Deutschland

Rundfunkgebühr zwingt Bürger zur Einrichtung eines Girokontos

Lesezeit: 2 min
19.01.2013 02:04
Die neue Rundfunkgebühr hat einen interessanten Nebeneffekt: Die Bürger werden dadurch unauffällig gezwungen, ein Girokonto zu führen. Eine Bareinzahlung oder eine Zahlung per Scheck ist nicht möglich. Damit ist die neue GEZ nicht bloß eine Demokratie-Abgabe, sondern auch eine Banken-Abgabe.
Rundfunkgebühr zwingt Bürger zur Einrichtung eines Girokontos

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Die neue Rundfunkgebühr bringt, gewissermaßen nebenbei, einen zusätzliche Zwang für die Bürger mit sich: Im Paragraph 10 der bisher nur vom MDR veröffentlichten „Satzung des Mitteldeutschen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge“ wird die Bezahlung geregelt.

Hier heißt es:

§ 10

Zahlungen

(1) Der Beitragsschuldner hat die Rundfunkbeiträge auf seine Gefahr auf das Beitragsabwicklungskonto ARD/ZDF/Deutschlandradio bei Banken oder Sparkassen zu leisten.

(2) Der Beitragsschuldner kann die Rundfunkbeiträge nur bargeldlos mittels folgender Zahlungsformen entrichten:

1. Ermächtigung zum Einzug mittels Lastschrift bzw. künftiger SEPA Basislastschrift,

2. Einzelüberweisung,

3. Dauerüberweisung.

(3) Die Kosten der Zahlungsübermittlung einschließlich eventueller Rücklastschriftkosten hat der Beitragsschuldner zu tragen.

(4) Der Beitragsschuldner ist verpflichtet, die von ihm zu Lasten seines Bankkontos geleisteten Zahlungen der Rundfunkbeiträge zu überprüfen und etwaige Einwendungen geltend zu machen.

Eine Einzahlung in bar oder per Scheck ist nicht möglich, bestätigt eine WDR-Sprecherin den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Damit führt die GEZ-Nachfolge zu einer Verpflichtung für die Bürger, bei irgendeiner Bank ein Bankkonto zu führen. Dies ist insofern interessant, als dass es eine solche Verpflichtung bisher in Deutschland nicht gegeben hat. Diese betrifft jeden, der eine Wohnung hat. Außerdem betrifft es Nicht-Deutsche, die in Deutschland eine Wohnung haben.

Insbesondere bei Auslandsüberweisungen kann die Gebühr damit deutlich höher werden. In der Regel verlangen die Banken für Auslandsüberweisungen zum Teil erhebliche Gebühren. Wenn jemand also beispielsweise zwei Wohnsitze hat, muss er natürlich für seinen Wohnsitz in Deutschland zahlen. Der Bürger kann sich die Bank-Gebühr nicht sparen, indem er sich entscheidet, den Rundfunkbeitrag bar einzuzahlen. Juristen könnten hier einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz erkennen - weil der Bürger mit einem Konto im Ausland keine Möglichkeit hat, sich die Überweisungs-Kosten zu sparen und damit faktisch einen höheren Rundfunkbeitrag zahlen muss als derjenige, der im Inland ein Konto unterhält.

Dasselbe gibt bei einer Banküberweisung, die als Einzahlung zu Lasten Dritter vorgenommen wird. Diese ist möglich, auch wenn man kein Konto hat. Sie kostet jedoch bis zu 10 Euro Gebühr bei der Bank, wodurch sich ein tatsächlich höherer Rundfunkbeitrag ergibt.

Die neue Gebühr führt außerdem indirekt dazu, Zahlungen an die öffentlich-rechtlichen Sender einer detaillierten elektronischen Kontrolle zu unterwerfen. Dies ist auch insoweit interessant, als die MDR-Satzung ausdrücklich festlegt, dass Dritte den Sendern beim Eintreiben der Gebühr helfen können. Die Unternehmen, die den Sendern vorschweben, sind dort nur beispielhaft aufgezählt. Dies bedeutet, dass theoretisch auch Banken zur Mitwirkung an der Eintreibung herangezogen werden könnten.

Dies ist bei gegenwärtiger Rechtslage zwar kaum durchzusetzen, zeigt aber die Richtung, in die die Zwangsgebühr geht: Die Behörden wollen den gläsernen Bürger. Sie folgen damit einem Trend, der sich schon seit einiger Zeit abzeichnet. Erst kürzlich hatte ein italienischer Bank-Manager die komplette Abschaffung des Bargeldes gefordert und gesagt, erst wenn das Bargeld komplett verschwunden sei, habe die Gesellschaft einen wahrhaft zivilisierten Zustand erreicht (hier). Unter dem Vorwand, die Steuerhinterziehung bekämpfen zu wollen, soll den Bürgern die Freiheit genommen werden, frei über einen Zahlungsmodus entscheiden zu können.

Ob die Verpflichtung zur Führung eines Giro-Kontos auch rechtlich durchsetzbar ist, ist eine andere Frage. Es wäre interessant zu sehen, was passieren würde, wenn Millionen Bürger sich entschlössen, zu den Beitragsstellen zu gehen und die Bar-Einzahlung auf Euro und Cent genau anbieten würden (um den Behörden die Ausrede, dass man nicht wechseln könne, zu ersparen).

Damit würden die Bürger ihren Zahlungswillen bekunden. Wenn die Sender das Geld nicht annehmen, ist das eigentlich nicht das Problem der Zahlungswilligen. Ganz abgesehen davon, dass es vermutlich zu interessanten Gesprächen käme, wenn die Bürger auf der Zahlung beharren – und sich die Behörde weigert, den Beitrag in bar entgegenzunehmen. Wird dieser Vorgang dokumentiert, gibt es vermutlich einiges Nachdenken bei den Juristen im Klagefall.

Die Banken wird die neue Regelung jedenfalls freuen: Jeder Euro, der bei der Bank landet, kann von dieser „gehebelt“ werden. Nachdem die zu deckenden Kosten der Öffentlich-Rechtlichen bei etwa 8 Milliarden Euro liegen, entsteht auf diese Weise wieder eine Menge neues Spielgeld für die Banken.

Die neue Rundfunkgebühr entpuppt sich solcherart nicht bloß als eine Demokratie-Abgabe (Begründung hier), sondern auch als eine Banken-Abgabe. Es scheint, als würden die Sender keinen Aufwand scheuen, den Bürgern klarzumachen, welch vielfältigen gesellschaftlichen Nutzen die neue Abgabe hat.


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