Deutschland

Krise: Ausländische Konkurrenz schnappt Deutscher Bahn Aufträge weg

Die Deutsche Bahn verliert immer mehr Ausschreibungen an ihre in- und ausländischen Konkurrenten. In der ersten Jahreshälfte verlor sie die Hälfte aller Aufträge. Nun kämpft sie darum, die Gunst des Staates wiederzuerlangen.
01.08.2013 14:53
Lesezeit: 2 min

Die Halbjahresbilanz der Deutschen Bahn war nicht berauschend. Der Nahverkehr leistete mit 433 Millionen Euro zwar erneut den größten Beitrag zum Ergebnis. Doch der Erfolg der Tochtergesellschaft DB Regio ist durch den Verlust von immer mehr staatlichen Ausschreibungen gefährdet.

Im Regionalverkehr, den der Bund jedes Jahr mit circa 7 Milliarden Euro subventioniert, gewinnt die Bahn in den Ausschreibungen der Länder immer weniger Aufträge. 2011 entschied sie noch 72 Prozent aller Vergaben für sich, 2012 waren es nur noch 52 Prozent. Und auch von Januar bis Juni dieses Jahres verlor die Bahn wieder die Hälfte aller Ausschreibungen, berichtet die FAZ.

Manfred Rudhart, der neue Vorstandsvorsitzende von DB Regio, ist nicht zufrieden mit der mäßigen Ausbeute um 50 Prozent. Bereits im Mai hatte er gesagt:

Eine Gewinnquote von rund 70 Prozent brauchen wir, um unseren Marktanteil stabil zu halten und unsere hohen Fixkosten für die vorhandenen Kapazitäten im Werkstatt-, Fahrzeug- und Verwaltungsbereich zu decken.“

Der entscheidende Vorteil der Konkurrenz gegenüber den Bahn liege bei den Personalkosten, sagt Rudhart. Aufgrund der zusätzlichen Sozialleistungen bei der Bahn und ihrer Altersstruktur lägen die Gehälter um mehr als 10 Prozent höher. Altgediente Eisenbahner sind teurer als das junge Personal der Konkurrenz.

Diese hohen Personalkosten sind ein Grund dafür, dass oft nur wenige DB-Mitarbeiter übernommen werden, wenn ein Wettbewerber eine Ausschreibung gewinnt und damit das Geschäft in der Region für 10 oder 15 Jahre. Personalabbau soll es bei der Bahn nicht geben. Die Kosten sollen in anderen Bereichen reduziert werden.

Die kommenden drei Jahre sind entscheidend für die Zukunft von DB Regio, denn fast die Hälfte der 640 Millionen Zugkilometer im Nahverkehr wird neu ausgeschrieben. Jede Ausschreibung, die man dort verliert, ist für mindestens ein Jahrzehnt nicht wiederzugewinnen. Die Länder sind offen für neue Anbieter. Ihre Ausschreibungen gestalten sie entsprechend. Doch die Bahn bemüht sich, die Gunst der Politik zurückzugewinnen.

Die Bahn will erreichen, dass künftig Sozialstandards in den Verkehrsverträgen verankert werden. Diese Standards werden von der Bahn erfüllt, von vielen Wettbewerbern hingegen nicht. „Der Kostendruck würde sich nivellieren, wenn es in den Ausschreibungen eine Verpflichtung gäbe, die Beschäftigten des Altbetreibers zu übernehmen“, sagt Rudhart.

Wegen der Finanzkrise hatten viele ausländische Wettbewerber nicht das nötige Kapital, um in deutsche Strecken investieren zu können. Die französische Keolis, die italienische Netinera oder die niederländische Abellio bewarben sich daher erst gar nicht, sodass die Bahn oft als einziger Bieter zur Wahl stand.

Doch seitdem locken die staatlichen Auftraggeber die ausländischen Bahn-Konkurrenten mit Finanzhilfen nach Deutschland, vom Kommunalkredit bis zum Zuschuss. Fast zwei Drittel der Aufträge in den letzten zwei Jahren sind mit solchen Finanzspritzen an Konkurrenten der Deutschen Bahn vergeben worden.

Einige Bundesländer schaffen sich sogar eigene Fahrzeuge an, so Rudhart. „Die Aufgabenträger versuchen, mehr Wettbewerb zu schaffen, indem sie Risiken bei sich ansiedeln, die die Wettbewerber nicht übernehmen wollen.“ Die Beschaffung von Fahrzeugen sei nicht Aufgabe des Staates.

„Wir nennen das, was da passiert, Reverstaatlichung. Das war nicht der Sinn der Bahn-Reform“, sagt der Regio-Chef. Ein Markt, in dem die Unternehmen nur noch das Personal stellen und Wettbewerbsvorteile allein durch unterschiedliche Lohnkosten erreicht werden, mache „keinen Spaß“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

 

DWN
Panorama
Panorama Nur noch fünf Minuten: Schlummertaste in Deutschland beliebt
01.06.2025

Mit der Schlummertaste kann man das Aufstehen verzögern. Ärzte raten davon ab, aber die Praxis ist gerade in Deutschland gängig....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...