Politik

Merkel will IWF-Chefin Lagarde als Präsidentin der EU-Kommission

IWF-Chefin Christine Lagarde ist als neue EU-Kommissionspräsidentin im Gespräch. Deutschland soll sich für die Französin stark machen – um den SPD-Kandidaten Martin Schulz zu verhindern. Mit Lagarde käme eine der Galionsfiguren der internationalen Finanzwelt an die Spitze der EU.
24.12.2013 03:29
Lesezeit: 2 min

Im Kampf um die Nachfolge von José Manuel Barroso gerät IWF-Chefin Christine Lagarde in den Blickpunkt der Entscheidungsträger. Die gewöhnlich gut informierte Korrespondentin der Rheinischen Post berichtet aus Brüssel, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits bei der Französin angefragt haben soll.

Die taktische Kalkül hinter den Überlegungen: Wenn es im EU-Parlament im kommenden Frühjahr einen Sieg der Sozialdemokraten gibt, dann wird es für Deutschland schwer, den SPD-Mann Martin Schulz abzulehnen. Der österreichische Standard berichtete kürzlich von internen Umfragen der EU, denen zufolge sich eine linke Mehrheit in EU-Parlament abzeichnet.

In diesem Fall müssten die Regierungschefs nach den neuen EU-Regeln die Mehrheitsverhältnisse im Parlament bei der Bestellung der Kommissionspräsidenten berücksichtigen. Das ist zwar nicht verbindlich. Doch Merkel hätte kaum Argumente, gegen Landsmann Schulz aufzutreten.

Das einzige Argument, so die Überlegung, wäre ein besserer Kandidat - also einer, der mit einer anderen Mehrheit bestellt werden kann.

Eigentlich möchten Merkel und Schäuble gerne den ehemaligen Luxemburger Premier Jean-Claude Juncker als Barroso-Nachfolger.

Doch bei einem Sieg der Sozialdemokraten ist Juncker nur schwer vermittelbar. Mit Lagarde könnten jedoch die Franzosen gewonnen werden: Francois Hollande ist zwar Sozialist, doch es würde ihm seinerseits erhebliche Probleme bereiten, einen Deutschen gegenüber einer Französin zu bevorzugen.

Christine Lagarde hat sich beim IWF als konsequente Verfechterin der Lösung der Schuldenkrise durch Sparprogramme und Zwangsabgaben profiliert.

Das gefällt Schäuble und Merkel.

Mit der ehemaligen französischen Finanzministerin hätte die Finanz-Industrie eine Präsidentin ganz nach ihrem Geschmack.

Allerdings muss die gelernte Juristin noch einen kleinen Skandal überstehen, mit dem sie sich in Frankreich herumschlagen muss. Es geht um den Vorwurf der Vorteilgewährung in einem Deal mit Adidas (hier). Erst kürzlich hatten die Ermittler Lagarde verhört und einen Mitarbeiter der Französin verhaftet.

Angela Merkel, die bei der Bestellung des neuen Präsidenten ein gewichtiges Wort mitzureden hat, schätzt Lagarde außerordentlich.

Wenn es Merkel gelingt, Schulz mit dem Verweis auf die Notwendigkeit einer guten deutsch-französischen Beziehung zu verhindern, könnte Merkel in einem angenehmen Nebeneffekt den Koalitionspartner in die Schranken weisen. Eine kleine Abreibung für den SPD-Chef Sigmar Gabriel würde durchaus in das bewährte Konzept Merkels passen: Neben Merkel ist noch keiner groß geworden.

Die EU unter Leitung von Christine Lagarde würde sich konsequent in die Richtung weiterentwickeln, die von den Finanz-Eliten bereits dem schwachen Präsidenten Barroso vorgegeben wurde: Hin zu mehr Globalisierung, mehr Freiheit für die Banken und weniger demokratische Kontrolle.

Das wäre aus Sicht aller europäischen Regierungschefs die beste Möglichkeit, den Status Quo und damit ihre Job zu sichern.

Mit Lagarde wissen alle, was sie bekommen.

Auch die Bürger der EU, denen diese Entwicklung allerdings etwas weniger gefallen dürfte.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EZB senkt Zinsen: Was das für Sparer und Hausbauer bedeutet
30.01.2025

Bereits zum fünften Mal in Folge hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen für den Euroraum gesenkt. Grund sind schlechte...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Moderna-Impfstoff: EU-Kommission unterzeichnet Vertrag über Coronavirus-Impfstoffe
30.01.2025

Die Covid-19-Pandemie beschäftigt weiterhin die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen: Die EU-Kommission hat...

DWN
Politik
Politik CDU: Umfrage zur Bundestagswahl sieht Union mit leichtem Verlust
30.01.2025

Die CDU hat laut INSA-Umfrage mit ihrem Vorstoß zu einer restriktiveren Migrationspolitik die Mehrheit der Bevölkerung auf ihrer Seite -...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Wirtschaft schrumpft weiter: Keine Entspannung trotz steigendem Privatkonsum
30.01.2025

Die deutsche Wirtschaft verliert weiter im internationalen Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit. Auch im vierten Quartal 2024 sank das...

DWN
Politik
Politik Ex-Kanzlerin Merkel kritisiert Friedrich Merz: "Halte ich für falsch"
30.01.2025

Friedrich Merz und die CDU bringen zum ersten Mal einen Antrag mit Hilfe der AfD durch den Bundestag. Nun meldet sich Ex-Kanzlerin Angela...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnimmobilie kaufen: So geht es am Immobilienmarkt 2025 weiter
30.01.2025

Sie wollen eine Wohnimmobilie kaufen? Dann sollten Sie den Kaufmarkt genau im Blick behalten. Nach einem soliden Jahresauftakt herrscht...

DWN
Politik
Politik Chrupalla: AfD unter dieser Bedingung offen für Koalition mit der CDU
30.01.2025

AfD-Co-Chef Tino Chrupalla signalisiert Kooperationsbereitschaft mit der CDU über die Zustimmung von Anträgen im Bundestag hinaus -...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Bank-Aktie: Postbank-Klagen trüben Geschäftsergebnis - Aktie fällt
30.01.2025

Die Deutsche Bank machte 2024 weniger Gewinn als von Analysten erwartet. Ein Streit um Entschädigungen für frühere Postbank-Aktionäre...