Am Freitag begann der Verkauf des neuen iPhones von Apple. Erstmals werden von einem Handy die Fingerabdrücke eingelesen, was der Identifikation des Besitzers dienen soll. Doch die Kunden liefern sich damit auch einer zusätzlichen Überwachung aus, denn die Skandale der letzten Monate haben gezeigt, dass die Geheimdienste Zugriff auf die Handys haben.
Vor den Apple-Stores in vielen Ländern der Welt bildeten sich am Freitag lange Schlangen. Das Interesse an den iPhones ist offenbar ungebrochen, auch wenn die Preise nach wie vor relativ hoch sind. Neben dem Betriebssystem IOS 7 und einigen Verbesserungen der Hardware ist die entscheidende Innovation des neuen iPhone 5s die Erkennung des Fingerabdrucks. Das 5c hingegen setzt auf Farbe.
Die Home-Taste des iPhones kann den Fingerabdruck einlesen, und wenn es der Fingerabdruck des Besitzers ist, wird das Gerät entsperrt. Dies soll die Sicherheit erhöhen. Bis zu fünf vertrauenswürdige Fingerabdrücke können gespeichert werden. Dies dauert nur wenige Minuten. Die Verifizierung des rechtmäßigen Benutzers funktioniert schnell und bequem.
Nach den Überwachungsskandalen der letzten Monate ist klar, dass die Geheimdienste über eine Hintertür Zugriff auf die Apple-Server haben. Es besteht also offenbar Grund zur Sorge, dass sie nun Datenbanken mit den Fingerabdrücken der Bürger anlegen, so wie sie ohne Verdacht Datenbanken mit E-Mails und anderen Daten angelegt haben.
Zwar sollen die Fingerabdrücke nicht auf den Apple-Servern gespeichert werden, sondern nur verschlüsselt auf den iPhones selbst, berichtet Daring Fireball. Doch dies ist wenig beruhigend, denn in den letzten Monaten ist bekannt geworden, dass die Geheimdienste sich auch aktiv in Geräte hacken, um an Daten zu gelangen oder Zugriff auf das eingebaute Mikrofon oder die Kamera erhalten (hier).
Aus den Dokumenten des Whistle-Blowers Edward Snowden geht hervor, dass sich das NSA intensiv für Smartphones interessiert. Denn die Mini-Computer enthalten alle wichtigen Daten über einen Menschen. Bei der NSA gibt es spezielle Teams für die verschiedenen Smartphone-Betriebssysteme, darunter Apples IOS, berichtet der Spiegel.
Dabei nutzt die NSA die Sorglosigkeit der iPhone-Besitzer aus. In einer NSA-Präsentation wird dies als „Nomophobia“ bezeichnet. Dies steht für „no mobile phobia“ (keine Angst bei mobilen Geräten). Alles, worüber die iPhone-Nutzer sich Gedanken machen, sei ein guter Empfang. In Anspielung auf den Roman „1984“ von George Orwell heißt es in einer NSA-Präsentation über den Apple-Mitgründer Steve Jobs: „Wer hätte 1984 gedacht, dass das der Große Bruder sein wird?“
Aus den Dokumenten geht hervor, dass die NSA auf eine Vielzahl von Daten zugreifen kann, die auf iPhones gespeichert sind. Als Beispiele für gestohlene Daten finden sich in den NSA-Dokumenten zahlreiche Fotos, die mit iPhones aufgenommen wurden. Doch auch Kontaktlisten, Anruflisten, besuchte Standorte oder Textmitteilungen sind für die NSA von Interesse.
Aus den Dokumenten geht hervor, dass die NSA die Überwachung der iPhones mittels kleiner Programme durchführt, sogenannter Scripts. Vor allem die Standortermittlung ist für die NSA nützlich. Die macht das iPhone zu einer Art Radar: Denn mit dem neuen Betriebs-System IOS 7, das sich in dieser Wochen Millionen argloser Nutzer freudig heruntergeladen haben, können iPhone-Benutzer die Geräte anderer Nutzer aufspüren.
Es wäre theoretisch denkbar, dass auch die Power-User von der NSA und den anderen Geheimdiensten gelegentlich ein iPhone verwenden. Für sie ist dieser Dienst sehr praktisch - vor allem, weil sie in die Ortungen nachvollziehen kann, die Millionen nützlicher Idioten unbedarfter Handy-Benutzer auswertet.
Zudem speichern die iPhones nicht nur den aktuellen Standort, sondern liefern auch frühere Standorte. Denn die meisten Nutzer stimmen der Speicherung ihrer Standortdaten leichtfertig zu, wenn sie von ihrem iPhone gefragt werden.
Die meisten iPhone-Nutzer haben sich offenbar kaum davon beeindrucken lassen, dass die NSA auf ihre Handys zugreifen kann. Da stört es sie auch nicht, dass nun möglicherweise ihre Fingerabdrücke in den großen Datenbanken der Geheimdienste gespeichert werden. Die Freude an der beeindruckenden Technik wiegt stärker.