Hugo Chavez, der legendäre Staatschef von Venezuela, starb am Dienstag im Alter von 58 Jahren. Das teilte sein Stellvertreter, Nicolas Maduro, mit. Er erlag seinem Krebsleiden.
Die Nachricht von seinem Tod hat auch in Kreisen der großen Investment-Bank für Bestürzung gesorgt. Allerdings weniger aus Pietät, sondern weil Investments in venezolanische Staatsanleihen ein sensationelles Geschäft waren.
Sie folgten der Regel, die Larry Fink von BlackRock 2011 laut aussprach, obwohl dies eher als ein gut gehütetes Geheimnis gilt: „Die Märkte mögen totalitäre Regime.“
Trotz der ausgerufenen Sozialistischen Revolution hat sich Chavez an eine eiserne Regel der Finanzmärkte gehalten: Schulden sind da, um bezahlt zu werden. Die Gläubiger verstehen keinen Spaß und halten so lange still, so lange gezahlt wird.
Chavez, der in seiner Amtszeit mehr als 1.000 Firmen verstaatlichte und mit seinen spektakulären Gold-Rückholungen für Furore sorgte, wusste nämlich genau, wer sein Regime am besten stützt: Die Gläubiger, die ihm Geld für seine Politik liehen, indem sie die Staatsanleihen von Venezuela kauften.
Allein Goldman Sachs machte mit Bonds von Venezuela einen sagenhaften Profit von 681 Prozent. Mit jährlichen Renditen von 12,8 Prozent in den vergangenen drei Jahren überbot der Growth & Emerging Markets Debt Fund von Goldman seine Konkurrenten um 90 Prozent.
Sara Zervos von OppenheimerFunds, die ebenfalls hochzufrieden mit dem Schuldner Chavez waren, sagte dem Nachrichtendienst Bloomberg: „Chavez hat nicht viel Gutes für sein Land getan. Aber er hatte das Ziel, seine Schulden zu bedienen. Keine einzige Zahlung ist jemals ausgefallen. Wir hatten dieselben Interessen.“
Russell Dallen von Caracas Capital Markets sieht das Ende der Party gekommen: Dallen erwartet, dass sich die Zinssätze nach Chavez Tod denen der Nachbarstaaten angleichen werden. Andere Investoren sagen, dass Chavez niemals einen Schuldenschnitt vorgenommen hätte.
Die drückende Schuldenlast könnte dies für die Nachfolger von Chavez unausweichlich machen. Sam Finkelstein von Goldman erwartet harte Zeiten, und er hält eine Staatspleite nach dem Tod von Chavez für „wahrscheinlicher“.
Chavez hat seine Schulden im Übrigen auch nicht gezahlt, weil er so ein korrekter Geschäftsmann war: Er war in den Händen der Gläubiger, die nicht zögern würden, etwa venezolanische Öl-Tanker zu beschlagnahmen, um ihr Geld wiederzubekommen.
Nun wird über eine Abwertung des venezolanischen Bolívar spekuliert, um die Spirale nach unten zu bremsen. Auswirkungen auf den Ölpreis sind denkbar.
Die Abhängigkeit des großspurigen Hugo Chavez ist auch eine Erinnerung an die EU-Führer: Sie sind von niemandem so abhängig wie von ihren Gläubigern, die ihnen mit massiven Krediten ihre politischen Programme finanziert haben. Alle ideologischen Kämpfe gegen die Finanzwirtschaft sind Schattenkämpfe. Hugo Chavez hat den Crash für sein Land vermieden, weil er ein disziplinierter Schuldner war. Damit die Wahrheit ans Licht kommt, braucht es allerdings nicht den physischen Tod des Schuldners. Der Bond-Markt ist bei übermäßigen Schuldnern unerbittlich: Er hält nur so lange still, so lange gezahlt wird. Die Sicherheiten von Venezuela waren die Rohstoffe des Landes.
Die Beschwörung eines politischen Konstrukts wie das des Euro als Friedensbringer lässt die Gläubiger dagegen kalt. Eiskalt.