Deutschland

Steuern: Deutschland hat die härtesten Regeln in der EU

Die EU will Steuervergünstigungen so weit wie möglich abschaffen. Die National-Staaten denken nicht im Schlaf daran und machen, was sie wollen. Eine Studie enthüllt, dass alle Staaten ihren Unternehmen in irgendeiner Weise helfen - außer in Deutschland: Hier gibt es kaum Ausnahmen bei den Steuern. Ein fairer Wettbewerb sieht anders aus.
29.07.2013 00:07
Lesezeit: 2 min

Durch Steuervergünstigungen an Unternehmen und Wohlhabende erodiert die Steuerbasis der EU-Mitgliedsländer, lautet eine Hypothese der EU. Anhand dieser Behauptung wird seit 2012 eine Kampagne gegen Steuersparer und Offshore-Oasen gefahren (mehr hier). Eine Studie des globalen Unternehmensnetzwerkes PricewaterhouseCoopers belegt, dass es überall in der EU mehr Steuervergünstigungen gibt, als in Deutschland.

In Europa gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Steuersysteme: „Elf Länder haben zurzeit sehr niedrige gesetzliche Steuersätze: 15 Prozent oder niedriger. Andere Länder könnten nachziehen: Portugal zum Beispiel verhandelt zurzeit mit der EU einen Steuersatz von zehn Prozent“.

Die Studie enthält „eine Reihe von Überraschungen und zeigt dem Publikum was bis jetzt nur den Experten und Insidern bekannt war. Das Ausmaß der „außergewöhnlichen“ Praktiken interpelliert, da 80% der EU-Länder diese anwenden“, heißt es in dem Bericht des Bankenverbundes Association Vaudoise des Banques in Lausanne, der die Studie in Auftrag gegeben hat.

Bemerkenswert ist, dass Deutschland nicht zu den 80 Prozent gehört, die Steuer-Schlupflöcher anbieten. Die Länder mit den niedrigsten Steuersätzen sind Bulgarien, Zypern, Irland, Lettland, Liechtenstein, Litauen und Portugal. Nahezu alle Mittelmeerstaaten Europas haben Steuervergünstigungen im Bereich der Schifffahrt: „Eine privilegierte Besteuerung wird zum Beispiel im Seeverkehr angewandt. So erweist sich die „Tonnagesteuer“, die in 10 Ländern verwendet wird, als sehr vorteilhaft für Unternehmen.“ Diese Steuer wird zurzeit von der EU untersucht, da sie ein Grund für hohe Steuerausfälle in Krisenländern wie Griechenland ist (hier).

Deutschland erhebt sogar Steuern auf Dividenden. Die Kanalinseln, Zypern, Estland, Gibraltar, Ungarn, Lettland, Liechtenstein, Malta, die Slowakei und Großbritannien tun das nicht.

Des Weiteren gibt es steuerliche Sonderregelungen für Einkommen aus geistigem Eigentum, die eine Steuerbefreiung von 80 Prozent mit sich ziehen in Belgien, Zypern, Frankreich, Ungarn, Irland, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, die Niederlanden, Spanien und Großbritannien – in Deutschland gibt es das nicht.

Sogenannte unilaterale APAs (Advance Price Agreements) sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Steuerverwaltungen. Diese werden in Österreich, in der Tschechischen Republik, Litauen, Luxemburg, Frankreich, die Niederlanden, Polen, Portugal, Rumänien, Großbritannien und Griechenland angewendet.

In Deutschland gibt es keine Steuergutschriften, die mit Investitionen der Erschaffung von Arbeitsplätzen oder dem Umweltschutz verbunden sind. In fast allen anderen untersuchten Ländern, gibt es solche Steuergutschriften.

Deutschland weist hingegen nur eine regional unterschiedliche Gewerbesteuer und eine privilegierte Steuer von Zinserträgen auf.

Fazit: Deutschland hat kein Verständnis für Unternehmen, wenn es um die Steuern geht. Anders als andere Staaten glaubt die Bundesregierung offenbar, dass die deutschen Unternehmen auch ohne Anreize erfolgreich sein können.

Das kann sich, wenn sich die Krise weiter verschärft, als Trugschluss erweisen: Die Lasten, die vor allem kleine und mittelständische Unternehmen zu tragen haben, sind erheblich. Förderungen und Subventionen erhalten in der Regel die Großkonzerne, die sich Apparate leisten können, um sich durch den Förder-Dschungel durchzukämpfen.

Die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Staaten ist in der Frage der steuerlichen Ausnahmen nicht gegeben.

Und die Mitgliedschaft zur EU erweist sich als leere Versprechung: Jeder macht weiter, was er will - nur die Deutschen befolgen die Regeln.

Eine Wirtschafts-Gemeinschaft sieht anders aus.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Meloni wird Trumps Brücke nach Europa
24.04.2025

Giorgia Meloni etabliert sich als bevorzugte Gesprächspartnerin Donald Trumps – und verschiebt das diplomatische Gleichgewicht in Europa.

DWN
Politik
Politik Rot-Grüner Koalitionsvertrag für Hamburg steht
24.04.2025

SPD und Grüne wollen in Hamburg weiter gemeinsam regieren – trotz veränderter Mehrheitsverhältnisse. Der neue Koalitionsvertrag steht,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Warum irische Firmen im deutschen Green-Tech-Boom Milliardenwachstum anstreben
24.04.2025

Irlands Green-Tech-Firmen erobern den deutschen Markt – mit strategischem Fokus auf Energie, Infrastruktur und Digitalisierung.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der Goldpreis fällt – Ist der Gipfel bereits überschritten?
24.04.2025

Nach einem historischen Rekordhoch hat der Goldpreis nun zum zweiten Mal in Folge deutlich nachgegeben – ein möglicher Wendepunkt am...

DWN
Politik
Politik USA und China: Handelsgespräche stehen still – Trump setzt weiter auf Eskalation
24.04.2025

Washington und Peking liefern sich einen erbitterten Handelskrieg – von Verhandlungen fehlt jede Spur. Trumps Strategie setzt weiter auf...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Trump glaubt an Deal mit Moskau – und kritisiert Selenskyj
24.04.2025

Donald Trump sieht eine Einigung mit Russland zum Greifen nah – und gibt Präsident Selenskyj die Schuld an der Fortdauer des Krieges....

DWN
Technologie
Technologie Das neue Gold der Energiewende: Warum Batteriespeicher zur Überlebensfrage werden
24.04.2025

Während Europas grüne Agenda ins Wanken gerät und geopolitische Schocks die Energielandschaft umkrempeln, kündigt sich eine neue Ära...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche Bahn: Warum die Generalsanierung Jahre dauern wird
24.04.2025

Unpünktlich, überlastet, marode: Die Bahn steckt fest. Die Bundesregierung will mit Milliarden gegensteuern – doch selbst optimistische...