Irgendetwas stimmt nicht mit der Sonne. Die Sonne produziert derzeit nur halb so viele Sonnenflecken wie erwartet, das Magnetfeld verhält sich vollkommen unregelmäßig, sagen Forscher.
Die Sonne erzeugt bei ihren Drehungen riesige Magnetfelder. Sonnenflecken, die oft breiter sind als der Durchmesser der Erde, zeigen sich an Stellen intensiver magnetischer Kräfte. Dort entstehen die gewaltigen Sonnenstürme. Diese Stürme können ihre geladenen Partikel schlagartig über Millionen Kilometer in Richtung Erde ausstoßen.
Die ausgestoßenen Sonnenpartikel haben ausreichend Energie, um etwa Satelliten zu beschädigen. Dies geschah etwa beim Sonnensturm 2003. Astronauten mussten sich damals in der Internationalen Raumstation vor der Strahlung in Sicherheit bringen. Die Ölförderung in Alaska musste unterbrochen werden, die GPS-Navigation wurde behindert, Militärmanöver mussten verschoben werden.
Basierend auf historischen Aufzeichnungen sagen Astronomen, dass die Sonne diesen Herbst sich dem Höhepunkte ihres circa 11-jährigen Zyklus‘ nähern sollte. Doch dieses Maximum ist äußerst schwach. „Dies ist der schwächste Sonnenflecken-Zyklus seit 1906“, sagt David Hathaway, Chef der Sonnenphysiker am Nasa Marshall Space Flight Center im US-Bundesstaat Alabama.
Die Forscher stehen vor einem Rätsel. Sie können nicht sagen, ob die Sonnen-Flaute nur vorübergehend ist oder ob es der Beginn eines längeren Rückgangs ist. Neben dieser Sonnen-Flaute werden derzeit auch die merkwürdigsten Umkehrungen des Magnetfeldes seit Beginn der Aufzeichnungen beobachtet.
Normalerweise wechselt das Magnetfeld der Sonne etwa alle elf Jahre seine Ausrichtung. Dabei wird das Magnetfeld immer schwächer, fällt bis auf null und entsteht dann mit entgegengesetzter Polarität neu.
Im aktuellen Zyklus verläuft dieser Wechsel des Magnetfeldes synchron, sagen die Wissenschaftler. Der magnetische Nordpol der Sonne hat seine Polarität vor mehr als einem Jahr gewechselt. Er hat jetzt dieselbe Polarität wie der Südpol.
„Die Verzögerung zwischen den beiden Umkehrungen ist ungewöhnlich lang“, zitiert das Wall Street Journal Karel Schrijver vom kalifornischen Lockheed Martin Advanced Technology Center. Die Forscher erwarten, dass der magnetische Südpol im Dezember seine Polarität wechselt. Diese Entwicklung sehe man auf Satellitenbildern.
Den Mangel an Sonnenflecken können die Forscher jedoch nicht erklären. Die Sonne scheint kraftlos verglichen mit allen früheren Zyklen. „Es sind nicht nur weniger Sonnenflecken, sie sind auch weniger aktiv“, sagt Schrijver.
In den kommenden Jahren, wenn der Zyklus sich von seinem Maximum entfernt, wird der Aktivität der Sonne voraussichtlich noch zurückgehen. Die Erdatmosphäre wird sich abkühlen und zusammenziehen. „Das freut die kommerziellen Satellitenbetreiber“, sagt Todd Hoeksema vom Sonnen-Observatorium der Stanford University. Und die Astronauten seien froh, weil es keine erhöhte Radioaktivität im All gibt.
Bei einem Sonnensturm im Jahr 2003 mussten die Astronauten auf der internationalen Raumstation Schutz vor verstärkter Strahlung suchen, ein japanischer Satellit wurde zerstört, in Alaska mussten die Öl- und Gasbohrungen eingestellt werden, das US-Militär musste Übungen absagen.
Sonnenforscher haben spekuliert, dass die Sonne derzeit in einen ruhigeren Zustand zurückkehrt. In den 1940er Jahren hatte eine Phase ungewöhnlich hoher Aktivität eingesetzt. Die ungewöhnliche Flaute, die nun eingesetzt hat, ist jedoch nach Ansicht der Forscher stärker als ein rein zyklisches Phänomen.
Die periodischen Schwankungen der Sonnenaktivität sind aber auch eine der möglichen Erklärungen für Klimaschwankungen auf der Erde. Eine neue Eiszeit befürchten die Forscher nicht. Die Auswirkungen auf den Klimawandel sind allerdings noch unklar: Nasa-Mann Hathaway glaubt, dass die Abkühlung nur zu einer Verschnaufpause führen werde: Ganz stoppen kann auch die Sonne den Klimawandel nicht, sagte der Forscher.