Politik

Die Spione Brüssels: EU baut eigenen Geheimdienst auf

Neben der CIA und dem KGB gibt es auch einen eigenen Geheimdienst. Die EU Intelligence Community beschäftigt 1.300 Mitarbeiter und kostet den Steuerzahler 230 Millionen Euro jährlich. Nun regt sich im Europäischen Parlament Widerstand gegen die Truppe. Denn niemand kontrolliert die Spione Brüssels effektiv.
08.05.2013 02:52
Lesezeit: 2 min

Parallel zu den nationalen Geheimdiensten in Europa leistet sich auch die EU einen eigenen Geheimdienst. Millionen Euro werden dafür jedes Jahr ausgegeben. 1.300 Mitarbeiter versorgen die EU dafür mit wichtigen Informationen. Eine wirklich effektive Kontrolle gibt es nicht. Transparenz gilt unter Geheimdiensten als Todsünde.

Insoweit passt diese Einrichtung gut ins das bürokratische Schema in Brüssel.

Brüssel, die Stadt der Lobbyisten, Parlamentarier und – Spione. „Ich denke man kann mit Sicherheit sagen, dass Brüssel eine der größten Spionagehauptstädte der Welt ist“, zitiert der österreichische EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser  den Leiter des belgischen Sicherheitsdienstes VSSE in seinem blog. Alain Winants geht davon aus, dass mehrere hundert Spione sich in der EU-Hauptstadt tummeln. Diesem munteren Treiben wollte die EU nicht tatenlos zusehen - und hat mit dem Aufbau eines eigenen Geheimdiensts begonnen.

Insgesamt sechs Einheiten gibt es in Brüssel, die als EU-Geheimdienst zusammengefasst werden können, die EU-Intelligence Community. Neben Europol und Frontex gehören dazu auch vier nachrichtendienstliche Einheiten, sagte Martin Ehrenhauser den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Diese sind das Intelligence Analysis Center, das Satellite Center, das Intelligence Directorate und der Situation Room. Diese gehören dem Auswärtigen Dienst (EAD) an.  230 Millionen Euro jährlich erhalten die sechs Einheiten des EU-Geheimdienstes aus dem EU-Budget. Dieser Etat „ist über die letzten Jahre kontinuierlich gestiegen, selbstverständlich“, so Ehrenhauser. 1.300 Mitarbeiter arbeiten dort. So hat der EU-Geheimdienst in etwa die Größe „eines Geheimdienstes eines kleinen, mittelgroßen Staates wie Österreich“.

Jedoch gibt es eigentlich nur für Europol eine rechtliche Grundlage. Das Problem sei vor allem, so Ehrenauser, dass das EU-Parlament kein wirkliches Mitspracherecht bei den Einheiten des Geheimdienstes habe. Jedoch sei eine „parlamentarische, demokratische Kontrolle durch das Parlament dringend notwendig“. Bei Europol und Frontex sei die parlamentarische Kontrolle „relativ stabil“. Bei den vier nachrichtendienstlichen Einheiten sei dies aber so gut wie gar nicht gegeben. Es gebe eine Art budgetrechtliche Kontrolle, aber beim Personal oder dem genauen Einsatz der EU-Mittel könne das Parlament nicht mitreden, sagte Ehrenhauser. Eine entsprechende Initiative des Parlaments für eine bessere parlamentarische Kontrolle sei jedoch kürzlich abgelehnt worden.

Zwar gibt es Ehrenhauser zufolge keine verdeckten Aktionen, „aber es werden aus unterschiedlichen Quellen Informationen gesammelt, analysiert und an die entsprechenden EU-Stellen weitergeleitet“. Dies seien klassische Aufgaben eines Geheimdienstes. So übermitteln beispielsweise auch die nationalen EU-Geheimdienste Informationen an die geheimdienstlichen Einheiten Brüssels. Aber auch Delegierte und andere Quellen nutzt der Geheimdienst. Dennoch ist noch „in hohem Maße von den Erkenntnissen der nationalen Geheimdienste abhängig“. Zur Herausgabe von Daten und Informationen können die nationalen Geheimdienste allerdings nicht verpflichtet werden. Etwaige Gedankenspiele in diese Richtung habe es aber gegeben. Nur bisher konnte dafür noch keine Mehrheit gefunden werden. So schlug etwa der österreichische EU-Abgeordnete Strasser eine CIA auf EU-Ebene vor, sagte Ehrenhauser. Strasser selbst wird die CIA nicht mehr aufbauen können: Er wurde wegen Korruption zu einer Haftstrafe verurteilt (hier).

Über die Effektivität des EU-Geheimdienstes herrschen Ehrenhauser zufolge jedoch große Meinungsverschiedenheiten. So sehen einige darin nur einen weiteren Beamtenapparat, der nur Geld verschlinge und nicht professionell arbeite. Andere hingegen lobten die Professionalität der sechs Einheiten.

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