„Schritt für Schritt“ ist das Motto Angela Merkels – sowohl innenpolitisch als auch in Bezug auf den Umgang mit der Schuldenkrise. Clemes Fuest, der am Freitag den Chefposten des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung übernimmt, sieht diese Art der Politik vor allem in Bezug auf die EU kritisch. „Die Reformen in den Krisenstaaten und auf europäischer Ebene müssen beschleunigt werden“, bevor die Menschen die Hoffnung verlieren, dass die Krise irgendwann ein Ende hat, warnt er in einem Interview mit dem Handelsblatt. Wenngleich er als Mitglied des Wissenschaftlichen Berats beim Bundesfinanzministerium dies sicher bereits des Öfteren hätte einfordern können.
Fuest fordert, dass die EU-Regierungschef entschlossener handeln müssten. „Die Politik in Europa verlässt sich zu sehr darauf, dass die Europäische Zentralbank es schon richten wird.“ Die Geldpolitik habe zwar die Refinanzierungskosten verringern können, gleichzeitig hätte dies jedoch dazu geführt, dass der Druck zur Umsetzung notwendiger Maßnahmen kleiner wurde. Die Strategie, den strauchelnden Ländern mittels billiger Kredite mehr Zeit zu verschaffen, und zu hoffen, die Länder würden die „Last der hohen Schulden und der Anpassung geduldig tragen“, werde schiefgehen, so Fuest. Seiner Meinung nach müssten die Gläubiger stärker beteiligt werden, zumindest bei der Sanierung der Banken“, ergänzt er. Derzeit ist genau das Gegenteil der Fall (hier).
Während die Politiker verkünden, die Krise sei überwunden, feiern die Aktienmärkte, „aber die Menschen stellen fest, dass sie ihre Arbeit verlieren und ihre Einkommen sinken“, sagt Fuest. Die Politiker müssten aber den EU-Bürgern „ehrlich mitteilen“, wie die Lage ist, und dürften „unangenehme Entscheidungen wie Schuldenschnitte oder unpopuläre Reformen nicht auf die lange Bank schieben“, ergänzt er.