Politik

Koalition: Gabriel bereitet SPD-Basis auf Regierungs-Eintritt vor

Lesezeit: 2 min
14.11.2013 15:47
Sigmar Gabriel übernimmt auf dem SPD-Parteitag die Verantwortung für das schlechte Wahlergebnis. Gleichzeitig stimmt er die Partei auf Kompromisse bei einer möglichen Koalition ein. In der Steuerpolitik werde man sich nicht durchsetzen können. Auf den Mindestlohn wird von SPD-Seite allerdings nicht verzichtet. Nach seiner Rede wird er mit nur 83,6 Prozent Zustimmung als Parteichef bestätigt.
Koalition: Gabriel bereitet SPD-Basis auf Regierungs-Eintritt vor

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  
Steuern  
Rente  

Auf dem SPD-Parteitag in Leipzig formulierte Gabriel am Donnerstag klare Forderungen an CDU und CSU. Zugleich warb er aber mit Blick auf das bevorstehende SPD-Mitgliedervotum über einen Koalitionsvertrag für Realismus. „Die SPD kann in diesen Koalitionsverhandlungen viel für die Menschen in Deutschland erreichen. Aber sie darf nicht alles oder nichts spielen“, sagte Gabriel. Die SPD werde viele Positionen, etwa in der Steuerpolitik, nicht durchsetzen können.

Wie zuvor der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück warb Gabriel dafür, die Chance einer Regierungsverantwortung gemeinsam mit der Union nicht leichtfertig zu vergeben. Die SPD werde sich „nicht aus Angst vor den Mühen der Arbeit in einer ungeliebten Koalition“ drücken. Er betonte aber, dass die Anfang Dezember geplante Mitgliederabstimmung über einen Koalitionsvertrag entscheidend für den Kurs der Partei sei. Eine große Koalition sei daher keine zwangsläufige Entwicklung. „Die SPD zusammenzuhalten ist am Ende wichtiger als regieren“, sagte Gabriel. Hintergrund sind Sorgen in der SPD, dass der Mitgliederentscheid auch scheitern könnte. Gabriel zeigte sich allerdings zuversichtlich, dass es am Ende eine Zustimmung für einen Koalitionsvertrag geben werde.

Die Sozialdemokraten werden laut Gabriel die Lehren aus der letzten großen Koalition ziehen. Er kündigte ein härteres Auftreten seiner Partei in einer Bundesregierung an. „Wir werden kein zweites Mal eine Politik betreiben, bei der die SPD wieder gegen ihr Selbstverständnis verstößt.“

Gabriel, der sich am Nachmittag zur Wiederwahl stellen wollte, bekräftigte, dass es mit der SPD ohne einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro keine Koalition geben werde. Das gelte auch für die Leiharbeit: „Ohne das Prinzip ,gleicher Lohn für gleiche Arbeit‘ wird es keinen Koalitionsvertrag mit der SPD geben.“ Er verteidigte das Vorhaben von Union und SPD, auf eine Senkung des Rentenbeitragssatzes 2014 zu verzichten. „Altersarmut kann man nicht mit sinkenden Rentenbeiträgen bekämpfen“, sagte Gabriel. Nötig sei zudem eine abschlagfreie Rente für Arbeitnehmer nach 45 Versicherungsjahren.

Zugleich lieferte Gabriel eine selbstkritische Wahlanalyse. Es habe sich eine „kulturelle Kluft“ zwischen der SPD zu ihrer Kernwählerschaft aufgetan. Der Partei werde zudem zu wenig Wirtschaftskompetenz zugewiesen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei sehr populär und die Wähler hätten sich angesichts der guten wirtschaftlichen Lage nach Stabilität gesehnt. Steinbrück wies er keine Verantwortung für das schlechte Abschneiden der SPD zu. „Die politische Gesamtverantwortung für unser Wahlergebnis am 22. September trägt der Parteivorsitzende, trage ich“, sagte Gabriel.

Gabriel sagte zudem, dass die SPD eine gemeinsame Regierung mit der Linkspartei im Bund künftig nicht mehr ausschließen werde. „Ja, wir sind offen für solche Koalitionen.“ Allerdings müsse sich dafür die Linkspartei entscheidend verändern, weil frühere Annäherungsversuche immer wieder gescheitert seien. „Für mich (...) war die Ablehnung einer Koalition mit der Linkspartei in dieser Legislaturperiode schon dieses Mal keine grundsätzliche Frage, sondern eine ganz pragmatische.“

Mit Blick auf die nächste Bundestagswahl sagte Gabriel aber auch, dass die SPD sich generell für andere politische Kräfte öffnen sollte. Nach dem Niedergang der FDP könne die SPD dem Liberalismus „eine neue Heimat“ geben. „Sozial und liberal - das wäre ein gutes Profil für die SPD im nächsten Wahljahr 2017.“

Nach seiner Rede stand die Wahl zum Parteivorsitzenden auf dem Programm. SPD-Chef Sigmar Gabriel ist mit einem schlechteren Ergebnis als vor zwei Jahren in seinem Amt bestätigt worden. Gabriel kam am Donnerstag auf nur 83,6 Prozent Zustimmung. 2011 hatte er 91,6 Prozent Ja-Stimmen erhalten.


Mehr zum Thema:  

DWN
Panorama
Panorama Corona-Maßnahmen führen zur Ausrottung eines Grippe-Stamms: Umstellung auf Dreifach-Impfstoff
23.11.2024

Die Grippeschutzimpfung hat sich für die aktuelle Saison verändert: Statt eines Vierfach-Impfstoffs wird nun ein Dreifach-Impfstoff...

DWN
Politik
Politik Tiefpunkt der Brandenburger Politik: Ministerin entlassen - Minister tritt zurück
23.11.2024

Machtprobe im Streit um die Klinikreform: Regierungschef Dietmar Woidke entlässt in der Bundesratssitzung die grüne Gesundheitsministerin...

DWN
Politik
Politik Rocketman: Putin kündigt Serienproduktion neuer Mittelstreckenwaffe an
23.11.2024

Der Westen verurteilt den Einsatz der neuen russischen Mittelstreckenrakete gegen die Ukraine als neuerliche Eskalation - Moskau feiert...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung vor Engpässen: DRV fordert Maßnahmen zur Stabilisierung
23.11.2024

Die Deutsche Rentenversicherung warnt vor einer möglichen Finanzierungslücke bis 2027. Trotz stabiler Einnahmen erfordert die Rentenkasse...

DWN
Politik
Politik Streit ums liebe Geld: UN-Klimagipfel geht in die Verlängerung
22.11.2024

Milliarden für den Klimaschutz – doch wie weit sind die Staaten wirklich bereit zu gehen? Auf der UN-Klimakonferenz in Baku entbrannte...

DWN
Politik
Politik Netanjahu Haftbefehl: Deutschland und die rechtliche Zwickmühle
22.11.2024

Der Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erschüttert die internationale Bühne. Deutschland sieht sich in einem schwierigen Spagat:...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...