Finanzen

Banken-Rettung: Der heimliche Zugriff auf die deutschen Steuergelder

In der kommenden Woche werden die Euro-Finanzminister in Luxembourg beraten, wie aus dem ESM-„Rettungsfonds“ ein gehebelter Bankenrettungsfonds werden kann. Die deutschen Steuergelder sollen auf diese Weise still und leise für die Rettung von maroden Banken herangezogen werden.
18.06.2013 01:40
Lesezeit: 3 min

Die Schlagkraft des ESM ist nicht annähernd ausreichend, um Italien oder Spanien im Falle eines Falles richtig unter die Arme greifen zu können. Aus diesem Grund soll der ESM nun aufgestockt werden. Über Umwege natürlich, schließlich muss der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom September vergangenen Jahres umgangen werden.

Die Aufstockung des ESM ist jedoch auch im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen zwischen EU und IWF der vergangenen Tage zu sehen. Finanzminister Wolfgang Schäuble und die EU-Kommission hatten klar gemacht, dass sie den IWF demnächst nicht mehr in die Bailouts der Eurozone einbeziehen wollen. Die Frage, wie die Eurozone das ohne den finanziellen Beitrag des IWF im Alleingang stemmen will, blieb jedoch offen.

Doch ob mit oder ohne den IWF mit an Bord, die ständig neuen Baustellen der Eurozone, die „Rettungsfonds“ für die hochverschuldeten Staaten mittels EFSM, ESFS, ESM, sowie etwa eine Billion Euro mittels LTRO 1+2, ausgeschüttet von der EZB zur Stützung der Banken nehmen kein Ende (hier). Denn jenseits der Schuldenkrise der Peripheriestaaten gilt die größte Sorge der EU-Kommission wie auch der Euro-Gruppe vor allem den Banken.

Für die „Bankenrettungen“ sollen 50 bis 70 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Denn die Rekapitalisierung von Banken durch den ESM kann nur aus dem Eigenkapital des ESM von insgesamt 80 Milliarden Euro erfolgen. Deshalb soll eine Tochtergesellschaft des ESM gegründet werden. Damit kann das zur Verfügung stehende Kapital entsprechend gehebelt werden. Dies geht aus einem Papier für das Treffen der Eurogruppe in der kommenden Woche in Luxemburg hervor, das Reuters vorliegt.

Die Schaffung einer Tochtergesellschaft des ESM ist aber letztlich gleichbedeutend mit einer schleichende Aufstockung des ESM-„Rettungskapitals“ für Banken – und ebenfalls gleichbedeutend mit einer erhöhten Risikohaftung für die Steuerzahler. Welcher Kapitalbedarf für welche Bank in Zukunft besteht, soll durch die EZB mittels der noch zu gründenden Bankenaufsichtsbehörde festgelegt werden.

Überhaupt ist fraglich, in welcher Größenordnung die genannte Summe gehebelt werden wird, sollen doch nicht nur Banken in Euroland, sondern alle „notleidende“ Banken in der EU mit ESM-Geldern beglückt werden.

Noch im März dieses Jahres hatte die Bundesregierung von einer „roten Linie“ gesprochen, die nicht überschritten werde dürfe und Widerspruch angekündigt: Damals sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus:

Es wird mit Deutschland keine Aufstockung des ESM auf Schleichwegen geben. Die Bundesregierung trägt keine Lösung mit, in der Volumen oder staatliche Haftung erhöht werden.“

Der Bund wolle sich stattdessen für die Begrenzung der direkten Bankenrekapitalisierung auf einen klar definierten Teilbetrag einsetzen. In der Eurogruppe wird in dieser Woche ein weiteres Mal eine „rote Linie“ überschritten

Bei der Fixierung der künftigen Hebelung der ESM-Gelder für die „Bankenrettungen“ sind allerdings „Rettungsgelder“ für die spanischen Banken nicht berücksichtigt. Im Juni letzten Jahres hatte der Bundestag insgesamt 100 Milliarden Euro aus dem ESM bewilligt. Deutschland ist bekanntlich mit einem Haftungsumfang von 27,1 Prozent beteiligt. Der Betrag wurde dem spanischen „Rettungsfonds“ FROB und somit direkt dem spanischen Staat zur Verfügung gestellt. Vom ESM abgerufen wurden bisher 41,4 Milliarden Euro, so das Bundesfinanzministerium.

Spaniens Staatsverschuldung ist indessen auf 923 Milliarden Euro angewachsen und entspricht 88,2 Prozent des spanischen Bruttoinlandsprodukts. Die Schulden wuchsen gegenüber dem Vorjahr um 19 Prozent. Mit eingerechnet sein dürften hier die 41,4 Milliarden Euro-„Kredit“ aus dem ESM zur Bankenrettung. Die Ratingagentur S&P droht dem Land nun mit einer Herabstufung auf „Ramsch-Niveau“. Die EU-Kommission hingegen hatte Spanien – ebenso wie Frankreich – Anfang Mai einen Aufschub von zwei Jahren zur Senkung der Defizitgrenze auf drei Prozent gegeben (mehr hier).

Die Lage der Banken in den Peripherieländern ist weiterhin äußerst prekär. Allein im Monat Mai stellte die EZB den italienischen Banken rund 260 Milliarden Euro zur Verfügung. Auch bei den französischen Banken sieht es nicht gerade rosig aus (hier).

Einer Studie des Centre for Risk Management der Universität Lausanne zufolge sind vor allem französische Banken das größte Risiko in Europa. Käme es zu einer Finanzkrise, wären 300 Milliarden Euro zur Stabilisierung der Banken erforderlich. 

Die deutsche Berenberg-Bank warnte bereits Ende Mai, während eines neuen Stresstests für die Banken in der Eurozone könne eine Kapitallücke von 300 bis 400 Milliarden Euro auftreten.

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) verschob Mitte Mai dieses Jahres die Stresstests auf das Jahr 2014. Die EZB solle die neuen Stresstests durchführen. Dadurch verschafft man sich etwas mehr Zeit, um die Bilanzen der Banken über die EZB aufzubessern. Der Plan, faule Kredite aufzukaufen, wurde zwar kritisiert, aber offiziell bis heute nicht aufgegeben.

Es zeigt sich, dass die Euro-Retter also einiges an Kreativität aufwenden, um die Banken zu retten.

Mit dem Geld der deutschen Steuerzahler.

Diese merken davon allerdings nichts.

Noch nicht.

 

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