Ludovine de la Rochère, die Sprecherin der Organisatoren, die am Sonntag eine der größten Demonstrationen in Paris seit langem veranstaltet hatten, sagte der Zeitung Le Figaro, es handle sich bei der Protestbewegung um die größte Bewegung seit dem Mai 1968. Die Franzosen sind empört über ein neues Gesetz, welches die Ehe von Homosexuellen einführt und schwule Paare im Grunde mit heterosexuellen Paaren gleichstellt.
Die Protestbewegung stellt eine interessante Mischung dar: Es sind nicht nur die Konservativen, die gegen das Gesetz auf die Straße gehen. Das Bild der Demonstranten zeigte im Grunde alle Gruppen der französischen Gesellschaft. Sie wollen gegen das Gesetz so lange kämpfen, bis es widerrufen ist.
Die Organisatoren sprachen von einer Million Teilnehmer, die Polizei sagte, es seien 150.000 gekommen.
Die Demonstranten kritisieren an der Politik der Sozialisten von Francois Hollande eine Politik, die die Familien generell ins Abseits stelle. Man werde den Kampf fortsetzen, man sei gut organisiert, sagte de la Rochère.
Die Franzosen waren auch empört über den massiven Polizei-Einsatz: 4.500 Gendarmen überwachten die Demonstration.
Am Ende des Protests kam es zu Ausschreitungen – von denen die Polizei behauptet, sie sei von rechtsradikalen Gruppen ausgelöst worden.
Sowohl die Regierung als auch neutrale Beobachter waren von der großen Zahl der Teilnehmer überrascht. Es war auffallend, dass der Geist der Demonstrationen ein wenig an die Revolution 1989 erinnerte: Auch damals hatte der Slogan "Wir sind das Volk!" die tiefe Entfremdung der Bürger mit den herrschenden Eliten zum Ausdruck gebracht.
Es dürfte am Sonntag in Paris um mehr gegangen sein, als nur ein Gesetz.
Es scheint sich in dem Protest gegen die Homo-Ehe vielmehr eine allgemeine Wut gegenüber der Regierung Hollande zu entladen. Die Regierung hat bisher keine Reformen zustande gebracht. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, und die Zukunftsaussichten für die jungen Franzosen schlecht.
Mit dem Gesetz zur Schwulen-Gleichstellung scheint Hollande den Bogen überspannt zu haben. Die meisten Familien in Frankreich sehen sich massiven wirtschaftlichen Problemen gegenüber. Sie fürchten nun, dass auch die Familie als Institution marginalisiert wird.
Für viele Franzosen ist Francois Hollande der Vertreter einer abgehobenen Elite, die sich für nichts anderes interessiert als den eigenen Vorteil. Die massiven Skandale in der Regierung haben dazu geführt, dass das Ansehen der Regierung auf ein Minimum geschrumpft ist.
Es ist gut denkbar, dass die Massen-Proteste nur der Anfang einer massiven Welle von Demonstrationen gegen die sozialistische Regierung ist.
Für die notwendigen Strukturreformen, die den Franzosen weitere Opfer auferlegen werden, fehlt Hollande mittlerweile die Autorität und Glaubwürdigkeit.
Frankreich dürfte somit weiter in die Krise schlittern – mit unabsehbaren Folgen für den ganzen Euro-Raum.