Ein Leser der Augsburger Allgemeinen hatte im Online-Bereich des Blatts einem Ordnungsreferenten „Rechtsbeugung“ vorgeworfen, der ihn daraufhin anzeigte. Am Dienstag übergab die Augsburger Allgemeine die Nutzer-Daten an die Polizei (mehr hier). Der zuständige Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, die Aufregung in der Presse sei unverhältnismäßig gewesen, denn derartige Vorgänge seien der Alltag.
Der Anwalt des Ordnungsreferenten Volker Ullrich hatte Klage eingereicht, sodass die Staatsanwaltschaft den Beklagten ermitteln musste. Die Augsburger Allgemeine lehnte die Herausgabe der Nutzerdaten jedoch zunächst ab, bis die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht einen „Beschluss zur Durchsuchung der Räume der Augsburger Allgemeinen und zur Beschlagnahme der Kommunikationsdaten des Users“ erwirkte.
Dies sei jedoch ein ganz normaler Vorgang, wie er „zig-fach“ bei ihm vorkomme, erklärt Nickolai. Dass in der Presse von einer angeblichen Durchsuchung der Redaktions-Räume zu lesen war und eine Gefahr für die Pressefreiheit erkannt wurde, hält er für eine „Unverschämtheit“. Eine Durchsuchung der Redaktionsräume habe zu keinem Zeitpunkt gedroht. Denn die Polizei sei zur Entgegennahme der User-Daten mit nur einem Beamten vor Ort gewesen. Dieser hätte das allein gar nicht durchführen können, so Nickolai.
Die Frage, welches der nächste Schritt der Staatsanwaltschaft gewesen wäre, wenn die Zeitung die Daten nicht herausgegeben hätte, will Nickolai nicht konkret werden. Das sei eine Einzelfallentscheidung. Tatsache ist jedoch, dass die Daten von der Polizei beschlagnahmt wurden. Tatsache ist auch, dass ein „Beschluss zur Durchsuchung der Räume der Augsburger Allgemeinen“ vorlag.
In einer Presserklärung weist Nickolai darauf hin, „dass ein Chatroom im Internet grundsätzlich keinen rechtsfreien Raum darstellt“. Doch warum ist der Vorwurf der „Rechtsbeugung“ gegen einen Ordnungsreferenten eine Straftat? Dies erklärt Roland Fink, Pressesprecher des Augsburger Amtsgerichts, den Deutschen Wirtschafts Nachrichten damit, dass ein solcher Vorwurf gegen einen Richter ehrverletzend sei. Somit handle es sich um einen „Verbrechenstatbestand“, so Fink.