Seit Jahren besteht ein wesentlicher Teil des Geschäftsmodells der Finanzindustrie darin, mit Manipulationen, Schrottpapieren und undurchschaubaren Derivaten Milliarden-Profite zu machen (wie etwa beim Libor-Skandal – hier) und damit tausende Kleinanleger in den Ruin zu trieben, indem sie diesen die risikoreiche Papiere andrehen. Nun hat sich der Spieß einmal umgedreht. Derzeit muss sich ein 52-jähriger Mann vor Gericht verantworten, weil er sich bei mehreren Banken Kredite in Höhe von insgesamt etwa zwei Millionen Euro erschwindelt hat. Kredite, die er weder hätte erhalten dürfen noch hätte zurückzahlen können.
Wie die Saarbrücker Zeitung berichtet, wird dem Mann vorgeworfen, in elf Fällen Kreditbetrug verübt zu haben. In nur neun Monaten soll er bundesweit bei elf Banken – von der Dresdner Bank bis hinzu Sparkassen und Volksbanken – mit gefälschten Papieren an die Kredite gekommen sein. Davon habe der Mann aus Saarbrücken 20 Wohnungen und ein Mehrfamilienhaus gekauft.
Zum Zeitpunkt der Tat arbeitete der gelernte Industriekaufmann im Vertrieb eines Autohauses, wo er bis zum Ausscheiden im Jahr 2007 etwa 84.000 Euro verdiente, sagte der Angeklagte vor Gericht. Als er beispielsweise im Februar aber bei einer Bank einen Kredit in Höhe von 230.000 Euro für den Kauf von zwei Wohnungen beantragt hatte, gab er beispielsweise zum Nachweis seiner Zahlungsfähigkeit einen gefälschten Beleg über Jahreseinkünfte in Höhe von 131.000 Euro für 2003 ab. Nach dem Kauf der zwei Wohnungen wurde die Bank zur Sicherheit ins Grundbuch eingetragen. Bei anderen Banken soll der Beschuldigte ähnlich vorgegangen sein.
Wollte eine der Banken neben der Immobilie, die mit ihren ausgegeben Kredit gekauft wurde, eine weitere Sicherheit haben, habe er auf eine Lebensversicherung verwiesen, so die Saarbrücker Zeitung. Die Raten für die Versicherung wurden jedoch genauso wenig bezahlt wie für die Kredite. Darlehen in Höhe von ca. 2,1 Millionen Euro soll er sich so erschlichen haben.
Der Einsatz von Schrottpapieren erinnert frappierend an die Methoden der Investment-Banken bei der US-Immobilienkrise, wo im Grunde ebenfalls nicht vorhandene (= schöngefärbte) Sicherheiten zum Aufbau eines gigantischen Schneeball-Systems dienten. Außer einigen Symbolverurteilungen ist weltweit kaum ein Banker für diese Methoden belangt worden, im Gegenteil: Durch staatliche Bailouts ging das Schneeball-Spielen (auch Ponzi-Schema genannt, nach dem Erfinder der Derivate, dem Italiener Carlo Ponzi) weiter und bescherte den Verursachern nach der Krise satte Boni.
Im Februar 2006 seien die verschiedenen Kreditfinanzierungen dann nacheinander geplatzt. Aber die Banken konnten ihren dadurch entstandenen Schaden nicht über die von dem Mann gekauften Immobilien ausgleichen. Diese waren letztlich weniger wert als der Preis, zu dem der Angeklagte diese gekauft hatte. So blieben die Finanzinstitute auf einem Schaden in Höhe von 1,2 Millionen Euro sitzen.
Dass der Angeklagte im Falle einer Verurteilung jedoch für die Verluste der Banken aufkommen kann, ist unwahrscheinlich. Er hat Privatinsolvenz angemeldet, seinen Arbeitsplatz verloren und lebt von Hartz IV. Mit einem Urteil wird frühestens im März gerechnet, bei einer Verurteilung droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe.
Fazit: Too small to fail gibt es eben doch nicht.