Lesezeit: 3 min
16.09.2013 01:07
Patrick Sensburg (CDU/CSU) ist Bundestagsabgeordneter. Er ist Vorsitzender im Unterausschuss Europarecht (Unterausschuss des Rechtsausschusses) sowie Mitglied im Rechtsausschuss und im Unterausschuss Europarecht (Unterausschuss des Rechtsausschusses). Außerdem ist er stellvertretendes Mitglied im Innenausschuss und Mitglied im Kuratorium der Bundeszentrale für politische Bildung.
Patrick Sensburg (CDU / CSU)

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Welchen Weg soll die EU einschlagen: Mehr Abgabe von Souveränität an Brüssel oder Rückgabe von Souveränität an die Nationalstaaten, wie von den Briten gefordert?

Europa wird sich noch positiver entwickeln, wenn es uns gelingt, in der Welt mit einer Stimme zu sprechen. In vielen Bereichen ist es dazu notwendig, Kompetenzen nach Brüssel zu delegieren. Ebenso werden wir auch in inneren Fragestellungen nur bestehen können, wenn wir gleiche Standards für alle Mitgliedsstaaten anlegen, wie zum Beispiel bei der Stabilität unserer Währung. Neben der Währungsunion ist es Zeit, auch eine Fiskalunion zu schaffen. Dies alles könnte in einem neuen Konvent gelingen, der die europäischen Verträge grundlegend überarbeitet.

Wichtig ist dabei, dass das Subsidiaritätsprinzip ernster genommen wird als in den letzten Jahren – insbesondere von der Kommission. So könnten auf der einen Seite die Rechte des Europäischen Parlaments weiter gestärkt werden und auf der anderen Seite eine zweite Kammer (ein Senat beispielsweise) etabliert werden. Dieser Senat könnte, anders als der Rat, nicht mit Regierungsvertretern, sondern mit Abgeordneten aus den nationalen Parlamenten besetzt sein. Sie würden das Subsidiaritätsprinzip dann, so wie heute die nationalen Parlamente, intensiv prüfen und die EU so in den Grenzen der Verträge halten.

Soll es eine gemeinsame Haftung für die Schulden geben, oder soll jeder Nationalstaat für seine eigenen Schulden haften?

Eine gemeinsame Haftung oder alleine die Ausgabe von Eurobonds ist in den Verträgen bewusst nicht vorgesehen und würde die völlig falschen Anreize setzen. Ziel bleibt der Ausbau der Wirtschafts- und Währungsunion zu einer Fiskalunion, durch die stabile Finanzen gewährleistet werden. Nur durch eine gemeinsame Schuldenbremse und wirksame, automatische Sanktionen für „Haushaltssünder“ werden wir es schaffen, zukünftig Staatsschuldenkrisen im Euro-Raum zu verhindern. Angela Merkel und die christlich-liberale Koalition haben sich zu Recht für diesen Weg stark gemacht.

Sparen geht am besten durch effizienten Einsatz von Steuergeldern. Sind Sie dafür oder dagegen, dass Behörden und Politiker, die nachweislich Steuergelder verschwendet haben, dafür auch bestraft werden sollen, etwa durch ein Bußgeld?

CDU/CSU und FDP haben erst kürzlich z.B. den Schutz vor überlangen Gerichtsverfahren ausgebaut. Jeder Bürger hat nunmehr das Recht auf gerichtlichen Rechtschutz in angemessener Zeit. Das neue Gesetz zum Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren sieht eine Entschädigung bei unangemessen langen Prozessen vor. Gegen Behörden gibt es bereits die Möglichkeit einer Untätigkeitsklage. Die Bürgerinnen und Bürger können sich also schon sehr gut gegen den Staat zur Wehr setzen.

Soweit ein Beamter oder Beschäftigter des öffentlichen Dienstes während der Ausübung seines Amtes einen Schaden verursacht, muss er diesen nach den Grundsätzen der „Amtshaftung“ auch ersetzen. In bestimmten Fällen wird diese Haftung jedoch vom Staat – also mehr oder weniger bereits durch die „Behörde“ - übernommen. Hierbei spielt Vorsatz und Fahrlässigkeit, wie auch in allen anderen Bereichen, in denen Menschen handeln, eine Rolle. Der Begriff „verschwenden“ kommt hier nicht vor. Ob Gelder „verschwendet“ werden, ist immer auch sehr subjektiv. Für den einen ist eine Investition in einer Region Wirtschaftsförderung, für den anderen ist es eine unnötige Geldausgabe.

