„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, der Jahreswechsel ist traditionell ein Zeitpunkt guter Vorsätze. Vielleicht nehmen Sie sich gerade vor, mit dem Rauchen aufzuhören, mehr Sport zu machen oder mehr Zeit für die Familie zu haben. Ich selbst nehme mir eigentlich immer vor, mehr an die frische Luft zu kommen - auch das sicher ein Klassiker unter den guten Vorsätzen.
Doch dann kommt das neue Jahr, und schnell hat uns der Alltag wieder. Oft jagt ein Ereignis das andere. Manchmal verändert eines davon vieles, wenn nicht gar alles in unserem Leben. Die Flut, die im Frühsommer in das Leben vieler Menschen an Donau, Elbe, Mulde und Saale brach, war so ein Ereignis. Gerade erst waren die Folgen der gewaltigen Flut von 2002 beseitigt, da mussten viele erneut ohnmächtig zuschauen, wie ihr ganzes Hab und Gut weggeschwemmt wurde. Doch zugleich brach noch eine Welle ganz anderer Art los, eine überwältigende Welle der Hilfsbereitschaft. Sie zeigte besonders deutlich, was in unserem Land steckt. Eine Gruppe von Studenten in Passau mobilisierte über das Internet täglich ein paar Tausend freiwilliger Helfer und sorgte dafür, dass die Hilfe dorthin kam, wo sie gebraucht wurde. Das ist nur ein Beispiel von vielen.
Und natürlich ist fern der großen Schlagzeilen auch in unserem persönlichen Leben viel geschehen, Schönes wie Enttäuschendes. Manche sorgen sich auch um einen kranken Angehörigen oder haben einen lieben Menschen verloren und erleben den heutigen Abend in Trauer. Es ist also wahrlich nicht alles so, wie wir es uns erhoffen oder wünschen. Doch immer wieder gibt es Chancen zu neuen Anfängen. Viele in Deutschland, Junge wie Alte, sagen: Ich wage es. Sie gründen eine Initiative oder eine Firma. Sie nutzen ihr Talent und werden Künstler, Sportler oder Handwerker. Sie setzen sich ein in ihrem Beruf als Verkäuferin, Altenpflegerin oder Richterin. Sie leben mit einer Behinderung und tragen wie Millionen anderer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Erfolg unseres Landes bei. Sie schauen nicht weg, sondern zeigen Zivilcourage, wenn andere bedrängt werden und in Not geraten.
Jede Lebensgeschichte steht für sich und trägt zugleich ihren Teil zu dem bei, was unser Land im Kern ausmacht: Leistungsbereitschaft, Engagement, Zusammenhalt. Was jeder Einzelne von uns im Kleinen erreicht, das prägt unser Land im Ganzen. Der Staat kann investieren. Er kann gute Bedingungen schaffen. Doch die Politik könnte nur wenig bewirken ohne Sie alle in unserem Land, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, gleich welcher Herkunft.
Das ist auch der Grund für die vielen guten Nachrichten in diesem Jahr. Es erklärt, warum bei uns so viele Menschen wie noch nie zuvor einen Arbeitsplatz hatten, warum wir im harten weltweiten Wettbewerb so gut mithalten und warum sich so viele Menschen ehrenamtlich in unsere Gesellschaft einbringen. Es gibt viel zu tun, damit Deutschland auch in Zukunft stark bleibt. Besonders wichtig ist mir, dass wir unsere Finanzen der nächsten Generation geordnet übergeben, dass wir die Energiewende zum Erfolg führen, dass wir gute Arbeit und ein gutes Miteinander in unserem Land haben gerade auch weil unsere Gesellschaft älter und vielfältiger wird.
Wir wollen die Familien unterstützen sie sind das Herzstück unserer Gesellschaft. Wir wollen, dass alle Kinder und Jugendlichen die bestmögliche Bildung und damit die bestmögliche Chance auf ein gutes Leben erhalten können. Dabei wissen wir, dass die Fortschritte unseres Landes stets davon abhängig sind, dass wir auch in Europa vorankommen und die Staatsschuldenkrise tatsächlich dauerhaft überwinden.
Im kommenden Mai können rund 375 Millionen Bürgerinnen und Bürger Europas ein neues Europäisches Parlament wählen also genau 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges, 75 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges und 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, dem Anfang vom Ende der Teilung Deutschlands und Europas. Europa wurde aus einem Traum weniger durch die Anstrengung vieler ein Ort des Friedens für Millionen.
Das zeigt einmal mehr, wie viel wir erreichen können, wenn wir einander vertrauen und zusammenhalten, so wie es die vielen Freiwilligen und Soldatinnen und Soldaten, die Polizistinnen und Polizisten und alle anderen Einsatzkräfte bei der Flut im Frühsommer getan haben. Jeder einzelne Beitrag mag zunächst klein erscheinen - angesichts der Größe der Aufgaben. Doch alle Beiträge zusammen machen die Stärke unseres Landes aus.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, für das kommende Jahr wünsche ich uns allen die Entschlossenheit, unsere Vorsätze umzusetzen, jedenfalls die wichtigsten, den Mut zu immer neuen kleinen Anfängen und die Kraft und den Trost, auch das Schwere im Leben zu tragen. Von Herzen wünsche ich Ihnen und Ihren Familien Gesundheit, Zufriedenheit und Gottes Segen für das neue Jahr 2014."