsplätze weggebrochen. Zudem sind viele Zulieferer aus der Glasindustrie und dem Maschinenbau von den Solarzellen-Herstellern abhängig.
Aufgrund dieses Niedergangs forderten das Land Thüringen und die Linke bereits mehrfach einen Solargipfel. Die Interessenvertreter aller Beteiligten Gruppen sollen an einen Tisch gebracht werden, um über Maßnahmen gegen einen weiteren Stellenabbau zu beraten. Das FDP-geführte Bundeswirtschaftsministerium erteilt dieser Forderung nun aber eine klare Absage. Das geht aus der Antwort von Staatssekretär Stefan Kapferer auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten der Linken, Jan Korte, hervor. „Nach Einschätzung der Bundesregierung kann das Problem bestehender weltweiter Überkapazitäten nicht durch einen Solargipfel in Ostdeutschland gelöst werden“, heißt es darin.
In der Vergangenheit hätte die Solarindustrie viel zu wenig auf Innovation gesetzt. Gefördert von Milliarden aus dem Steuertopf. Nun müsse der Wettbewerb gestärkt werden, unter anderem auch durch eine grundlegende Reformierung des Erneuerbare Energien-Gesetzes, schreibt Kapferer. Korte kritisiert diese Ablehnung eines Solargipfels. „Die Bundesregierung ergreift nicht nur keine Maßnahmen, sie will auch noch nicht mal mit den Betroffenen vor Ort darüber sprechen“, sagte der Abgeordnete der Linken.
Bereits in der Debatte um die umstrittenen Strafzölle auf billig produzierte Solar-Panele aus China stellte sich die Bundesregierung nicht auf die Seite der deutschen Hersteller. Gegen ihren Willen beschloss die EU-Kommission die Einführung der Importbeschränkungen. Handelskommissar Karel de Gucht bezeichnete die Zölle als Notmaßnahme, um die strauchelnde Solarindustrie in Europa wiederzubeleben. Die Bundesregierung befürchtet hingegen, dass durch einen somit provozierten Handelskrieg mit China sehr viel mehr Arbeitsplätze verloren gehen könnten, als die nun gefährdeten bei den Solar-Bauern.
Andere Branchen mit mehr Gewicht und Einfluss, etwa die Auto-Industrie, können im Zweifelsfall auf die tatkräftige Unterstützung der Bundesregierung zählen (hier). Anders ist die Situation bei Sektoren ohne starke Fürsprecher in den Reihen der schwarz-gelben Koalition, wie die Solarbranche. Hier werden wirtschaftspolitische Überzeugungen betont, allen voran die Forderung nach Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit. Sind Branchen mit starken Lobby-Gruppen betroffen, sieht man über diese Grundsätze oft genug großzügig hinweg.