Letzten Endes entscheiden die Bürgerinnen und Bürger durch ihre Wahl, welche Partei und damit welches Programm sie wählen. Eine rechtliche Haftung für politische Entscheidungen, die nach Jahren nicht mehr beliebt sind, gibt es nicht. Allein die Frage, wer haften sollte, ist kaum zu beantworten: die Politiker, welche einen Beschluss gefasst haben? Auch diejenigen, die dagegen gestimmt haben? Die Politiker, während deren Mitgliedschaft im Parlament ein Projekt teurer wurde? Oder gar die Politiker, die im Amt sind, wenn ein Projekt, teilweise nach Jahrzehnten, fertig gestellt wird, die aber gar nicht an den Entscheidungen damals beteiligt waren?

Fraglich ist auch, wie sich der Schaden bemessen soll. Vor Jahren war zum Beispiel die Sanierung des Reichstages zum Sitz des Deutschen Bundestages hoch umstritten. Manch einer sprach von Verschwendung von Steuergeldern. Heute ist der Deutsche Bundestag mit seiner Kuppel ein Wahrzeichen unseres Landes. Müssen jetzt unsere Alt-Bundeskanzler und ehemaligen Minister und Abgeordneten haften, weil auch etwas günstiger und einfacher hätte gebaut werden können?

Die Forderung nach einer Haftung von Beamten und Politikern klingt immer sehr gut. Es zeigt sich aber, dass wir bereits mit den Straftatbeständen von zum Beispiel Untreue und Unterschlagung und mit der etablierten Amtshaftung Regelungen haben, die einen Ausgleich der Interessen herbeiführen. Für die richtigen politischen Entscheidungen müssen die Bürgerinnen und Bürger zur Wahl gehen und ihr Kreuz an der richtige Stelle machen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Robert Habeck sollte endlich die Kehrtwende vollziehen - im Heizungskeller Deutschlands
03.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Finanzen
Finanzen Wirtschaftsstandort in der Kritik: Deutsche Ökonomen fordern Reformen
03.05.2024

Deutschlands Wirtschaftskraft schwächelt: Volkswirte geben alarmierend schlechte Noten. Erfahren Sie, welche Reformen jetzt dringend...

DWN
Politik
Politik Rheinmetall-Chef: Deutschland muss Militärausgaben um 30 Milliarden Euro erhöhen
03.05.2024

Armin Papperger, der CEO von Rheinmetall, drängt darauf, dass Deutschland seine Militärausgaben um mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Indische Arbeitskräfte im Fokus: Deutschland öffnet die Türen für Fachkräfte
03.05.2024

Die Bundesregierung strebt an, einen bedeutenden Anteil der indischen Bevölkerung nach Deutschland zu holen, um hier zu arbeiten. Viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie lege ich mein Geld an – wichtige Tipps für Anfänger
03.05.2024

Die Tipps zur Geldanlage können wirklich spannend sein, besonders wenn es darum geht, die eigenen finanziellen Ziele zu erreichen und eine...

DWN
Politik
Politik Die Bundesregierung macht Russland für den Cyberangriff auf SPD verantwortlich
03.05.2024

Im Januar des Vorjahres wurden die E-Mail-Konten der SPD von Hackern attackiert. Die Bundesregierung gibt nun "eindeutig" Russland die...

DWN
Finanzen
Finanzen Der komplette Guide zur Bankvollmacht: Sicherheit und Flexibilität im Finanzmanagement
03.05.2024

Eine Bankvollmacht kann entscheidend dafür sein, Sicherheit und Flexibilität in Ihren finanziellen Angelegenheiten zu gewährleisten....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fleischersatz auf dem Vormarsch: Deutschland erlebt Produktionsboom
03.05.2024

Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte gewinnen in Deutschland an Beliebtheit: Produktion verdoppelt sich seit 2019. Fleischkonsum...