Politik

Bundesbank fordert rasche Einführung einer Zwangsabgabe für Sparer

Die Deutsche Bundesbank macht überraschend bei der Beteiligung der Sparer an der Rettung ihrer Bank Druck. Zugleich ist ein Schwenk zu erkennen, demzufolge die Bundesbank eine gemeinsame Haftung der Sparer für alle europäischen Banken nicht mehr ablehnt. Offenbar haben einige Banken ernsthafte Probleme mit der Liquidität.
21.08.2013 06:20
Lesezeit: 3 min

Die Deutsche Bundesbank macht Druck: Die Zwangsabgabe für Sparer muss rasch kommen, ebenso wie die Enteignung von Bank-Aktionären und die gemeinsame europäische Haftung für marode Banken.

Bisher hatte sich die Bundesbank in dieser Frage eher zurückgehalten. Dass sie sich nun aus der Deckung wagt, legt den Schluss nahe: Bei einigen Banken brennt die Hütte. Nach der Bundestagswahl dürfte die Beteiligung der Sparer am Risiko ihrer Bank rascher kommen als den Sparern lieb sein kann.

Bei einem Vortrag am Montag in Salzburg kommentierte Andreas Dombret, Mitglied im Vorstand der Bundesbank, die kommende Banken-Union. Danach befürwortet Dombret die von der Europäischen Union vorgesehenen Regeln zur Bankenaufsicht und Banken-Abwicklung. Das „Bail-in“-Programm, die Beteiligung der Bankkunden an der Abwicklung einer Bank, ist demnach für das Jahr 2015 vorgesehen.

Das ist neu: Bisher hatte die Bundesbank den Standpunkt vertreten, dass es zu einer gemeinsamen Haftung nicht kommen sollte, vor allem nicht im Hinblick auf die schon aufgelaufenen Verluste. Wenn wirklich bis 2015 alles stehen soll, bedeutet dies: Die heute maroden Banken können aus Zeitgründen keiner Prüfung mehr durch die auf einem Auge blinde unabhängige EZB als der neuen Bankenaufsicht unterzogen werden.

Daher beschäftigen sich nun offenbar alle mit der Frage, in welchem Ausmaß Sparer, Aktionäre und Anleihe-Besitzer im Crash-Fall rasiert werden. Entsprechende „Bail-In“-Regeln waren am 27.Juni 2013 von der EU-Kommission vorgestellt worden. Dombret sagte, dass die Gefahr des systemischen Risikos („too big to fail“) unverändert hoch sei. Dies spiegle sich in unterschiedlichen Rating nieder, die für die Banken zu Belastung werden könnten. Denn die Investoren verpassen nun jeder Bank zwei Ratings. Im zweiten Fall spekulieren die Investoren, dass die Banken vom Steuerzahler gerettet werden:

„Der daraus resultierende Refinanzierungsvorteil spiegelt sich in sogenannten Rating uplifts wider. Ratingagenturen ermitteln in der Regel zwei verschiedene Ratings für Banken. Eines davon ist das stand alone-Rating, das die eigentliche Bonität einer Bank bemisst. Die andere Messgröße, das all in-Rating, berücksichtigt auch die Wahrscheinlichkeit und den Umfang externer Hilfen, die für die Verbindlichkeiten der Bank gewährt werden könnten.“

Nun sei es wichtig, dass Abwicklungsinstrumente - einschließlich des Bail-in-Instruments - im nationalen Recht zu verankern. „Generell sollte das Bail-in-Instrument gleichzeitig mit den anderen Abwicklungs-Instrumenten in Kraft treten, also im Jahr 2015“. Die Stoßrichtung ist klar: Die Bundesbank möchte, so wie die Bundesregierung und die EU, die Last für Banken-Rettungen auf die Bank-Kunden abwälzen. Nicht zuletzt weil die europäischen Pleitestaaten trotz aller Propaganda jeden Tag noch ein Stück näher an die Pleite rücken, muss die Politik vorsorgen: Sie kann sich Bankenrettungen im größeren Stil gar nicht mehr leisten.

Die Bundesbank überrascht die Beobachter nun, weil sie vor zwei Monaten noch weit weniger panisch gewirkt hatte. Damals hielt es Dombret durchaus für denkbar, dass in dem einen oder anderen Land die Steuerzahler die Banken retten müssen. Im Juni sagte er, dass Pleite-Banken keinesfalls durch den ESM künstlich am Leben erhalten werden sollen: „Es müssen daher die sogenannten ‚Altlasten‘, also jene Risiken, die sich in der Verantwortung nationaler Aufsichtsbehörden ergeben haben, notfalls von den jeweiligen Mitgliedstaaten getragen werden“, so Dombret damals (hier).

In ihrem Monatsbericht vom Juli dieses Jahres warnte die Bundesbank noch vor einer Gemeinschaftshaftung der Banken bei der geplanten Banken-Union. In den Bankbilanzen der 130 Großbanken könnten wegen fauler Kredite hohe Risiken versteckt sein (mehr hier).

Woher kommt dann nun die Nervosität?

Ein Blick in die Bilanzen der Banken bringt Ernüchterung Aufklärung. Die Verbindlichkeiten der Banken in der Eurozone betragen 250 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. Die Verbindlichkeiten sind höher als vermeintliche Assets (Vermögenswerte). Allein die spanischen Bank-Schulden betragen 305 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bzw. etwa 3,3 Billionen Euro (mehr hier). Die Bilanzen der Banken weisen Risiken auf, die ein Mehrfaches der Staatsschulden ausmachen. Sie betragen insgesamt 9,3 Billionen Euro.

Hier liegt der Grund dafür, dass nun auch die Bundesbank dringend Gesetze fordert, die die Sparer zur Kasse bitten. Gibt es die Gesetze nämlich nicht rechtzeitig und crasht eine Bank, muss wieder der Steuerzahler ran. Oder aber die Banke muss wirklich in die Insolvenz und die Sparer verlieren alles. Dombret versuchte sich auch gleich als Wahlkämpfer für seine Chefin, die Bundeskanzlerin. Er sagte: „Bail-Ins sind in, Bail-Outs sind out!“

Übersetzt heißt das: Entwarnung für den Steuerzahler! Höchste Alarmstufe für den Bank-Kunden.

Der entscheidende Unterschied: Bei der Zwangsabgabe für die Sparer kann die Politik die Fiktion aufrechterhalten, dass der Bürger eine Wahlmöglichkeit hat: Er kann die Bilanzen seiner Hausbank gewissenhaft studieren und dann die Bank wechseln, während die Rasur für den Bürger alternativlos ist.

Tatsache ist: In beiden Fällen hat der Bürger keine Chance, einer Enteignung zu entkommen. In beiden Fällen hat er dafür geradezustehen, dass die die Banken unverändert zocken und die Politik unverändert das Geld mit beiden Händen beim Fenster hinauswirft.

Die Aussagen des Bundesbankers bringen den Bürgern eine weitere Gewissheit: Auch das hehre Institut in Frankfurt ist Teil des Spiels und mitnichten selbstloser Kämpfer für die Interessen der Deutschen.

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