Viele Beobachter haben sich am Freitag die Augen gerieben, als die New York Times enthüllte, dass Google den Roboter-Hersteller Boston Dynamics gekauft hat. Die Firma produziert extrem schnelle und robuste Transport-Roboter, gegen die die Blech-Menschen aus Terminator aussehen wie Kuscheltiere.
Die Akquisition ist bereits die siebte, die Google im Roboter-Bereich tätigt.
Was will Google mit diesen Maschinen?
Ganz sicher nicht in die Alten-Pflege einsteigen, wie die NYT vermutet.
Natürlich dementiert Google öffentlich, dass das Unternehmen nicht ins Rüstungsgeschäft einsteigen will.
Das ist zutreffend. Google ist schon längst im Rüstungsgeschäft tätig.
So baut Google Earth auf der Technologie der Firma Keyhole auf. Das Unternehmen war von Q-Tel, dem Venture Capital Arm der CIA, finanziert worden. Im Jahr 2010 protestierte Microsoft vehement, weil Google einen Exklusiv-Vertrag mit dem Pentagon für Visualisierungen mit der National Geospatial Intelligence Agency (NGA) erhielt.
Fox News berichtete damals, dass die NGA ganze Server von Google verwenden möchte – nicht zuletzt, weil ihre eigene technische Infrastruktur schlechter als die von Google sei. Die NGA gilt als besonders verschwiegen unter den 16 US-Geheimdiensten. Der Journalist, der die Geschichte enthüllte, wurde sofort von den Geheimdiensten gefilzt.
Die NGA wurde durch den Vertrag einer der großen Kunden von Google. Die enge Verzahnung mit den Geheimdiensten erklärt auch, warum eine Suchmaschine wie Google so viele Dienste anbietet, die mit Suche nur am Rande zu tun haben:Google, Earth, Google Maps, Google Street View sind Dienste, die mit großem Aufwand die Welt kartographieren.
Mit dem aus dem staatlichen Subventions-Programm Darpa finanzierten neuen Robotern soll Google nun mit all seiner Datenfülle eine Annäherung an den künstlichen Menschen schaffen.
Golem berichtet:
Im Rahmen des Vertrages mit der Darpa soll Boston Dynamics mit Atlas einen Roboter bauen, der an der "Darpa Robotics Challenge" teilnehmen soll. Atlas ist ein mannshoher humanoider Roboter mit einem Gewicht von 150 kg. Der Roboter hat 14 hydraulisch betriebene Gelenke, die 28 Freiheitsgrade ermöglichen. Er kann laufen, klettern und Lasten bewegen.
Ziel des Wettbewerbs ist es, einen Bodenroboter zu entwickeln, der in der Lage ist, "in einer gefährlichen, zerstörten Umgebung, die von Menschen geschaffen wurde, komplexe Aufgaben zu erledigen". Er soll bei Unglücken oder Kriegen zum Aufräumen eingesetzt werden.
Es wäre das erste Mal in der Weltgeschichte, dass die Amerikaner ein Kriegsgerät entwickeln, um es zum Aufräumen zu verwenden. So etwas machen nur die Deutschen.
Tatsächlich gibt es ein interessantes Interview mit dem politischen Kopf von Google, Eric Schmidt. Er legte dem Magazin Foreign Policy vor etwa einem Jahr sehr detailliert seine Gedanken dar. Schmidt hatte gerade eine Rundreise in Staaten absolviert, in denen die Amerikaner entweder durch Militär-Einsätze, Geheimdienste oder hegemoniale Verflechtungen direkten Einfluss nehmen: Afghanistan, Libyen, Pakistan und Tunesien.
