Deutschland

Amazon-Doku: Hessischer Rundfunk kassiert weitere Einstweilige Verfügungen

Der Hessische Rundfunk hat wegen der umstrittenen Amazon-Dokumentation erneut zwei Einstweilige Verfügungen kassiert. Diesmal wehrt sich der Wachdienst gegen die pauschale Unterstellung, eine rechtsextreme Organisation zu sein.
06.05.2013 23:57
Lesezeit: 2 min

Das Landgericht Hamburg hat dem Hessischen Rundfunk verboten, Teile seiner Reportage über den Online-Händler Amazon weiterzuverbreiten. In der Reportage werde fälschlicherweise behauptet, dass das Umsetzen eines Hausverbots gegen die Arbeiterin „Maria“ durch eine Kasseler Sicherheitsfirma mit unlauteren Maßnahmen durchgesetzt wurde.

„Die journalistische Glaubwürdigkeit des Hessischen Rundfunks bekam diese Woche erneut einen Dämpfer“, so der Kreisanzeiger aus Bad Hersfeld.

Das Blatt berichtet:

„Nur weil zwei der damals rund 200 Mitarbeiter in ihrer Freizeit Kapuzenpullis einer bei Rechtsextremen beliebten Marke getragen haben sollen, gleich die ganze Firma als rechtsgerichtet zu bezeichnen stellt eine nicht hinzunehmende Persönlichkeitsverletzung dar.

Sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe hat die Firma nach eigenem Bekunden reagiert und eine arbeitsrechtliche Überprüfung eingeleitet: „Selbstverständlich haben unsere Leute auch in der Freizeit einen tadellosen Ruf zu wahren“, sagt deren Chef Patrick Hensel. Wie absurd die Vorwürfe sind, zeige sich auch daran, dass der Sicherheitsdienst überproportional viele Mitarbeiter mit Migrationshintergrund als Wachleute beschäftigt. Allerdings hat die Firma sofort auch die Namensabkürzung von Hensel European Security Services (H.E.S.S.), die seinerzeit mit zu der Gesinnungs-Unterstellung beitrug, abgelegt.“

Wie das Blatt weiter berichtet, wurde auch einem hessischen Linken-Politiker entsprechende Aussagen untersagt:

„Hermann Schaus, der für die Partei „Die Linke“ im Hessischen Landtag sitzt, wird seine Worte künftig sorgfältiger wählen müssen: Das Landgericht Kassel hat dem Politiker verboten, den früher für die Bewachung von Amazon-Einrichtungen eingesetzten Kasseler Sicherheitsdienst Hensel Security als „offenkundig rechts“ zu bezeichnen. Außerdem darf Schaus, von Hauptberuf Gewerkschaftssekretär, nicht mehr die unzutreffende Behauptung verbreiten, die Wachleute hätten „den Straftatbestand eines Hausfriedensbruchs“ erfüllt.“

Die ARD war wegen ihrer Vorgehensweise im Rahmen der Produktion der Sendung bereits in der Vergangenheit stark in die Kritik geraten (mehr hier). Das Gerichtsurteil trägt einen weiteren Teil zur Relativierung der in der Dokumentation aufgeführten Vorwürfe gegen Amazon und seine Angestellten Dienstleister bei. Die Reportage hatte anhand von Einzelfällen ein vernichtendes Urteil über die Methoden der von Amazon eingesetzten Subunternehmer gezeichnet (hier).

Die im Zusammenhang mit der Arbeitsweise von Amazon in Verruf geratenen Firmen wollen mit ihrem rechtlichen Vorgehen versuchen, ihr ramponiertes Image wiederherzustellen. Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen hatten stark mit den Folgen der Dokumentation zu kämpfen: „Die reflexartige Stornierung von Aufträgen um das eigene Image zu schützen, nur aufgrund öffentlicher Behauptungen war und ist für uns betroffene kleine Firmen existenzbedrohend“, sagen dem Kreisanzeiger zufolge die Chefs der betroffenen Amazon-Dienstleister.

Das Kasseler Sicherheits-Unternehmen ist nach der Leipziger CoCo Job-Touristik, die ein Unterlassungsverfahren gegen den HR ebenfalls vor Gericht für sich entschied, die zweite Firma die sich gerichtlich gegen die Anschuldigungen aus dem Fernsehen erfolgreich zur Wehr setzt. Bisher haben HR und ARD defensiv gegen die Vorwürfe reagiert und keine Fehler eingestanden.

Stattdessen bezieht der Sender die Position, dass Einstweilige Verfügungen nichts über den Gehalt der Sendung aussagen, sondern dass dies erst durch ein Gerichtsverfahren geklärt werden könne.

Dennoch hat der Sender bereits Passagen aus der Reportage entfernt, gegen die die Betroffenen eine Einstweilige Verfügung erwirkt hatten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftliche Eskalation durch Trump-Zölle: Kommt jetzt die Wende für Europa?
22.04.2025

Zwei der einflussreichsten Ökonomen der Welt – Lawrence Summers und Olivier Blanchard – schlagen Alarm: Donald Trumps aggressiver...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Weltwirtschaft: IWF warnt vor Folgen von Trumps Zollpolitik
22.04.2025

Trumps neue Zolloffensive sendet Schockwellen durch die Weltwirtschaft. Der IWF sieht die globale Konjunktur in der Krise und senkt seine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Preis der Führungsdiplomatie: Zwischen Beziehung und Ergebnis
22.04.2025

Harmonie und Klarheit: Warum effektive Führung mehr verlangt als nur gutes Zuhören – und wie man den Spagat meistert.

DWN
Panorama
Panorama Wie lange können wir noch mit Bargeld zahlen?
22.04.2025

Trotz digitaler Bezahlmöglichkeiten will eine klare Mehrheit der Deutschen am Bargeld festhalten. Die Bundesbank teilt diese Haltung –...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie der Dollar seinen Thron verliert – Das Ende einer Ära hat begonnen
22.04.2025

Die Weltordnung bröckelt – auch auf den Währungsmärkten. Der Dollar, lange Zeit unangefochtener „König“ unter den...

DWN
Panorama
Panorama Einbruchschutz: So sichern Sie Ihr Zuhause wirksam
22.04.2025

Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland steigt wieder, bleibt aber unter dem Vor-Pandemie-Niveau. Die meisten Täter geben nach...

DWN
Finanzen
Finanzen Gold erreicht erstmals 3.500 Dollar
22.04.2025

Ein turbulenter Präsident, ein unter Druck stehender Notenbankchef – und Anleger, die das Vertrauen verlieren. Während Donald Trump...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Attacke auf Fed: Wenn Trump Powell unter Druck setzt, drohen wirtschaftliche Turbulenzen
22.04.2025

Am Gründonnerstag senkte die Europäische Zentralbank (EZB) erneut die Leitzinsen – ein Schritt, der unter normalen Umständen das...