Politik

Kein Datenschutz: EU kapituliert vor Facebook und Google

Die Internetgiganten Facebook und Google haben beim Thema Datenschutz einen Erfolg erzielt. Eine EU-Richtlinie für die Stärkung der Nutzerrechte der EU-Bürger wurde auf 2015 verschoben. Bis dahin können die Daten der Nutzer weiterhin uneingeschränkt an US-Geheimdienste weitergegeben werden.
28.10.2013 01:11
Lesezeit: 2 min

Die EU hat auf dem Gipfel am vergangenen Freitag die Stärkung der Datenschutzrechte der europäischen Internetnutzer um mindestens ein Jahr verschoben. Der britische Premier David Cameron verlangte die Verschiebung. Die offizielle Begründung: Die Direktive sei „zu beschwerlich“, zitiert die FT einen EU-Offiziellen.

Nach derzeitiger Rechtsgrundlage muss Google die Daten europäischer Bürger an die US-Behörden herausgeben, ohne zu Zögern, wenn dies verlangt wird. Eine neue EU-Direktive will das verhindern. Demnach müsste Google vor der Herausgabe der Daten zuerst die Zustimmung einer EU-Behörde einholen. Diese könnte  die Herausgabe der Daten verweigern.

Diese neuen Datenschutzbestimmungen würden einen „Konflikt“ zwischen europäischer und US-amerikanischer Gesetzgebung auslösen und Unternehmen in einer schwierigen wirtschaftlichen Erholungsphase unnötig mit Bürokratie belasten, so Cameron. Damit stellt er sich hinter die US-amerikanische Technologie-Lobby, allen voran Facebook und Google, die schon lange gegen die EU-Datenschutznovelle vorgehen.

EU-Ratspräsident Van Rompuy ergänzte, eine voreilige Beschlussvorlage könne Unternehmen schaden, die auf die Verwendung von persönlichen Kundendaten angewiesen sind. Damit widerspricht er EU-Justizkommissarin Reding, die auf dem EU-Gipfel deutlich gemacht hatte, dass gemeinsame europäische Datenschutzegeln sehr dringend gebraucht werden, und zwar jetzt“ (mehr Zitate aus dem EU-Gipfel – hier).

Damit ist das Vorhaben von Frankreich, Italien und Polen gescheitert, noch vor den EU-Wahlen im Mai nächsten Jahres ein neues EU-Datenschutzgesetz zu verabschieden. Großbritannien wollte sich zunächst nicht auf eine Deadline einlassen, musste aber einen Kompromiss eingehen, der die Einführung eines neuen Datenschutzgesetzes auf 2015 oder darüber hinaus verschiebt.

Mit der letzten Abänderung der EU-Datenschutzdirektive sollte der Einfluss der US-Behörden auf die Daten der europäischen Bürger beschnitten werden. Für die Umsetzung einer solchen Direktive bedarf es aber der Zustimmung der nationalen Regierungen. Da Großbritannien sich weigert, dem Entwurf in seiner bestehenden Form zuzustimmen, wird es bis 2015 erhebliche Änderungen und Kompromisse geben müssen, die den EU-Entwurf aufweichen und die Rechte der EU-Bürger einschränken.

Der schnell wachsenden Big Data-Industrie könnten durch stärkere Nutzerrechte Hürden in den Weg gestellt werden, die die nationalen Industrien schädigen, so die Argumentation vieler Mitgliedstaaten. Deswegen werden sich die Regierungen genau überlegen, ob sie einer solchen Direktive zustimmen.

„Es sieht so aus, als hätten wir gewonnen“, sagte ein Mitarbeiter eines großen US-Technologieunternehmens der FT.

Von einer gemeinsamen europäischen Position, die auf dem EU-Gipfel hätte gefunden werden können, spricht nun bis auf weiteres niemand mehr. Die Briten setzen die Interessen der USA durch.

Allerdings dürfte der Widerstand in Brüssel ohnehin nur halbherzig gewesen sein: Die US-Lobbyisten sind gut organisiert. Gegen ein geringes Eintritts-Geld können sie sich von einem Think-Tank, in dem neben anderen Daniel Cohn-Bendit tätig ist, Gespräche mit Parlamentariern vermitteln lassen (hier).

Das Gesprächs-Angebot dürfte ausgiebig genutzt worden sein.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Internationale Handelskonflikte: So schützen sich exportorientierte KMU
06.06.2025

Ob Strafzölle, Exportverbote oder politische Sanktionen – internationale Handelskonflikte bedrohen zunehmend die Geschäftsmodelle...

DWN
Panorama
Panorama Musk gegen Trump: Politische Zweckbeziehung artet in öffentlichen Machtkampf aus – die Tesla-Aktie leidet
06.06.2025

Elon Musk und Donald Trump galten als Zweckbündnis mit Einfluss – doch nun eskaliert der Streit. Was steckt hinter dem Zerwürfnis der...

DWN
Politik
Politik Kim Jong Un stellt sich offen hinter Putin – USA schlagen Alarm
06.06.2025

Nordkorea liefert Soldaten und Waffen an Russland – und Kim Jong Un verspricht Putin bedingungslose Unterstützung im Ukraine-Krieg....

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Leitzinssenkung: Was das für Bauzinsen und Immobilien bedeutet
06.06.2025

Die EZB-Leitzinssenkung hat Folgen für Bauzinsen, Immobilienpreise und Sparer. Welche das sind und ob die EZB damit die Zinswende...

DWN
Politik
Politik Polens künftiger Präsident Nawrocki droht mit Blockade gegen Regierungschef Tusk: Was bedeutet das für Polen?
06.06.2025

Karol Nawrocki stellt sich offen gegen Donald Tusk – und kündigt Widerstand an. Welche Folgen hat das für Polens politische...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Russland startet schwersten Angriff seit Monaten
06.06.2025

Im Ukraine-Krieg eskaliert die Lage erneut: Russland greift massiv an, Kiew wird erschüttert. Droht nun ein Gegenschlag – oder ist das...

DWN
Politik
Politik Merz bei Trump: Was der USA-Besuch des Bundeskanzlers wirklich brachte
06.06.2025

Der Kanzler trifft den US-Präsidenten in Washington. Freundliche Worte gab es viele – doch was bleibt nach dem Besuch von Merz bei Trump...

DWN
Finanzen
Finanzen Studie: Hohe Kosten für Einführung des digitalen Euro
06.06.2025

Die Einführung des digitalen Euro wird nach einer Studie der Beratungsgesellschaft PwC erhebliche Kosten für europäische Banken...