Beim Berliner Partei-Konvent der SPD wird am Sonntag ein Antrag diskutiert werden, der vermutlich auf sehr unterschiedliche Reaktionen stoßen wird: Der Landesverband Berlin - einer Stadt, die wegen des Milliarden-Debakels beim Berliner Großflughafen BER eigentlich überhaupt keinen finanziellen Spielraum mehr hat - will, dass die EU-Regelung, der zufolge Staaten vorübergehend wieder Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums durchführen können, wieder zurückgenommen wird.
Der Antrag im Wortlaut:
Wir lehnen es ab, dass die EU-Mitgliedsstaaten auf eigene Entscheidung hin im Schengen-Raum künftig wieder Grenzkontrollen einführen dürfen. Die Freizügigkeit über die Innengrenzen hinweg ist ein identitätsstiftendes Merkmal eines zusammenwachsenden Europas. Erneute Grenzkontrollen stellen einen massiven Rückschritt dar. Die Wiedereinführung der nationalen Grenzkontrollen, insbesondere um „illegale“ Einwanderer abzuhalten, empfinden wir eindeutig für den falschen Weg. Anstatt sowohl die eigenen Grenzen als auch die Aussengrenzen in der EU hermetisch abzuriegeln, brauchen wir in der EU einen humanitären Umgang mit Flüchtlingen.
Statt den Menschen in Europa den Grenzübertritt zu erschweren, muss es Ziel sein, das Grundrecht der Freizügigkeit allen Menschen zu gewähren und Grenzen weiter abzubauen. Auch Deutschland und andere Länder, die keine Außengrenze zu den Ländern bilden aus welchen eine Vielzahl von Flüchtlingen in die EU kommt, dürfen sich ihrer Verantwortung in der Flüchtlingspolitik nicht entziehen. Die Flüchtlinge stellen keine Gefahr für die EU dar, sondern vielmehr eine Bereicherung. Zudem gehört es zu unserer Pflicht, uns den Nöten der Flüchtlinge anzunehmen, anstatt auf hoher See ihren Tod in Kauf zu nehmen und eine „Festung Europa“ zu errichten.
Besonders bemerkenswert sind zwei Details: Illegale Einwanderer sind für die SPD „illegale“ Einwanderer. Man muss sich fragen: Was ist legal? Gibt es überhaupt noch Legalität für die SPD oder ist diese bereits komplett durch die Ideologie ersetzt worden?
Flüchtlinge seien eine „Bereicherung“ für die EU: Das ist keine humanitäre Forderung. Denn diese müsste lauten: „Flüchtingen, die unter den gesetzlichen Vorgaben nach Europa kommen, soll jede mögliche Hilfe zuteilwerden – von staatlicher und privater Seite.“
Tatsächlich liegt das Problem in einem ungerechten, sich der globalen Ausbeutung verschrieben habenden Wirtschafts-System, gegen das die SPD kämpfen müsste.
Durch ihren Streit mit der Sozialistischen Internationale (SI) hat die SPD aus unerfindlichen Gründen die internationale Solidar-Gemeinschaft verlassen – ohne auch nur im Geringsten schlagkräftige Alternativen aufzuzeigen, mit denen das Finanz-System nachhaltig verändert werden könnte. Stattdessen flüchtet sie sich in romantische Bilder, denen in dieser platten Form niemals eine erfolgreiche Politik folgen kann.
Beschlüsse wird es am Partei-Konvent jedoch keine geben: Die Empfehlung für den Umgang lautet, dass der Antrag an den nächsten ordentlichen Bundesparteitag überwiesen werden soll.
So hat die SPD kein Problem gelöst, sondern eine Sonntagsrede geschwungen, die am Montag schon wieder vergessen sein wird.
Partei-Politik ist in Wahlkampfzeiten offenbar nicht mehr als ein Tsunami im Wasserglas der Selbst-Referenz.