Finanzen

Nach Manipulationen: Libor vor dem Aus

Im kommenden Jahr soll der Libor durch eine neue Größe für den Interbanken-Markt ersetzt werden. Das Vertrauen in den Libor ist nach Bekanntwerden umfangreicher Manipulationen durch beteiligte Banken am Boden. Doch das neue System stößt auf Widerstand aus den USA.
13.05.2013 11:15
Lesezeit: 2 min

Der Referenz-Zinssatz für den Interbanken-Markt, Libor, könnte schon bald verschwinden. Ein neues zweigleisiges System soll ihn ersetzen. Bei diesem müssten die Banken auch die Zinssätze bekanntgeben, zu denen sie sich tatsächlich Geld am interbanken-markt besorgt haben.

Sowohl in Europa als auch in den USA haben die massiven Manipulationen der Banken beim Libor für große Empörung gesorgt. Zahlreiche Banken, darunter auch die Deutsche Bank und die Royal Bank of Scotland, hatten sich daran beteiligt (hier). Nun soll vielleicht schon 2014 ein neues System den Libor als Referenz-Zinssatz am Interbanken-markt ersetzen. Neben der ursprünglichen Umfrage unter den Banken selbst sollen zusätzliche Indizes, die sich auf reale Transaktionen beziehen, herangezogen werden, so die FT.

Martin Wheatley, Chef der für die Libor-Reform zuständigen UK-Behörde Financial Conduct Authority, ist von dem Erfolg des neuen Systems überzeugt. Es würde den Inhabern von bestehenden Verträgen im Umfang von 350 Billionen Dollar Kontinuität gewähren. Da der Zinssatz enger an objektive Daten geknüpft sein würde, so Wheatley. So sollen beispielsweise die Banken Daten zur Verfügung stellen, die sich auf tatsächliche Transaktionen beziehen.

Mit diesem neuen System sind die US-Behörden jedoch nicht einverstanden. Die amerikanischen Aufsichtsbehörden fordern eine komplette Umstellung von dem bisher umfrage-basierten Libor auf Transaktions-Indizes. Gary Gensler, der Vorsitzende der US Commodity Futures Trading Commission, die die Libor-Prozesse angeführt hat, hält das neue System nicht für nachhaltig.

Die Banken würden nicht ausreichend unbesichert Geld verleihen, um zu den Zinssätzen genaue Schätzungen abgeben zu können. Außerdem sollten die Marktteilnehmer selbst darüber entscheiden, ob sie den Libor ablösen wollen. Man könne nicht einfach sagen, „vergessen Sie die Probleme von gestern, wir schauen einfach nur in die Zukunft“. Wenn man die Art der Berechnung des Referenz-Zinssatzes ändere, „ist es fast sicher, dass die eine Seite einer jeden Transaktion etwas dabei verlieren würde“.

Insgesamt mussten an der Manipulation beteiligte Banken bereits Strafen im Umfang von 2,5 Milliarden Dollar zahlen. Viele Urteile wie etwa bezüglich der Deutschen Bank sind jedoch noch nicht getroffen worden.

Es ist davon jedoch davon auszugehen, dass die Banken auch Mittel  und Wege für Manipulationen finden werden, wenn ein neuer Interbanken-Refererenzzins geschaffen wird. Nicht nur der Libor, sondern auch der Euribor bietet Raum für Manipulationen. Eigentlich sollte der Euribor als Indikator dafür dienen, den Banken einen Anhaltspunkt für die Höhe der Zinsen auf Spareinlagen zu liefern. Der Zins wird monatlich durch eine Befragung der Kreditinstitute über ihr Zinsniveau auf Spareinlagen. Doch die Banken saugen hier mit krummen Geschäften noch das letzte aus den Sparern (hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie The bright, bright future ahead (AI): Bringt künstliche Intelligenz uns eine bessere Zukunft?
13.07.2025

Es geht Schlag auf Schlag. Bald, so hört man, haben wir die AGI (artificial general intelligence) und danach kommt die Superintelligence....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Kapitalmarktunion im Rückstand: Banker fordern radikale Integration
12.07.2025

Europas Finanzelite schlägt Alarm: Ohne eine gemeinsame Kapitalmarktunion drohen Investitionen und Innovationen dauerhaft in die USA...