Schmidt sagte: „Ich interessiere mich besonders für die Expansion von Google in kaputten Staaten – Sie verstehen, Staaten, die Probleme haben.“
Google hilft nach Schmidts Aussage dabei ausdrücklich bei der Preisgabe von Daten von „Regierungen, um Leuten, die gegen Korruption kämpfen zu helfen“. Schmidt möchte zunächst nur die Daten sammeln und weitergeben: „Man braucht die Daten, und dann braucht man jemanden, der bereit ist, einen Lügner zu bestrafen.“
Schmidt glaubt, dass es mit Hilfe der Google-Informationen möglich ist, Regierungen zu stürzen. Schmidt: „Doch bevor die Leute jemanden stürzen können, müssen sie die Informationen haben, um es tun zu können.“
Hier wird klar, dass sich Google längst weit von einer harmlosen Suchmaschine entfernt hat. Google möchte in die globale Sicherheits- und Daten-Branche einsteigen, in der es heute schon einige Player gibt, die derzeit noch die Nase bei der US-Regierung vorn haben: Der private Geheimdienst Stratfor zum Beispiel, der behauptet, hinter jedem Regime-Wechsel der Welt zu stecken.
Das aktive Betreiben von Umstürzen ist seit Jahrzehnten fester Bestandteil der US-Außen- und Sicherheitspolitik. Das Selbstverständnis der Amerikaner als die einzig moralische Supermacht der Welt ist die Grundlage dieser Politik.
Spätestens an dieser Stelle bekommt Googles Motto: „Don’t be evil“ eine ganz neue Bedeutung: Der Slogan heißt nämlich nicht „Don’t do evil“, was eigentlich ein zutreffenderes Firmen-Motto wäre.
Das Motto bedeutet ganz eindeutig: Wir, das US-Unternehmen Google, bestimmen, wer gut und wer böse ist. Es geht nicht um schlechte Handlungen, sondern um Feindbilder.
Genauer gesagt: Um Feinde.
„Don’t be evil“ heißt im Kontext der US-Politik: Wenn wir jemanden als Terroristen oder Schurkenstaaten identifizieren, dann haben wir automatisch das Recht, gegen ihn Krieg zu führen – und zwar mit allen Mitteln, die wir für richtig halten.
Der Weltkrieg der Amerikaner hat sich in den vergangenen Jahren längst von den traditionellen Truppen zum virtuellen Krieg verschoben. Erst neulich hat US-Präsident Obama im Jemen eine Hochzeitsgesellschaft irrtümlich mit einer ferngesteuerten Drohne ausgelöscht. Gezielte Tötungen in aller Welt sind die aktuell wichtigste Form der Kriegführung der USA (mehr dazu hier).
In dieses Konzept eines „klinisch sauberen“ Krieges ( = keine Amerikaner werden getötet) passt der neue Fuhrpark von Google perfekt.
Google verfügt über gigantische Daten-Sätze. Google hat keine Hemmungen, die Email-Kommunikation mitzuverfolgen – wenngleich natürlich unter dem Deckmantel des edler Retters. Schmidt sagte in dem Interview, dass Google seit einiger Zeit die User warnt, wenn Gmail-Accounts von staatlichen Cyber-Attacken bedroht sind. Doch offenbar warnt Google hier vor allem Bürger in Staaten, deren Regierungen den Amerikaner nicht passen. Schmidt sprach in diesem Zusammenhang auch explizit von China.
Vor einem Jahr musste Google eine Millionen-Strafe zahlen, weil das Unternehmen die Safari-Nutzer von Apple ausspioniert hatte - vermutlich, um sie vor Zensur zu warnen.
Der Kauf der neuen Roboter ist also wohl mit einiger Sicherheit Teil einer Diversifizierungs-Strategie bei Google. Die langen Verbindungen mit dem US-Militär haben Google gezeigt, dass im Sicherheits- und Spionagebereich eine echte Alternative zu den konjunkturabhängigen Anzeigen-Erlösen besteht.
Mit der Kombination aus privaten Daten-Sätzen und überlegener Roboter-Technologie eignet sich Google wie kein anderes Unternehmen als neue „Welt-Polizei“ im Krieg der Amerikaner gegen den Terrorismus.
Die Killer-Katzen dürften schon bald zum Alltag in jenen Staaten zählen, die aus US-Sicht zur Achse des Bösen gehören.
Wenn die Roboter dann, gefüttert mit Daten aus Street View, Gmail, Earth und Android dann vor dem Haus eines Terroristen auftauchen, um es in Schutt und Asche zu legen, dann wird Google jedes Mal von patriotischen Gefühlen übermannt werden, etwas Gutes getan zu haben.
Don’t be evil, „Sei kein Bösewicht!“
Wir sind die Guten.
Wir wissen, wo du wohnst.