Deutsche Bank Chef Anshu Jain sagte am Dienstag, dass für die Deutsche Bank rosige Zeiten angebrochen seien: „Heute können wir sagen, dass der sogenannte Hungermarsch vorbei ist“, sagte Jain am Dienstag nach einem überraschend hohen Gewinnsprung im ersten Quartal. Der Vorsteuergewinn stieg um fast ein Drittel auf 2,4 Milliarden Euro.
Die Computersysteme an den Börsen reagierten sofort auf die Zahlen: Der Kurs schnellte um 7 Prozent nach oben.
Damit geht ein Teil der Strategie der Deutschen Bank auf: Sie will unbedingt verhindern, dass in der Öffentlichkeit eine Diskussion über ihre riskanten Schrottpapiere aufkommt. Im vierten Quartal 2012 hat die Deutsche Bank einen Verlust von 2,2 Milliarden Euro hinnehmen müssen. In ihren Büchern hat die Bank riskante Finanz-Wetten (Derivate) in Höhe von 48 Billionen Euro stehen (hier). Nicht in den Büchern stehen riskante Finanz-Wetten in unbekannter Höhe, sogenannte OTC-Geschäfte.
Anshu Jain teilte jedoch mit, dass die Deutsche Bank mit dem Regulierer überhaupt keine Probleme habe, wie Reuters berichtet: „Die Regulierer haben uns nicht die Pistole auf die Brust gesetzt.“
Die Bafin, der Bank-Regulierer in Deutschland, hat tatsächlich ganz andere Sorgen mit der Deutschen Bank: Sie verlangt den Rücktritt des Chefjustiziars, weil dieser als Angelsachse Schwierigkeiten habe, die deutschen Gesetze zu verstehen (hier).
Jain erklärt den Erfolg der Kapitalerhöhung mit der Lust der „Investoren“ auf mehr Geld: Der Druck der Investoren sei so groß gewesen, dass man einfach weitere Aktien habe ausgeben müssen.
Da hat Jain natürlich recht: Die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank hat bewirkt, dass es viel zu viel Geld im Markt gibt. Die möchte niemand in die Realwirtschaft investieren, wie Angela Merkel auf dem Sparkassentag sauertöpfisch beklagte.
Aber warum sollten die Banken das Geld auch unter die Leute bringen? Dort bringt es keinen dem Kasino Investment-Banking vergleichbaren Renditen und führt nur zur Inflation, und die wollen die Banken dadurch verhindern, dass sie das Geld nur innerhalb des Finanz-Systems in Umlauf bringen.
Bei der Deutschen Bank ist das Geld besonders sicher: Die Bank ist „too big to fail“, also systemrelevant. Das heißt, sie wird in jedem Fall vom deutschen Steuerzahler gerettet, sollte sie einmal in Schwierigkeiten geraten. Wenn jetzt ein Spekulant – etwa eine der nach wie vor unregulierten Schattenbanken – mit dem billigen Geld von der EZB bei der Deutschen Bank einsteigt, ist das Investment für ihn auf jeden Fall ein Gewinn. Er wird eine Dividende bekommen, die seine Zinsen übersteigt. Im Crash-Fall verdient er immer noch mit, selbst bei einem 80prozentigen Haircut.
Außerdem kann er sich mit wiederum anderen Derivaten (Wetten) gegen sein Risiko absichern. Die Möglichkeit, bei der Deutschen Bank Aktionär zu werden, hilft ihm auch, gegen das Papier zu spekulieren. Er ist nicht mehr auf das riskante Spiel mit den Leerverkäufen angewiesen – diesen droht immer wieder ein Verbot von einer ab und zu zur Panik neigenden Politik.
In diesem Spiel sind die anderen Banken nicht Konkurrenten der Deutschen Bank, wie man meinen könnte: Sie sind ihre engsten Verbündeten. Daher jagt JP Morgan gleich ein Blitz-Analyse über den Ticker und jubelt: „Endlich geht die Deutsche Bank ihr Kapitalthema an.“ Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) schreibt: Die Diskussion um die Kapitalausstattung der Deutschen Bank sollte damit endgültig beendet sein.“
Die Deutsche Bank bleibt der Liebling der anderen Banken, weil sie vor allem eine Investment-Bank ist: 80 Prozent des Gewinns kommen aus den Spekulationsgeschäften.
Die Deutsche Bank steht kann sich auch deshalb so überschwänglich präsentieren, weil sie über eine kleine Wunderwaffe verfügt: In einer internen „Bad Bank“ bündelt die Deutsche Bank Schrottpapiere das „Nicht-Kerngeschäft“. Die Bank meldet, dass sie in diesem Bereich den Verlust „deutlich reduziert“ habe, weil sie unter „günstigen Marktbedingungen“ Wertpapiere ohne allzu großen Abschlag verkaufen konnte.
Daher ist das Risiko im „Abbau-Portfolio“ überschaubar: Es beträgt nur 86 Milliarden Euro. Etwa 6 Milliarden will die Deutsche Bank bis zum Jahresende verkaufen – wohl in der Hoffnung, dass es „günstige Marktbedingungen“ gibt.
Der Banken-Markt ist seit längerem ein reiner Manipulations-Markt: Wegen Schieberein im Libor-Bereich haben die kleinen Sparer weltweit Milliarden verloren, ohne dass sie es gemerkt haben. Nun untersuchen die Regulierer Machenschaften der Banken im Bereich der Zins-Wetten. Beim Londoner Broker für Zins-Swaps, der Firma ICAP, soll es zu massiven Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Sollte sich der Anfangs-Verdacht erhärten, wäre damit ein doppelter Betrug aufgeflogen: Die Banken manipulieren die Zinsen, und dann manipulieren sie noch die Wetten mit den manipulierten Zinsen (mehr dazu in diesem sehr aufschlussreichen Bericht des Rolling Stone Magazines - Englisch).
Vor diesem Hintergrund gewinnt die Bewertung von „günstigen Marktbedingungen“ eine neue Qualität.
„Wir haben den Fuß wieder auf dem Gas“, sagte Vorstandschef Anshu Jain am Dienstag. Reuters kommentiert: „Die Bank habe nun auch die Möglichkeit, wieder verstärkt Marktanteile zu gewinnen. Der Wettlauf der Banken um die besten Kapitalquoten und die attraktivsten Dividenden hat gerade erst begonnen - und die Deutsche Bank will ganz vorne mitspielen.“
Anshu Jain und Jürgen Fitschen freuen sich auf spannende Monate, tolle Boni und viele gute Geschäfte. Im Finanz-Kasino hat sich seit der Krise nichts geändert – außer dem Summen, die auf dem Spiel stehen; und dem Tempo, mit dem gezockt wird. Die Deutsche Bank hat einen neuen Tisch eröffnet. Die Spieler applaudieren einander.
Der Tanz auf dem Vulkan geht weiter. Die Lava brodelt. Anja Kohl wird um 19.55 Uhr in unseren täglichen ARD-Börse melden: „Die guten Zahlen der Deutschen Bank begeisterten heute die Börsianer. Die Aktie verzeichnete wegen der rosigen Aussichten zeitweise einen Kurssprung um 7 Prozent und zog damit den ganzen Dax nach sich.“
Yes!
Das Champions League Spiel Real Madrid gegen Borussia Dortmund beginnt um 20.45 Uhr.