Wolfgang Schäuble wollte eine EU-weite Steuer auf Finanztransaktionen (FTT) einführen, die den Regierungen Europas jährlich etwa 35 Milliarden Euro eingebracht hätte. Dazu wird es wohl nicht so schnell kommen. Der Rechtsbeistand der EU-Mitgliedstaaten lehnt den Entwurf der Steuer ab.
Der Entwurf sei nicht mit EU-Verträgen vereinbar, denn er „überschreitet die Gerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten“. Die FTT gerät mit internationalen Gesetzen in Konflikt, heißt es in dem 14-Seitigen Bericht der EU-Anwälte, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Die Steuerhoheit nicht teilnehmender Staaten würde verletzt.
Nur elf der 28 EU-Mitgliedstaaten haben sich bislang zu dem Entwurf der FTT bekannt, unter ihnen Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Österreich, Portugal, Belgien, Estland, Griechenland, die Slowakei und Slowenien. Besteuert werden sollen alle Finanzgeschäfte, an denen die Länder in irgendeiner Hinsicht beteiligt sind (mehr hier).
Großbritannien weigerte sich zusammen mit dem Rest der EU, sich an diesem Projekt zu beteiligen. Zu viele Fragen blieben ungeklärt. Auf den weitgehend deregulierten Finanzmärkten ist es schwer, lokale Gesetze oder Steuern einzuführen, an die sich der Rest der Welt nicht halten muss.
Zudem wird eine der größten Errungenschaften der EU durch die FTT verletzt: Die freie Bewegung von Kapital und Dienstleistungen auf dem einheitlichen Europäischen Markt.
EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta will das nicht wahrhaben. Er selbst hat den Plan zur FTT entworfen: „Wir bleiben auf dem Standpunkt, dass die FTT rechtmäßig und mit den EU-Verträgen und internationalen Gesetzen vereinbar ist“, sagte Algirdas. Die Empfehlung des eigenen Rechtsbeistands kümmert ihn wenig.
Das Bundesministerium für Finanzen reagierte nüchtern auf die Empfehlung der Anwälte. Man sei für eine „schleunige Einführung der FTT“. Daran habe sich „nichts geändert“. Die rechtlichen Bedenken müssten „aufgeklärt und so schnell wie möglich aus dem Weg geräumt“ werden, sagte ein Sprecher.
Die Meinung der EU-Anwälte ist nicht verbindlich. Brüssel wird die Steuer daher weiter durchboxen, gegen den Widerstand der Mehrheit der Mitgliedstaaten und gegen den Willen der europäischen Bevölkerung, die der Einführung weder ihre Zustimmung noch Ablehnung erteilen kann.
Dass die FTT ihr erklärtes Ziel verfehlt, scheint die Entscheidungsträger in Brüssel nicht zu interessieren. Ein substantieller Teil der besteuerten Finanzgeschäfte „sind nicht verantwortlich für den Ausbruch der Finanzkrise und können auch keine Krise in der Zukunft mehr herbeiführen“, sagte die Robin Hood Steuer Kampagne, die ihren Sitz in Großbritannien hat.
Die Einführung einer Finanztransaktions-Steuer führt also nicht zur Vermeidung des Handels mit hochriskanten Finanzprodukten. Die Steuer würde zunächst nur die Staatskassen füllen (hier) und den Finanzstandort in Europa nachhaltig Schaden zufügen.