Finanzen

EZB-Schieflage: Draghi braucht das Geld der Bank-Kunden in Zypern

Für die Europäische Zentralbank geht es in der Zypern-Krise auch um das eigene Überleben: Der Großteil der Staatsanleihen von Zypern sind bei der EZB als Sicherheiten hinterlegt. Sie machen ein Drittel des Eigenkapitals der EZB aus. Geht Zypern pleite, wankt die EZB.
24.03.2013 01:51
Lesezeit: 2 min

Viele Beobachter fragen sich, warum die Euro-Retter im kleinen Zypern nicht dasselbe machen wie in Griechenland: Dort gab es einen Schulden-Schnitt für die Investoren in griechische Staatsanleihen. Beim Zypern-Deal bleiben die zypriotischen Staatsanleihen außen vor: Sie sind nicht vom Haircut betroffen. Auch die Bond-Inhaber von Banken-Anleihen werden nicht zur Kasse gebeten.

Der Grund ist einfach: Der überwiegende Teil der Staatsanleihen Zyperns sind bei EZB als Sicherheiten hinterlegt. Die Papiere wurden bei der EZB als Pfand für neue Schulden hinterlegt. Das heißt: Zypern gehört längst nicht mehr sich selber, sondern der EZB.

Für die Bank-Anleihen hat Zypern eine Staatsgarantie ausgesprochen: Gehen die Banken pleite, hat Zypern für die Anleihen der beiden größten Banken eine Garantie gegeben. Das bedeutet: Wenn eine der Banken pleitegeht, steht der Staat für die Schulden gerade.

Es gibt zwar keine offiziellen Zahlen. Mark Grant von Out of the Box schätzt jedoch, dass bei der EZB Papiere im Wert von 11,6 Milliarden Dollar aus Zypern als Sicherheiten hinterlegt sind.

Im Klartext: Das Schlimmste für Mario Draghi wäre eine Staatspleite in Zypern. Dann hätte die EZB einen Verlust von etwa 12 Milliarden Dollar. Das gesamte Eigenkapital der EZB betrug nach Berechnungen von Hans-Werner Sinn etwa 31 Milliarden Euro. Mit einer Zypern-Pleite würde das Eigenkapital der EZB folglich dramatisch reduziert.

Über Target 2 ist das natürlich auch ein Thema für die Bundesbank: Im Falle eines Verlustes müssten die europäischen Staaten frisches Kapital in die EZB pumpen. Für Deutschland wären das immerhin vermutlich etwa 3 Milliarden Euro. Alle anderen Euro-Staaten müssten den Rest aufbringen.

Im Unterschied zu den Target 2-Salden handelt es sich hierbei um reales Geld. Das muss aufgebracht werden.

Hier zeigt sich, welch gravierende Bedeutung ein solch kleines Land wie Zypern haben kann. Was geschieht, wenn ein großer Staat einen Crash hinlegt, kann man sich leicht ausmalen.

Dieses Szenario fürchtet Mario Draghi wie der Teufel das Weihwasser. Er muss sich an seine Ankündigung halten, alles zu tun, um den Euro zu retten.

Daher unternehmen die Euro-Retter tatsächlich alles, um den Inhabern von Bank-Konten in Zypern das Geld abzunehmen. Denn ihre Guthaben sind reale Sicherheiten, auf die EZB dann zugreifen kann. Die Staatsanleihen sind faktisch nicht mehr zu gebrauchen.

Das Schneeballsystem ist daher an einem Punkt angekommen, wo alle Schranken niedergerissen werden: Die Zwangs-Abgabe hat keinerlei rechtliche Möglichkeiten für die Konto-Inhaber. Die Insolvenz einer Bank unterläge dagegen zumindest einem vorhersehbaren rechtlichen Prozess – auch wenn die Chancen für die Kunden minimal sind, etwas von ihrem Geld wiederzusehen.

Auch die Kapitalverkehrs-Kontrollen in Zypern sind ein klarer Bruch des europäischen Rechts. In den Verträgen von Maastricht ist die Errichtung von Kapitalverkehrs-Kontrollen ausdrücklich untersagt. Nun wird Zypern zum Rechtsbruch gezwungen.

Aber jeder Rechtsbruch ist für Mario Draghi und die Euro-Retter weniger schlimm als das Zerbrechen des Euro. Fliegt das Euro-System auseinander, bleiben alle Gläubiger auf ihren Target 2-Forderungen sitzen. Im Falle Deutschlands sind das astronomische Summen.

Aus dieser Perspektive ist der organisierte Bank-Raub in Zypern das kleinere Übel. Mario-Draghi und die Euro-Retter kämpfen auf Zypern nicht für das kleine Land. Sie kämpfen um das eigene, nackte Überleben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Panorama
Panorama Deutschland "kaputt": Münchaus düstere Prognose für die Wirtschaft
22.02.2025

Deutschland steckt in der Krise – und es gibt kaum Hoffnung auf Besserung. Der deutsch-britische Autor Wolfgang Münchau sieht das Land...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kündigung rechtssicher zustellen: So vermeiden Sie teure Fehler
22.02.2025

Wie Sie eine Kündigung korrekt übermitteln – von der persönlichen Übergabe bis zum Gerichtsvollzieher. Welche Methoden wirklich...

DWN
Panorama
Panorama Kaffee bald Luxus? Wie durch ein EU-Gesetz, Abholzung und das Wetter die Preise explodieren
22.02.2025

Der Preis für Kaffee ist an den Börsen in den letzten fünf Jahren um das Vierfache gestiegen. Die Ursachen für die Rekordpreise, die...

DWN
Technologie
Technologie Mobilfunk Bahn: Empfang unterwegs verbessert sich endlich
22.02.2025

Wer im Zug telefoniert oder surft, stößt oft auf Funklöcher und langsames Internet. Jetzt verbessert eine neue Technik die Verbindung...

DWN
Politik
Politik 630 Sitze, 29 Parteien, 4.506 Kandidaten: Zahlen zur Wahl
22.02.2025

Die Bundestagswahl 2025 bringt große Veränderungen mit sich: weniger Kandidaten, ein neues Wahlrecht und eine alternde Wählerschaft. Wer...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl 2025: Mittelstand fordert Bürokratieabbau
22.02.2025

Der Mittelstand sieht sich von überbordender Bürokratie, hohen Steuern und steigenden Energiekosten ausgebremst. Vor der Bundestagswahl...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Feuer, Flamme und viel kaltes Wasser: Preussischer Whisky aus der Uckermark
21.02.2025

In der Uckermark brennt Cornelia Bohn ihren eigenen Whisky – als erste Frau weltweit mit eigener Destillerie. Die ehemalige DDR-Bürgerin...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl 2025: Kommt die Vermögenssteuer? Die neue Regierung braucht Geld
21.02.2025

Kommt nach der Wahl die Wiedereinführung der Vermögenssteuer? SPD und Grüne haben konkrete Pläne. Auch Linke und BSW streben eine...