Deutschland

Jobcenter empfiehlt Arbeitslosen: Nur noch Leitungswasser trinken!

Hartz-IV-Empfänger sollen ihre alten Möbel verkaufen, weniger Fleisch essen und nur mehr Leitungswasser trinken. Diesen Eindruck vermittelt eine neue Broschüre eines Jobcenters in Schleswig-Holstein. Die Chefs der Bundesagentur für Arbeit loben die Darstellung als pädagogisch wertvoll.
19.07.2013 03:06
Lesezeit: 1 min

Eine Informations-Broschüre des Jobcenters Pinneberg in Schleswig-Holstein sorgt zur Zeit für Aufregung. Darin werden Beziehern von Arbeitslosengeld-II (Hartz-IV) Spar-Tipps gegeben, die Betroffene durchaus als Verhöhnung auffassen könnten.

Mit Hilfe von Comic-Bildern wird in dem Folder geschildert, wie die fiktive Familie Fischer Arbeitslosengeld-II beantragt. Als die Eltern ihren Kindern eröffnen, dass sie Hartz-IV in Anspruch nehmen, wird erstmal beschlossen, „eine Woche auf Fleisch zu verzichten“. Der Tochter gefällt das: „Ich will sowieso Vegetarierin werden.“

Später werden alte Möbelstücke übers Internet versteigert. Die 350 Euro darf die Familie behalten, werde doch „der Erlös aus dem Verkauf von Möbeln und Haushaltsgegenständen“ nicht als Einkommen angerechnet.

Statt dem Getränke-Kauf im Supermarkt gibt eine Freundin Frau Fischer den Ratschlag, doch in Zukunft lieber Leitungswasser zu trinken: „Vielleicht müsst ihr Euch nur daran gewöhnen“. Geraten wird Langzeit-Arbeitslosen auch, Steine in den WC-Spülkasten zu legen, um Toilettenwasser zu sparen.

Das vermittelte Bild ist alles andere als glücklich. Das Jobcenter scheint vermitteln zu wollen, dass sich mit Hartz-IV im Grunde locker ein Auskommen finden lässt, solange man nur genügend Eigeninitiative und Verzichtsbereitschaft an den Tag legt.

Die Bild-Zeitung machte daraus in ihrer Donnerstagsausgabe einen regelrechten Skandal. Ein Redakteur verstieg sich sogar zur Aussage, die Bundesagentur für Arbeit (BA) sei eine „Bundesagentur für Volksveräppelung“. Zuvor hatte der Vizechef der BA, Heinrich Alt, die Broschüre ausdrücklich gelobt. „Jobcenter Pinneberg hat einen tollen ALG2-Ratgeber herausgegeben“, schrieb er in einer Twitter-Nachricht.

Eine Sprecherin von Alt sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, dass er trotz der Aufregung bei seinem Lob bleibe. Die Broschüre sei in erster Linie dazu gedacht, die Grundsicherung für Arbeitsuchende verständlich zu erklären. Die Spar-Tipps nähmen nur einen sehr kleinen Teil der Publikation in Anspruch und würden mehr einen allgemeinen Denkanstoß als eine konkrete Handlungsempfehlung darstellen. Auch dass die Auswahl der dargestellten Situationen mit mehr Sensibilität erfolgen hätte können, sieht die Sprecherin nicht ein.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lego rüstet auf: Wie der Spielzeugriese mit Industrie 4.0 zum globalen Produktionsvorbild werden will
24.04.2025

Mit KI, Robotik und strategischer Fertigung wird Lego zum heimlichen Vorbild europäischer Industrie – und setzt neue Standards in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Drittes Jahr in Folge kein Wachstum – Habeck senkt Prognose
24.04.2025

Ein drittes Jahr ohne Wachstum, eine düstere Prognose und ein scheidender Minister, der den Stillstand verwaltet: Robert Habeck...

DWN
Politik
Politik Europa sitzt auf russischem Milliardenvermögen – doch es gibt ein Problem
24.04.2025

Europa sitzt auf eingefrorenem russischen Vermögen im Wert von 260 Milliarden Euro – ein gewaltiger Betrag, der den Wiederaufbau der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Geschäftsklima: Deutsche Unternehmen trotzen globalen Risiken
24.04.2025

Während weltweit wirtschaftliche Sorgen zunehmen, überrascht der Ifo-Index mit einem leichten Plus. Doch der Aufschwung ist fragil: Zwar...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktive ETFs: Wie US-Finanzriesen Europa erobern und was das für Anleger heißt
24.04.2025

Amerikanische Vermögensverwalter drängen verstärkt auf den europäischen Markt für aktiv gemanagte ETFs, da hier im Vergleich zu den...

DWN
Politik
Politik Meloni wird Trumps Brücke nach Europa
24.04.2025

Giorgia Meloni etabliert sich als bevorzugte Gesprächspartnerin Donald Trumps – und verschiebt das diplomatische Gleichgewicht in Europa.

DWN
Politik
Politik Rot-Grüner Koalitionsvertrag für Hamburg steht
24.04.2025

SPD und Grüne wollen in Hamburg weiter gemeinsam regieren – trotz veränderter Mehrheitsverhältnisse. Der neue Koalitionsvertrag steht,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Warum irische Firmen im deutschen Green-Tech-Boom Milliardenwachstum anstreben
24.04.2025

Irlands Green-Tech-Firmen erobern den deutschen Markt – mit strategischem Fokus auf Energie, Infrastruktur und Digitalisierung.