Finanzen

Alpine-Pleite: EU-Euphorie wurde dem Unternehmen zum Verhängnis

Die Ursachen für die Pleite des Baukonzerns Alpine liegen offenbar nicht nur in schlechtem Management. Das Unternehmen scheint der EU-Illusion erlegen zu sein, dass man mit der Ostöffnung über grenzenlose neue Märkte verfügen kann. Kombiniert mit dem notorischen Größenwahn bei der Fußball-EM wurde die Expansions-Politik bei nur bedingt zahlungsfähigen Kunden der Alpine zum Verhängnis.
26.06.2013 11:03
Lesezeit: 2 min

Mit der Insolvenz der Alpine schlittert die gesamte österreichische Baubranche in die Krise. Neben den direkt Beschäftigten sind auch tausende Arbeitsplätze bei Zulieferern in Gefahr. Die Gründe für die größte Pleite in der österreichischen Nachkriegsgeschichte lassen sich auch in Osteuropa finden. Auf die Bezahlung dort umgesetzter Großbauten wartet die Alpine teilweise noch heute.

So stehen beispielsweise Zahlungen für die Arbeiten am Ende 2011 fertiggestellten Warschauer Nationalstadion weiter aus. Hermann Haneder, Zentralbetriebsrat bei der Alpine Österreich, sagte dazu in einem ORF-Interview:

Wir haben in Polen eine Riesen-Brücke gebaut – nicht bezahlt. Wir haben Stadien gebaut– zum Teil nicht bezahlt. Das sind lauter Länder, die in der EU sind. Da frage ich mich schon, wie so was passieren kann.“

Haneder spielt damit auf die stetige Osterweiterung der EU an. Während selbst in den Kernländern der EU sich vor Jahren erste Probleme abzeichneten, wurden dennoch regelmäßig neue Länder ausgenommen, zuletzt Kroatien (hier). Ursprünglich gab es strenge Voraussetzungen, die die potentiellen Mitgliedsländer in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht erfüllen mussten. Doch nach und nach wurden diese aufgeweicht. Staaten, die absehbar in finanzielle Schieflagen rutschen würden, wurden dennoch aufgenommen.

Als Mitglied der EU galt man noch vor der Finanzkrise als sicherer Partner für wirtschaftliche Projekte. Doch wenn heimlich still und leise beispielsweise die Verschuldung eines Mitgliedslandes zu hoch wird oder der Bankensektor wackelt, kommen die nationalen Unternehmen und Regierung schnell an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. Da wird dann natürlich lange gewartet, bis ausstehende Rechnungen beglichen werden. Zumal gerade in Osteuropa Korruption weiterhin eine große Rolle spielt, gerade in der Bauindustrie (mehr hier).

Die Alpine selbst hatte – als durchführendes Unternehmen mehr als ungewöhnlich – den Bau des Nationalstadions in Warschau rückblickend als „überdimensioniert“ bezeichnet. „Unsere Firma hat Stadien in Österreich und Deutschland gebaut. Aber die Arenen dort sind nicht so luxuriös und teuer wie die, die wir hier in Polen gebaut haben“, zitiert die FAZ Janusch Ewert, Geschäftsführer von Alpine Polska. Das lässt allein schon ein Blick auf das extravagante Zeltdach über dem Nationalstadion vermuten, das heute einzig als Austragungsort für die Spiele der polnischen Nationalmannschaft und als gelegentliche Konzert-Location dient.

Auch die Zuschauer-Kapazitäten der EM-Stadien in anderen Städten werden kaum ausgeschöpft. Neben diesen Fehlinvestitionen gibt es aber auch im Straßenbau Großprojekte, bei denen die Alpine noch immer auf ihr Geld wartet. Aus diesem Grund zog sich die Alpine beispielsweise vom Bau eines polnischen Autobahn-Teilstücks zurück.

Das Osteuropa-Engagement der Alpine ist aber bei weitem nicht der einzige Grund für die Insolvenz des Konzerns. Auch betriebsinterne Strukturen dürften für die Pleite mitverantwortlich sein. In den vergangenen zwei Jahren verbrauchte das Unternehmen drei Vorstandvorsitzende. Warum die prekäre finanzielle Situation der Alpine auch vom Aufsichtsrat nie ausreichend kontrolliert wurde, ist ebenfalls zu hinterfragen.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Erbe aufteilen: So sichern Sie den Verbleib Ihres Partners im gemeinsamen Haus
19.07.2025

Sind Sie wiederverheiratet und haben Kinder aus früheren Beziehungen? Dann ist besondere Vorsicht geboten, wenn es darum geht, Ihr Erbe...

DWN
Finanzen
Finanzen Unser neues Magazin ist da: Kapital und Kontrolle – wem gehört Deutschland?
19.07.2025

Deutschland ist reich – doch nicht alle profitieren. Kapital, Einfluss und Eigentum konzentrieren sich zunehmend. Wer bestimmt wirklich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung: Wann Verspätungszuschläge unzulässig sind
19.07.2025

Viele Steuerzahler ärgern sich über Verspätungszuschläge, wenn sie ihre Steuererklärung zu spät abgeben. Doch nicht immer ist die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...