Finanzen

Aufsicht alarmiert: Banken haben Risiken falsch berechnet

Banken berechnen ihre Eigenkapitalquote oft zu hoch oder zu niedrig. Die Risiko-Berechnung gerät nun erstmals in die Kritik der Aufsichtsbehörden. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht fürchtet um die Stabilität des Finanzsystems.
07.07.2013 00:33
Lesezeit: 2 min

Das Hauptinstrument zur Risikoabschätzung bei Banken gerät in die Kritik. Banken berechnen ihre Eigenkapitalquote offenkundig sehr häufig falsch. Im Fokus steht die Art der Berechnung der Eigenkapitalquote, die die Risikogeschäfte und Vermögenswerte einer Bank ins Gleichgewicht bringen soll.#

Das Problem ist nicht neu: Die Banken können im Grund selbst bestimmen, wie sie ihre Risiken berechnen. Das groteske Verfahren ist einer der Gründe, warum etwa die Deutsche Bank als eine der gefährlichsten Banken der Welt gilt, Die Deutsche Bank ist erst kürzlich von Standard & Poor's genau wegen dieser Risiken herabgestuft worden (mehr hier).

Die Banken berichten Kapitalquoten, die bis zu 40 Prozent voneinander abweichen, bei gleichem  Kapitalniveau und gleichen Risiken, ergab eine Studie des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht.

Die Berechnung der Eigenkapitalquote im Verhältnis zum Ausfallrisiko ist das beste Instrument zur Risikoabschätzung. Wenn die Banken keine adäquate Risikoabschätzung vornehmen können oder wollen, ist der Bankensektor unberechenbar. „Das ist ein beunruhigendes Bild“, sagte ein Analyst des Basler Ausschusses der FT.

Die Hauptaufgabe des Basler Ausschusses ist es, die Einführung hoher und einheitlicher Standards in der Bankenaufsicht einzuführen. Die Studie hat 32 große und globale Banken dazu aufgefordert, ein hypothetisches Portfolio von Unternehmenskrediten, Bankkrediten und Staatsanleihen zu bewerten.

Eine Abweichung von zehn Prozent ist bereits in der Auswertung einkalkuliert. Trotzdem schnitten die Banken noch schlecht ab. In der oben abgebildeten Grafik entspricht jeder Balken einer Farbe einer Bank der jeweiligen Region.

Die Risikofreude der Banken ist dabei sehr unterschiedlich: Die aggressivsten Banken gaben eine notwendige Eigenkapitalquote an, die 22 Prozent niedriger hätten ausfallen müssen. Die Bank mit dem geringsten Aggessionspotenzial hätte eine Quote angeben müssen, die 18 Prozent höher liegt, gemessen an einer Durchschnittsbewertung.

Europäische Banken bewerten in der Regel aggressiver als nordamerikanische Banken, heißt es in der Studie.

Allerdings gibt es auch harsche Kritik an dem Bericht von Analysten bei Barclays: Die Studie beruhe weitgehend auf „Schätzwerten“, sie komme „verspätet“ und sei „sehr enttäuschend“, vor allem, weil sie keine echten Politiklösungen bereithalte.

Regulatoren in den USA und in Großbritannien vertreten als Absicherungsberechnung und Ergänzung zur Eigenkapitalquote die Berücksichtigung der Fremdkapitalquote. Diese kann, unabhängig vom Gesamtrisiko, Auskunft über den  Verschuldungsgrad einer Bank angeben.

Tatsächlich kann das Dilemma nur auf eine Weise aufgelöst werden: Banken müssen selbst zu 100 Prozent für die Risiken haften, die sie eingehen. So lange die Banken die Chance haben, vom Steuerzahler gerettet zu werden, werden sie die Risiken in der Öffentlichkeit schönrechnen. Das gehört zum Teil des Geschäftsmodells. Der Bail-Ourt wird von den Banken als eine weitere Form von Einnahmen gesehen, mit denen man dann im Grunde weiter spekulieren kann.

Eindrucksvoll haben dies jene irischen Banken dokumentiert, die sich vor lauter Lachen über die deutschen Banken-Retter kaum noch einkriegen konnten (hier).

Den Politikern ist zwar das Lachen vergangen.

Handhabe gegen die Zocker-Banken haben sie indes keine.

Nicht einmal der Regulierer blickt durch, wie die aktuelle Studie aus Basel zeigt.

Eine wirkliche Reform dieses Systems ist offenbar nur durch einen Crash möglich.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Innovation Neuro-Webdesign: „Die meisten Firmenwebsites scheitern am Menschen“
13.05.2025

Viele mittelständische Websites wirken modern, funktionieren aber nicht. Warum? Sie ignorieren die Psychologie der Nutzer. Jonas Reggelin,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession 2025: Düstere Aussichten für Deutschland
13.05.2025

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und das ausgerechnet in einer Phase, in der neue Impulse dringend nötig wären. Der...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung: Warum Bärbel Bas' Beamten-Vorschlag 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde
13.05.2025

Geht es nach Arbeitsministerin Bärbel Bas, sollen künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Eine neue...

DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...

DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...