Die Euro-Rettung scheint den Euro-Rettern etwas zu entgleiten: Bisher hatten Angela Merkel und Wolfgang Schäuble den Bürgern immer den Eindruck vermittelt, dass es sich beim Euro im Grunde um nichts anderes als um eine sehr intelligente Exportförderungs-Maßnahme für deutsche Produkte handele. Der ESM wiederum wurde als Vorsorge-Maßnahme beschrieben, die funktioniere wie eine Atombombe: Weil man sie hat, braucht man sie nicht einzusetzen. Die abschreckende Wirkung reicht.
Nun zeigt sich jedoch, dass das winzige Zypern die Lunte zur ESM-Nuklearoption angezündet hat. Das bedeutet: Gibt es einen Crash in Zypern, muss irgendwer zahlen. Das werden die Banken sein. Im Fall Zyperns sind es den Zahlen der Deutschen Bundesbank zufolge origineller Weise genau 5,9 Milliarden Euro, die die Banken aus Zypern den deutschen Banken schulden. Im Insolvenzfall ist das Geld weg.
Geht die Lawine weiter, kommt auch der ESM ins Spiel. Und da wird dann, wie Lauk in einer Stellungnahmen festhält, das Risiko recht greifbar: 2.300 Euro „vom Baby bis zum Greis“, wie der CDU-Politiker sehr plastisch beschreibt.
So etwas möchte man den Bürgern ein halbes Jahr vor einer Bundestags-Wahl gar nicht gerne sagen. Daher attackiert Lauk die Bürger von Zypern in einer für das Friedensprojekt Euro ungewöhnlichen Schärfe. Lauk scheut auch nicht davor zurück, es den Zyprioten zum Vorwurf zu machen, dass sie die Zinsen, die ihnen von der Bank geboten wurden, akzeptiert hatten. Er schildert die Deutschen als die Verlierer, die Zyprioten als die raffgierigen Profiteure, die sich jetzt zu fein wären, ihren fairen Anteil zu zahlen.
Es ist bemerkenstwert, dass wir im Jahr 2013 feststellen müssen, dass Politiker in voller Panik nicht mehr davor zurückschrecken, die Völker Europas gegeneinader aufzubringen, wie es vor wenigen Jahren noch ganz und gar unvorstellbar gewesen wäre.
Die Stellungnahme von Kurt Lauk, Präsident des Wirtschaftsrates der CDU e.V., zur Ablehnung des Rettungsplans der Euro-Gruppe im zypriotischen Parlament, trägt den Titel „Zypern stimmt gegen den Euro!“
Berlin. Zypern verteidigt ein gescheitertes Geschäftsmodell und verlangt, dass andere dafür bezahlen sollen. Wenn Zypern den vereinbarten Eigenanteil nicht aufbringen will, darf die EU-Gemeinschaft keine Solidarität in Aussicht stellen. Ein Blick auf die Zahlen macht deutlich, dass Zypern ohne Unterstützung Insolvenz anmelden und folglich den Euro verlassen muss. Diese Entscheidung Zyperns müsste dann respektiert werden. Die Zahlungsunfähigkeit eines Staates ist leider nichts ungewöhnliches. Immer hat sich bei der Restrukturierung die jeweilige Bevölkerung beteiligen müssen.
Zypern hat jetzt noch die Chance einen Alternativvorschlag auf den Tisch zu legen. Die vereinbarten Bedingungen dürfen aber nicht mehr nachverhandelt werden. Keinesfalls darf die EZB wieder als Feuerwehr für das Versagen der Politik einspringen.
Es ist nicht vermittelbar, dass in Deutschland jeder Bürger vom Baby bis zum Greis mit 2300 Euro für den Rettungsschirm ESM haftet. In Zypern dagegen soll ein eigentlich Betroffener, der bei einer Bankenpleite noch sehr viel mehr Erspartes verlieren würde, mit großem Pathos verschont bleiben. Wer den Schlamassel zu verantworten und in der Vergangenheit von den Fehlentwicklungen profitiert hat, muss sich natürlich auch an den Sanierungskosten beteiligen.
Die Zahlen sind doch absurd: Einlagen mit bis zu zwei Jahren Laufzeit sind auf Zypern zuletzt mit 4,5 Prozent verzinst worden, in Deutschland nur mit 1,5 Prozent. Wer 2008, also im Jahr der Euro-Einführung Zyperns, 10.000 Euro auf ein Sparkonto in Zypern anlegte, verdiente bis heute 2.420 Euro. Ein ähnliches Konto in Deutschland bescherte den Kunden dagegen mit etwa 1.300 Euro nur fast die Hälfte. Selbst wenn jetzt die Zwangsabgabe von 675 Euro dazukäme, wäre der Kunde auf Zypern noch im Vorteil. Das höhere Zinsen mit höheren Risiken verbunden sind, ist weder überraschend noch ungerecht. Auch bei den privaten Pro-Kopf-Vermögen liegt Zypern in der Spitzengruppe der Euro-Zone - vor Deutschland, Frankreich und Italien. Hier geht es also nicht um eine Frage der europäischen Solidarität!