Am Mittwoch wurde in Brüssel über die Zukunft des Bankensektors im Euroraum entschieden. Allerdings wurde die deutsche Bundesregierung mit der Vorstellung des Plans für die Abwicklung von Zombiebanken durch den beschleunigten Brüsseler Vorstoß ungewollt früh konfrontiert. Denn nun dürfte es Streit geben. Was der Bundesregierung im Wahlkampf ganz und gar nicht gefallen dürfte (hier).
Bisher hatte sich Finanzminister Schäuble gegen eine Institution für die Abwicklung und Restrukturierung der Zombiebanken, die in Brüssel etabliert werden soll, gewehrt. Die Argumentation lautete, eine solche EU-Abwicklungsbehörde stünde nicht im Einklang mit dem geltenden EU-Vertrag. Vor Einrichtung einer solchen Behörde müsse eine Änderung des Vertragstexts beschlossen werden. Demzufolge könnten nur nationale Behörden über die Abwicklung eines Bankinstituts entscheiden.
Hintergrund dürfte die Schlussfolgerung sein, dass ein jeweiliges Land, dessen Zombiebank geschlossen werden soll, sich auf den EU-Vertragstext beruft und somit die Schließung einer Zombiebank verhindern könnte.
Da die Änderung des EU-Vertrags Jahre in Anspruch nehmen dürfte, schlug die EU-Kommission diesen Einwand einfach in den Wind.
Nun soll eine Behörde aufgebaut werden, die sich laut den neuen Plänen aus Vertretern der EU-Mitgliedsstaaten sowie Vertretern der EZB und der EU-Kommission zusammensetzt. In letzter Konsequenz handelt es sich dabei um bei der EU-Kommission gebündelten Durchsetzungs- und Entscheidungsbefugnisse.
Der heute als Blaupause vorgestellte SRM („Single Resolution Mechanism”) würde die Europäische Kommission mit höchster Autorität zu einer Verfügungsgewalt über die 6.400 Banken der Eurozone ermächtigen. Darüber hinaus – so die Ambitionen der EU-Kommission – wird sie sich die Möglichkeit sichern, die nationalen Vorbehalte zur Schließung oder Restrukturierung einer Bank zu überstimmen.
Es gibt kein Veto, das eine (Banken-) Auflösung stoppen könnte, sagte ein leitender Beamter der EU-Kommission der FT.
So soll die EZB als „Supervisor“ signalisieren, wenn eine Bank in der Eurozone oder in einem Staat, der der Bankenunion angeschlossen ist, in finanziellen Schwierigkeiten sei und aufgelöst (bzw. refinanziert) werden muss. Die letzte Entscheidung obliegt also der Kommission.
Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte:
„Mit diesem Vorschlag liegen alle Elemente für eine Bankenunion auf dem Tisch, die den Sektor auf eine solidere Grundlage stellt, das Vertrauen in die Finanzmärkte wiederherstellt und deren Fragmentierung überwinden hilft. … Zwar können wir die Gefahr künftiger Bankeninsolvenzen nie ganz ausschließen, aber mit dem Einheitlichen Abwicklungsmechanismus und dem Abwicklungsfonds werden in Zukunft nicht mehr die europäischen Steuerzahler, sondern die Banken selbst die Kosten von Verlusten schultern müssen."
Doch „Alle Elemente für eine Bankenunion“ liegen mitnichten auf dem Tisch.
Aus Rücksicht auf den Wahlkampf in Deutschland bezieht sich der vorgestellte Gesetzesentwurf lediglich auf die Abwicklung oder Neustrukturierung der maroden Banken. Tatsächlich dürften nach der Wahl weitere konkrete Schritte in Richtung Großbaustelle Bankenunion folgen.
So stand der gemeinsame Einlagensicherungsfonds bei der Vorstellung des Gesetzesentwurfs nicht im Fokus. Zumal die CDU in ihrem Wahlprogramm einen solchen Fonds abgelehnt hat. Eher dürfte es sich dabei um eine „rote Linie“ handeln, die „bei Bedarf“ alsbald ein weiteres Mal überschritten wird (mehr hier).
Denn sowohl EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso als auch Klaus Regling, Chef des „Permanenten Rettungsschirms“ ESM, halten daran fest, dass der europäische Einlagensicherungsfonds dringlich geboten sei.
Indessen wurde bekannt, dass der Bankenfonds, zu dem die Banken der Eurozone zur „Rettung“ oder Umstrukturierung der Zombiebanken ihren Beitrag leisten sollen, jährlich mit etwa 5,5 Milliarden Euro ausgestattet werden soll. Als Grundlage ist eine Kennziffer von einem Prozent der bestehenden Spareinlagen im Euroraum genannt. Jedoch mit der Einschränkung, dass sich die Bankenabgabe auch am „Risikoprofil“ der Geldhäuser orientieren soll. Als Ziel sind über den Zeitraum von zehn Jahren 55 Milliarden Euro vorgesehen, so die SZ.
Zusammen mit dem – angeblich – begrenzten Volumen von 60 Milliarden Euro Kapitalhilfen für Altlasten maroder Banken aus dem ESM eine Größenordnung, die lediglich in die Irre führen kann.
Im Grunde handelt es sich bei den Zahlenwerken um Summen, die dem Ausmaß der Bankschulden im Euroraum niemals gerecht werden können. Die Bankenbilanzen weisen Risiken auf, die ein Mehrfaches der Staatsschulden ausmachen. Sie betragen insgesamt 9,3 Billionen Euro (hier).
Wobei sich die Frage stellt, weshalb Steuerzahler, Bankkunden und Sparer mitsamt ihrer Altersversorgung die „faulen Kredite“ von Banken (re)finanzieren sollen, wenn Banken aus drei Prozent Eigenkapital beispielsweise 97 Prozent Fiatgeld mittels Geldschöpfung erzeugen können.
Bei solchen Tatsachen sind weder eine Bankenaufsicht noch eine Bankenunion und schon gar nicht ein „gemeinsamer Einlagensicherungsfonds“ angemessen.